Protestpartei liegt vorne

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Die Kandidatin der Protestpartei Fünf Sterne, Virginia Raggi, hat die erste Runde der Bürgermeisterwahl in Rom gewonnen.

Die 37-jährige Virginia Raggi von der Protestpartei Fünf Sterne erreichte laut Teilergebnissen vom Montag bei der Abstimmung 36 Prozent der Stimmen und tritt in der Stichwahl gegen den Sozialdemokraten Roberto Giachetti an, der mit 24 Prozent Platz zwei belegte. Die Kommunalwahlen gelten als Stimmungstest für die Mitte-Links-Regierung von Ministerpräsident Matteo Renzi. Die unter anderem von der rechtspopulistischen Lega Nord unterstützte Kandidatin Giorgia Meloni verfehlte mit rund 20 Prozent der Stimmen den Einzug in die Stichwahl in Rom. Die Ergebnisse basierten auf der Auszählung von etwa 60 Prozent der Wahllokale.

Insgesamt waren am Sonntag landesweit mehr als 13 Millionen Italiener zu Kommunalwahlen aufgerufen. Das Augenmerk lag auf Rom, aber auch auf den Bürgermeisterwahlen in Mailand, Turin, Bologna und Neapel. „Die Römer senden eine klare Botschaft“, sagte Raggi noch in der Nacht zum Montag, nachdem die ersten Prognosen bekannt wurden. „Wir sind Zeugen eines historischen Moments.“ Wenn Raggi in das römische Rathaus einzieht, wäre das ein bedeutender Schub für die Etablierung der Partei Fünf Sterne des Komikers Beppe Grillo, die einst als Protestbewegung gegen das Establishment gegründet worden war. Es wäre zudem das erste Mal, dass Rom von einer Frau geleitet würde.

Rom, eine Herausforderung

Rom wird seit dem Rücktritt des Bürgermeisters Ignazio Marino (PD), der Ende vergangenen Jahres über einen Spesenskandal gestürzt war, kommissarisch regiert. Italiens Hauptstadt ist hoch verschuldet, die Infrastruktur sanierungsbedürftig und der Nahverkehr höchst ineffizient. Auf Raggi oder ihren Rivalen Giachetti warten daher immense Herausforderungen. In Italiens zweitgrößter Stadt Mailand lag der Kandidat der Sozialdemokraten (PD), Giuseppe Sala, mit 41,6 Prozent knapp vor seinem Herausforderer des Mitte-Rechts-Lagers, Stefano Parisi, der auf 40,9 Prozent kam.

In Turin und Bologna lagen die PD-Kandidaten vorn, in Neapel führte mit mehr als 42 Prozent der Stimmen der unabhängige Amtsinhaber Luigi di Magistris deutlich. Die Wahlbeteiligung lag mit gut 62 Prozent unter jener der vorherigen Kommunalwahlen. Spätestens im Juni 2018 finden Parlamentswahlen in Italien statt, daher galten die Kommunalwahlen auch als landesweiter Stimmungstest. Trotzdem betonte Regierungschef Renzi im Vorfeld, dass es sich nicht um eine Abstimmung über die Regierung handele.

Renzi gibt sich gelassen

Betont gelassen stattete der 41-jährige PD-Chef am Wahltag der italienischen Fußball-Nationalmannschaft einen Besuch ab, um ihr Erfolg bei der am Freitag beginnenden Europameisterschaft 2016 zu wünschen. Statt an die Kommunalwahlen hat Renzi seine politische Zukunft an ein Referendum über eine weitreichende Verfassungsreform geknüpft, das im Oktober stattfinden soll. Deren Ziel ist es, die Zuständigkeiten des Senats stark zu beschränken, um die Gesetzgebung zu beschleunigen und zu vereinfachen und so für mehr politische Stabilität im Land zu sorgen. Die Reform gilt als wichtigste Verfassungsänderung in Italien seit 1945.