Parlament will „Anti-Terror-Einsatz“-Ende

Parlament will „Anti-Terror-Einsatz“-Ende
(AP)

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Das ukrainische Parlament hat fast einstimmig ein Ende des "Anti-Terror-Einsatzes" im Land beschlossen. Die Abgeordneten verlangten, dass sich alle Einheiten in ihre Kasernen zurückziehen.

Zudem untersagten die Parlamentarier fast einstimmig den Einsatz von Schusswaffen, wie Fernsehsender am Donnerstagabend live berichteten. Anwesend waren 238 Abgeordnete von offiziell 450. Nach der Abstimmung sangen die Parlamentarier die Nationalhymne. Zwar muss Präsident Viktor Janukowitsch den Beschluss noch unterzeichnen. Beobachter sprachen aber von einem symbolisch wichtigen Zeichen. Der Geheimdienst SBU hatte den „Anti-Terror-Einsatz“ am Vortag angekündigt.

Bei einem Anschlag auf eine Polizeikaserne am Abend in der westukrainischen Großstadt Lwiw (Lemberg) sind mindestens zwei Mitglieder einer Spezialeinheit getötet worden. Eine nicht genauer geklärte Detonation habe einen Brand ausgelöst, teilte die örtliche Polizei am Donnerstagabend mit. Lokale Medien berichteten, vier Unbekannte in Zivil hätten eine Handgranate in das Gebäude geworfen. Unklar war, ob es sich um Demonstranten oder Provokateure handelte. Die Stadt mit etwa 700.000 Einwohnern gilt als Hochburg radikaler Regierungsgegner. Erst vor kurzem waren dort bei der Erstürmung öffentlicher Gebäude Hunderte Schusswaffen erbeutet worden.

Viele Tote

Bei den Protesten der Opposition gegen die ukrainische Führung hat es am Donnerstag in Kiew ein weiteres Blutbad mit Dutzenden Toten gegeben. Die meisten Opfer starben, als unbekannte Scharfschützen gezielt auf Demonstranten feuerten. Auch Sicherheitskräfte wurden getötet. Zudem lieferten sich Regimegegner und Polizisten schwere Straßenkämpfe, rund um den Unabhängigkeitsplatz (Maidan) herrschten bürgerkriegsartige Zustände. Nach offiziellen Angaben starben allein am Donnerstag mindestens 45 Menschen, radikale Regierungsgegner sprachen von mindestens 60 Toten.

Opposition und Regierung machten sich gegenseitig für die blutige Eskalation der Lage verantwortlich. Wer genau auf die Demonstranten schoss, war unklar. Auf Fotos und TV-Bildern waren teils vermummte Scharfschützen in Uniformen zu sehen. Gerüchten zufolge könnte es sich entweder um außer Kontrolle geratene Geheimdienstmitarbeiter, bezahlte regierungstreue Provokateure oder auch russische Spezialeinheiten handeln. Das Innenministerium räumte Schüsse auf Demonstranten ein – allerdings sei dies nur aus Notwehr geschehen, um unbewaffnete Kollegen aus der Gefahrenzone zu retten.

Die Proteste hatten im November begonnen, nachdem Janukowitsch ein unterschriftsreifes Abkommen mit der Europäischen Union gestoppt und sich Russland zugewandt hatte. Moskau gewährte dem finanziell klammen Nachbarn daraufhin Milliardenkredite. Die Opposition fordert, dass die Vollmachten des Präsidenten zugunsten von Regierung und Parlament eingeschränkt werden. Außerdem verlangt sie Neuwahlen.