/ Polizei schaltet Piratenpartei offline
Die digitale Kommunikation ist für die Piratenpartei das A und O. Nun ist das Internet-Angebot der Piratenpartei Deutschland nach einer Polizeiaktion nicht mehr zu erreichen: Die Staatsanwaltschaft Darmstadt habe am Freitag „eine Vielzahl“ von Servern beschlagnahmen lassen, teilte die Organisation mit. Das Verfahren richte sich aber nicht gegen die Partei selbst, erklärte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft. Die Aktion, an der auch das Bundeskriminalamt (BKA) beteiligt war, gehe vielmehr auf ein französisches Rechtshilfeersuchen zurück. Kurz vor der Bürgerschaftswahl in Bremen ist damit die digitale Kommunikation der Partei nahezu lahmgelegt. Die Aktivisten kritisieren die Aktion der Polizei als überzogen.
Die Server habe man bei der Firma Aixit in Offenbach gemietet, teilte die Partei am Freitag mit. Der designierte Parteisprecher Christopher Lang hält es für möglich, dass die Hacker-Organisation Anonymous auf dem Server der Partei illegale Aktivitäten koordiniert haben könnte. Wenige Stunden nach der Polizeiaktion gegen die Piratenpartei waren die Internet-Angebote bka.de und polizei.de nicht mehr zu erreichen. Anonymous bezichtigte sich auf Twitter selbst, die Websites der deutschen Ermittlungsbehörden mit einer Daten-Attacke (DDOS) in die Knie gezwungen zu haben.
Zur Aufklärung beitragen
Der Vorstand der Piratenpartei betonte, er werde im „Rahmen seiner gesetzlichen Verpflichtungen zur Aufklärung der durch die französischen Ermittlungsbehörden erhobenen Vorwürfe beitragen“. Die Zugänge zur technischen Infrastruktur der Piratenpartei seien daher – „so weit es den Ermittlungszielen dient“ – zur Verfügung gestellt worden: „Damit soll die zielgerichtete Suche nach einzelnen Daten ermöglicht werden.“
Kurz vor der Wahl in Bremen sieht sich die Partei, die stark auf digitale Kommunikation setzt, einer wichtigen Infrastruktur beraubt. So laufen unter anderem Website, E-Mail und Instant Messenger über die Server. „Das ist für uns ein sehr schwerer Schlag“, sagte der Parteivorsitzende Sebastian Nerz der Nachrichtenagentur dpa. So müsse man Wahlkampfveranstaltungen im Bremen, an denen Mitglieder aus dem ganzen Bundesgebiet teilnehmen wollten, koordinieren.
„Politisch ein massiver Schaden angerichtet“
Es werde „politisch ein massiver Schaden angerichtet“, erklärte der Bundesvorstand in einer Mitteilung. „Im Zusammenhang mit den laufenden Ermittlungsarbeiten wird daher zu klären sein, ob die erfolgte Durchsuchungs- und Beschlagnahmeanordnung rechtlichen Vorgaben entsprochen hat, insbesondere ob die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit gewahrt wurden.“
Der Piraten-Chef kritisierte die Aktion als überzogen. „Wir verstehen nicht, warum die Polizei so hart durchgegriffen hat. Es wäre möglich gewesen, die Daten sicherzustellen, ohne die gesamte IT vom Netz zu nehmen“, sagte Nerz der dpa. Auch die Grünen zeigten Unverständnis. Einen Großteil der IT-Struktur lahmzulegen sei falsch, twitterte Malte Spitz, Vorstandsmitglied der Partei.
Beanstandete Inhalte mit PiratenPad erstellt
Nerz geht davon aus, dass die beanstandeten Inhalte mit dem sogenannten PiratenPad erstellt wurden – einer Web-Anwendung, in der Nutzer gemeinsam an Dokumenten arbeiten. Auch Nicht-Mitglieder können auf das System zugreifen. „Wir nutzen das PiratenPad parteiintern relativ viel und tauschen uns darüber auch mit Externen aus“, erklärte Nerz.
Vermutlich stammten die ins Visier geratenen Dokumente von Netzaktivisten, die nicht der Partei angehörten. Das PiratenPad basiert auf der quelloffenen Software EtherPad, die Google 2009 gekauft hatte.
Wollen nun über Server der Schwesterpartei in Luxemburg ins Netz
Die Piraten versuchen nun, über ihre Kommunikationsinfrastruktur über andere Server wieder zum Laufen zu bringen – etwa über die Schwesterpartei in Luxemburg. „Ich hoffe, dass wir es vor der Wahl wieder in Gang kriegen“, sagte Nerz.
Im Netz sorgte die Polizeiaktion für Aufsehen, Ärger und Spott – beim Online-Kurznachrichtendienst Twitter war das Schlagwort „Servergate“ einer der meistgenutzten Begriffe. „Französisches Ermittlungsverfahren ist also wichtiger als Parteiinfrastruktur kurz vor Wahlen in DE…ja ne ist klar“, meinte etwa Nutzer @thinkpixelde. Auch der Twitterer @0l1h7 hält den Schritt für überzogen: „Und wenn das nächste mal einer im Supermarkt in Berlin was klaut, wird erst einmal das Viertel evakuiert“, schrieb er. Als Bewährungsprobe für den neuen Bundesvorstand sieht @rupkalwis_com die Beschlagnahmung – aber auch als Chance: „Bitte macht einen guten Wahlkampf daraus!“
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