Proteste gegen Europäische Kommission

Proteste gegen Europäische Kommission
(dpa/Archiv)

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Verleger in ganz Europa sind unzufrieden mit einem Urteil des Europäischen Gerichtshofes zum elektronischen Buch. Das Urteil war von der Europäischen Kommission erwirkt worden.

Der Wert eines Buches besteht nicht darin, auf welche Weise der Inhalt dargestellt wird, sondern in seinem Inhalt selbst“, schreiben die französischen Verleger und Buchläden in einer gemeinsamen Stellungnahme. Der Rat der europäischen Schriftsteller, die europäische Vereinigung der Verleger und die internationale Vereinigung der Buchhändler greifen in einer Stellungnahme gemeinsam die Europäische Kommission an und fordern eine Veränderung der Mehrwertsteuer-Richtlinie.
Worum geht es?

Die Richter des europäischen Gerichtshofes haben am vergangenen Donnerstag, 05. März 2015 in einem Urteil verfügt, dass ein elektronisches Buch kein Buch sei und dass folglich der volle Mehrwertsteuersatz auf das elektronische Buch zu bezahlen sei. Verurteilt wurden Frankreich mit einem Mehrwertsteuersatz von 5,5 Prozent und Luxemburg mit einem Satz von drei Prozent für elektronische Bücher.

Römische Tafeln und „echte“ Bücher

Die Begründung lautete: Der Anhang III der europäischen Mehrwertsteuer Richtlinie besage, ein Buch müsse physisch greifbar sein, sprich als Band, auf Papier oder auf anderen Untergründen geschrieben sein und so verkauft werden. Theoretisch dürfen damit auch römische beschriftete Steintafeln als Buch betrachtet werden.

Zwar sei ein elektronisches Buch auch physisch greifbar, weil es ohne Computer, Tablet oder Smartphone nicht lesbar sei, aber die Richtlinie fordere, dass das Buch an sich physisch greifbar sein müsse. Computer, Tablets oder Smartphones seien aber nur die Hilfsmittel, mit denen ein elektronisches Buch zu lesen sei. Die Konsequenz: Im Sinne der Mehrwertsteuer Richtlinie Anhang III ist ein elektronisches Buch kein Buch. Weitere Konsequenz: Man muss den vollen Mehrwertsteuersatz bezahlen. Das heißt: In Frankreich 20 Prozent, in Luxemburg 17 Prozent.

Frankreich protestiert

Dagegen hat sich unmittelbar nach Verkündung des Urteils ein Proteststurm erhoben. Zum einen gegen das Urteil selbst, zum anderen gegen die Europäische Kommission, die mit Klagen gegen Frankreich und Luxemburg das Urteil provoziert hatte. Verleger, Schriftsteller, Buchhändler verlangen von der Europäischen Kommission eine Veränderung der Definition im Anhang III der europäischen Mehrwertsteuer Richtlinie. Die nämlich ist mit ihrer Definition den römischen Steintafeln näher als der elektronischen Welt des 21. Jahrhunderts.

Die französische Regierung ist gleich mit fünf Ministern unmittelbar nach dem Urteil in Brüssel vorstellig geworden. Die Strategie ist: Frankreich wird den europäischen Gerichtshof nicht angreifen. Die Richter nämlich hätten nur ausgelegt, was europäisch geschrieben worden sei. Die Richter des Europäischen Gerichtshofes hätten auch keine Frist gesetzt bis zu der man zum vollen Mehrwertsteuersatz übergehen müsse. Die französischen Finanzminister, Kulturminister, Europaminister, der Staatssekretär für Haushaltsfragen und der Staatssekretär für digitale Entwicklung haben noch am Tag des Urteils in einer Stellungnahme die europäische Kommission eingeladen, Vorschläge zur numerischen Entwicklung des europäischen Wirtschaftsraumes vorzulegen und in diese Vorschläge eine Regelung für Bücher einzuarbeiten, die eine moderne Definition des Buches – unabhängig von seiner Gestaltung – beinhalte. Mit anderen Worten euin Buch soll ein Buch auch dann sein, wenn es elektronisch oder zukünftig irgendwie anders ist. Und: Egal wie, soll ein Buch mit ermäßigtem Mehrwertsteuersatz verkauft werden.

Für Luxemburg wird es, wie auch immer zu einer Verteuerung kommen. Die Richter am europäischen Gerichtshof rügten den in Luxemburg angewendeten ermäßigten Mehrwertsteuersatz von drei Prozent. Der liegt unter dem in der Europäischen Union anzuwendenden Mindestsatz von fünf Prozent.