/ Piraten wollen die Gemeinden entern

2013 bei den National- und 2014 bei den Europawahlen hatten sich die „Piraten“ erstmals dem Wähler gestellt. 2013 gab es zwischen 2,69% und 3,37% der Stimmen je nach Bezirk, 2014 kamen die „Piraten“ landesweit auf 4,23%. „Wir sind eine Wahlkampfpartei“, sagte Parteipräsident Sven Clement am Samstag auf dem Nationalkongress in Clerf, „und wir sind dann immer zu Höchstform aufgelaufen. Es wurde zuletzt oft gesagt, wir würden keinen Wahlkampf mehr machen können. Aber es ist das, was wir am besten können!“
Dem dreijährigen Dauerwahlkampf sieht Clement ob der derzeitigen politischen Situation in Luxemburg allerdings nicht unbedingt optimistisch entgegen: „Es ist sehr polarisierend, auf der einen Seite Gambia, auf der anderen die CSV. Progressive Politik, oder konservative. Dabei ist Politik sehr viel mehr als nur diese zwei Blöcke. Auch die Regierungsparteien werden im Wahlkampf nicht mehr mit einer Stimme sprechen. Wir werden aber jeden an seine vergangenen Taten erinnern.“
Programmatisch contra persönliche Fouls
Man wolle keine „Amerikanisierung“ des Wahlkampfs, aber Sven Clement befürchtet, „dass der kommende Wahlkampf sehr persönlich werden wird, mit vielen Schlägen unter die Gürtellinie. Da ist es wichtig, dass wir uns treu bleiben, dass wir programmatisch vorgehen und die wichtigen Themen benennen. Den Ball spielen, und nicht den Mann.“
Das Ziel sei ganz klar, einige Sitze in diesen Wahlen zu erreichen.
Der Slogan ergebe sich daraus, dass es nicht wirklich richtig moderne Gemeinden in Luxemburg gebe. U.a. bräuchte man professionellere Strukturen, und die „Piratepartei“ setzt sich auch für eine Trennung der Mandate ein: „Wir brauchen weniger Député-Maires und mehr Maires“, so Clement: „Wenn man beides kombiniert, fängt man irgendwann an, sich gegeneinander auszuspielen, und das ist nicht zum Wohle des Landes.“
Luxemburg, Esch, Petingen, Kehlen, Ettelbrück, Clerf
Fair komme daher, da sich Gemeinden oft einfach nur das „Transfair“-Label quasi als Alibi „aufkleben“ würden. Und bei Transparenz wäre es oft lediglich in Sachen Budget, wo ebenfalls in Alibi-Manier gewisse Anstrengungen unternommen werden würden.
Präsentieren werden sich die „Piraten“ in folgenden Proporz-Gemeinden: Luxemburg, Esch, Petingen, Kehlen, Ettelbrück und Clerf. Eventuell komme noch eine Stadt im Osten dazu; man wolle sich auf die Gemeinden konzentrieren, wo man sicher sei, eine komplette Liste aufstellen zu können. In Majorzgemeinden wird es ebenfalls „Piraten“-Kandidaten geben.
Mehr politischer Mut gefordert
In weiteren politischen Reden hatte Vizepräsident Camille Liesch u.a. verschiedene Aspekte der aktuellen Regierungspolitik angeprangert. Wohnungsbau („nichts passiert“) bekam eine „Datz“, der Rückgang bei der Arbeitslosenquote sei natürlich nicht von der Hand zu weisen, „aber wir reden immer noch von 17.000 Menschen. Und die aktuelle Praktik von Zeitverträgen ist nichts anderes als moderne Sklaverei.“ Was den Ausbau der A3 angeht, so stellte Liesch einen „bemerkenswerten Sinneswandel“ beim zuständigen Minister fest, und wünschte sich, „diese Gelder wären besser in den öffentlichen Transport investiert, v.a. in die Schiene.“
Generalsekretär Andy Maar legte seinen Fokus auf den Robotik-Bericht des Europäischen Parlaments, der bekanntlich von der Luxemburger LSAP-Politikerin Mady Delvaux präsentiert wurde. Maar stellte fest, dass sich hier sehr viele Ansätze finden würden, sogar das Grundeinkommen komme zur Sprache, „und sogar Diskussionsansätze zur Finanzierung eines solchen Systems. Das ist das erste Mal, dass dies auf so hoher politischer Ebene passiert, es scheint also kein Tabu-Thema mehr zu sein.“
Steuerreform: Bürger wurden abgespeist
Andy Maar bedauerte deshalb, dass der politische Mut hier in Luxemburg nicht so weit gehen würde, weder allgemein im Rahmen des Rifkin-Prozesses noch speziell in der Delvaux-Partei, wo die Arbeitszeit-Diskussion nur eine halbherzige sei.
Vorstandsmitglied Lucie Kunakova prangerte ihrerseits die Steuerpolitik an. Die Steuerreform sei lediglich dazu gedacht, den Bürger abzuspeisen: „Ein Pflaster auf eine Schusswunde.“ Während viele 40 Stunden arbeiten und 39% Steuern zahlen würden, dann trotzdem ein „Erpressungsschreiben“ der Steuerverwaltung bekommen würden man sei mit der Erklärung in Verzug, „kommen multinationale Firmen nach Luxemburg und wenn sie Lust haben, bezahlen sie vielleicht 1% Steuern.“
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