Präsident Hugo Chavez ist tot

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Venezuelas Staatschef Hugo Chávez ist tot. Das teilte sein Vize Nicolás Maduro am Dienstagabend in Caracas mit. Chávez litt seit Monaten an Krebs.

Streitbar und umstritten, geliebt und gehasst: Hugo Chávez war neben seinem Ziehvater Fidel Castro die Ikone der Linken in Lateinamerika. Seit 1999 steuerte er Venezuela auf Kurs Sozialismus, und die meisten seiner Landsleute folgten dem „Vater der Nation“. Vor allem die Chavistas in den Armenvierteln zeigten ihrem „Primer Mandatario“ oft bedingungslose Treue. Der Ex-Militär war sicher kein Paradebeispiel eines seriösen Politikers und auch kein Vorzeigedemokrat europäischen Maßstabes. Aber die Mehrheit stand hinter ihm. Daran ließ die Wahl am 7. Oktober 2012, rund fünf Monate vor seinem Tod keinen Zweifel.

Dabei keimte für viele Unterstützer noch am 18. Februar Hoffnung auf, als der 58-Jährige nach über zwei Monaten aus Kuba zurückkehrte. „Wir sind in der venezolanischen Heimat zurück. Danke, mein Gott! Danke, geliebtes Volk!“, twitterte Chávez nach seiner Ankunft. Es stiegen Freuden-Raketen in den Himmel von Caracas. Seitdem war Chávez im Militärkrankenhaus „Dr. Carlos Arvelo“. Doch was einigen schon schwante, traf dann doch ein: Der Comandante kam wohl letztlich zum Sterben in seine Heimat.

Lieblingsfeind US-Regierung

Sein Leben war ein steter Kampf, und wenn Menschen nach ihren Freunden und Feinden beurteilt werden, dann war die Liste von Chávez aussagekräftig. Sein Lieblingsfeind war bis zuletzt die US-Regierung, die der wortgewaltige Venezolaner aufs Korn nahm und die für ihn nur das „Yankee-Imperium“ war. Freundschaften pflegte der Ex-Oberstleutnant hingegen in seiner Regierungszeit zu zweifelhaften Kollegen, wie Mahmud Ahmadinedschad (Iran), Syriens Baschar al-Assad, Libyens Revolutionsführer Muammar al-Gaddafi und Alexander Lukaschenko (Weißrussland). Die Castros auf Kuba waren bis zur allerletzten Stunde engste Weggefährten.

Die meisten seiner Landsleute störten diese illustren Beziehungen wenig. Auch wenn die Opposition in Venezuela Sturm lief gegen die Chavistas und deren Mission der bolivarischen Revolution, konnte sich Chávez trotz aller Unkenrufe auf seine Klientel, die Armen im Land verlassen. 1999 trat er mit 44 Jahren als jüngster Präsident Venezuelas das Amt erstmals an. Nach der Annahme einer neuen Verfassung gewann Chávez auch 2000 mit klarer Mehrheit die Präsidentschaftswahl. 2002 überstand er einen Putsch. 2006 gewann er die nächste Wahl und am 7. Oktober triumphierte er mit über 55 Prozent so klar, dass die Opposition den Sieg rückhaltlos anerkannte.

Mit Dekreten regiert

Nach Ansicht vieler Oppositioneller schuf Chávez aber diktaturähnliche Zustände in dem südamerikanischen Land, das auf Grund seines immensen Rohstoffreichtums zu den größten Ölexporteuren der Welt zählt. Er regierte mit Dekreten, enteignete große Multis, schloss Radio- und TV-Stationen und sympathisierte mit den marxistischen FARC-Rebellen in Kolumbien. Zudem war Chávez omnipräsent in Venezuela.

In der wegen ihrer Länge gefürchteten Sonntagssendung „Aló, Presidente“ legte er in bester Fidel-Castro-Manier stundenlang in Anwesenheit von Partei-Claqueuren seine Sicht der Dinge dar. Es gab über 370 Ausgaben. Jahrelang war der frühere US-Präsident George W. Bush seine Lieblings-Zielscheibe. Seine Hasstiraden gegen ihn sind legendär und Chávez beschimpfte Bush auf Spanisch und Englisch. „Völkermörder, Feigling, Alkoholiker“, waren nur einige Titel, die Chávez für Bush parat hielt.

Doch abseits aller Polemik und Kampfrhetorik stellte Chávez mit seiner Vereinten Sozialistischen Partei Venezuelas (PSUV) gezielt die Weichen für die dritten Phase der bolivarischen Revolution (2009-2019). Es gab eine deutliche Machtkonzentration zugunsten des Zentralstaates. Bis 2019 war er gewählt, doch konnte er am 10. Januar 2013 seinen Amtseid wegen der schweren Krankheit nicht ablegen, seine Regierung blieb aber im Amt.

„Uh, Ah, Chávez no se va!“

Im Fernsehen, im Radio und auf Ladeflächen von Wahlkampflastwagen hatte er seinen Widersachern in den vergangenen Jahren immer wieder trotzig und donnernd zugerufen: „Uh, Ah, Chávez no se va!“ (Chávez geht nicht). Der Staatschef, der sein Projekt auf Südamerikas Freiheitshelden Simón Bolívar bezog, musste sich nicht der Opposition und auch keinen Putschisten beugen. Doch gegen die Krankheit waren er und auch die besten Ärzte Kubas und Venezuelas zum Schluß machtlos.

Eine Chronologie

Hugo Chávez führte Venezuela seit 14 Jahren. Seine Amtszeit im Überblick:

Februar 1992 – Der noch unbekannte Oberstleutnant Hugo Chávez führt einen Putschversuch gegen den Präsidenten Carlos Andrés Pérez an. Er scheitert und kommt für zwei Jahre ins Gefängnis.

Dezember 1998 – Chávez gewinnt die Präsidentenwahl mit deutlicher Mehrheit. Im Februar 1999 übernimmt er mit 44 Jahren als bisher jüngster Präsident das Amt des Staatschefs.

Juli 2000 – Chávez wird als Staatspräsident mit absoluter Mehrheit bestätigt. Die Neuwahl war nach dem Inkrafttreten der neuen «Bolivarischen Verfassung» notwendig geworden.

April 2002 – Chávez wird nach blutigen Massenprotesten durch einen Putsch, der von einer militärisch-bürgerlichen Bewegung angeführt wird, gestürzt. Nur zwei Tage später erobert er die Macht zurück.

Februar 2003 – Ein im Dezember 2002 begonnener Generalstreik wird nach 63 Tagen von der Oppositionsbewegung beendet, ohne den Rücktritt von Chávez erreicht zu haben.

August 2004 – Internationale Wahlbeobachter bestätigen den Sieg des Präsidenten bei einer Volksabstimmung über seinen Verbleib im Amt.

Dezember 2005 – Bei der von den wichtigsten Oppositionsparteien boykottierten Parlamentswahl gewinnt die Regierungskoalition alle 167 Sitze in der Nationalversammlung.

April 2006 – Kuba, Bolivien und Venezuela unterzeichnen in Havanna ein Handelsabkommen, mit dem sie ihre Gegnerschaft zu den USA verstärken. Die Bolivarische Alternative für Amerika (Alba) war von Chávez und Kubas Präsidenten Fidel Castro geschaffen worden, um vor allem das US-Projekt einer Freihandelszone für den gesamten Kontinent auszuhebeln.

Dezember 2006 – Chávez wird für eine weitere sechsjährige Amtszeit gewählt. Kritiker werfen ihm einen diktaturähnlichen Regierungsstil vor.

Januar 2007 – Chávez will Strom und Telekommunikation seines Landes verstaatlichen, weil es sich um strategische Bereiche handele. Er erhält vom Parlament Sondervollmachten und wird so zum unumschränkten Gesetzgeber in nahezu allen Bereichen. Im Dezember scheitert er bei einem Referendum mit dem Versuch, den Sozialismus in der Verfassung zu verankern und sich sein Amt auf Lebenszeit zu sichern.

Mai 2007 – Per Dekret werden die Ölfelder im Orinoco-Streifen, wo die größten Reserven der Welt vermutet werden, verstaatlicht. Im Februar 2010 sichert Venezuela ausländischen Öl-Multis die volle Rechtssicherheit bei anstehenden Milliardeninvestitionen zu.

Mai 2008 – Chávez verstaatlicht den wichtigsten Stahlproduzenten des Landes, Ternium Sidor.

Februar 2009 – Bei einem Referendum stimmt die Mehrheit für eine Verfassungsänderung, wodurch alle gewählten Amtsinhaber beliebig oft zur Wiederwahl antreten dürfen.

November 2009 – Chávez und Irans Präsident Mahmud Ahmadinedschad bekräftigen in Caracas ihre „strategische Allianz“.

Dezember 2009 – Kuba und Venezuela vereinbaren in Havanna Projekte im Umfang von umgerechnet mehr als 2,1 Milliarden Euro.

April 2010 – Russland und Venezuela bauen ihre Partnerschaft aus. Russlands Regierungschef Wladimir Putin bringt eine erste Lieferung von Mi-17-Militär-Helikoptern mit. Venezuela hatte im September 2009 in Russland Panzer und Abwehrraketen gekauft und dafür von Moskau einen Kredit in Milliardenhöhe erhalten.

September 2010 – Chávez erhält bei der Parlamentswahl einen Dämpfer. Die Sozialistische Einheitspartei Venezuelas (PSUV) geht zwar als Sieger hervor, die Zwei-Drittel-Mehrheit verpasst sie aber.

Oktober 2012 – Chávez setzt sich in der Präsidentenwahl mit gut 55 Prozent der Stimmen durch.

Dezember 2012 – Der an Krebs erkrankte Staatspräsident wird am 11. Dezember zum vierten Mal innerhalb von eineinhalb Jahren in Kuba operiert. Im Juni 2011 war bei ihm ein Krebsgeschwür in der Beckengegend gefunden worden.

Januar 2013 – Die am 10. Januar geplante Vereidigung Chávez‘ für die neue, bis 2019 dauernde Amtszeit wird wegen seines labilen Gesundheitszustandes verschoben. Das Oberste Gericht entscheidet, dass seine Regierung auch ohne Vereidigung im Amt bleiben kann.

Februar 2013 – Am 18. Februar kehrt Chávez nach mehr als zwei Monaten in Kuba nach Venezuela zurück. Er wird in das Militärkrankenhaus Dr. Carlos Arvelo gebracht.

März 2013 – Am 1. März bestätigt Vize-Präsident Nicolás Maduro, dass Chávez erneut mit Chemotherapie behandelt wird. Am 4. März berichtet Informationsminister Erneste Villegas von einen „neuen schweren (Atemwegs-) Infektion“ infolge des geschwächten Immunsystems. Hugo Chávez stirbt am Dienstag im Alter von 58 Jahren.