Opposition ruft zu Gewalt-Verzicht auf

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Die vor zwei Wochen im Schnellverfahren erlassenen Gesetze zur Einschränkung der Versammlungsfreiheit in der Ukraine sollen auf einer Sondersitzung des Parlamentes am Dienstag wieder zurückgenommen werden.

Im Machtkampf mit Präsident Viktor Janukowitsch hat die ukrainische Opposition einen wichtigen Etappensieg errungen: Die vor zwei Wochen im Schnellverfahren erlassenen Gesetze zur Einschränkung der Versammlungsfreiheit sollen auf einer Sondersitzung des Parlamentes am Dienstag wieder zurückgenommen werden, wie die Präsidentschaft am Montagabend zusagte. Überdies wurde eine Amnestie für festgenommene Regierungsgegner vereinbart, sollten sich die Aktivisten aus besetzten Regierungsgebäuden zurückziehen und ihre Barrikaden abbauen.

Oppositionsführer Arsenij Jazenjuk lehnte zugleich formell das Angebot ab, das ihm von Janukowitsch angetragene Amt des Regierungschefs zu übernehmen, wie das Präsidentschaftsbüro weiter mitteilte. Janukowitsch war kurz zuvor erneut mit der Opposition zu Verhandlungen zusammengekommen. An dem Krisengespräch nahmen der frühere Boxer Vitali Klitschko, Jazenjuk von der Vaterlandspartei sowie Oleg Tjagnibok, der Chef der nationalistischen Freiheitspartei, teil.

Warnung vor Ausnahmezustand

US-Vize-Präsident Joe Biden rief Janukowitsch in der Nacht zum Dienstag in einem Telefonat auf, die Bereitschaftspolizei aus dem Stadtzentrum von Kiew abzuziehen und mit der Opposition zusammenzuarbeiten, wie das Weiße Haus mitteilte. Und er warnte den Staatschef eindringlich, als Reaktion auf die Besetzung von Ministerien durch Demonstranten den Ausnahmezustand zu verhängen: „Das würde die Situation nur weiter anheizen und den Spielraum für eine friedliche Lösung schließen.“

Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton will am Dienstagabend – zwei Tage früher als geplant – nach Kiew reisen und am Mittwoch mit Vertretern der Konfliktparteien sprechen.
Die seit mehr als zwei Monaten in der Ukraine demonstrierenden Regierungsgegner fordern den Rücktritt Janukowitschs und vorgezogene Neuwahlen. Am Samstag bot Janukowitsch überraschend eine Machtteilung an: Jazenjuk von der Vaterlandspartei sollte demnach das Amt des Ministerpräsidenten übernehmen und Klitschko dessen Stellvertreter werden. Klitschko hatte das Angebot schon am Sonntag als „vergiftet“ abgelehnt.

Anti-Demonstrations-Gesetze

Die Rücknahme der Anti-Demonstrations-Gesetze, die zu einer Radikalisierung der Proteste geführt haben, reicht Klitschko und seinen Verbündeten nicht. „Janukowitsch ist in einer Sackgasse gelandet, aus der er nicht mehr heraus kommt“, schrieb der Boxchampion in einem Gastbeitrag für die „Bild“-Zeitung (Dienstagsausgabe). Er gehe am Dienstag mit dem Gefühl zur Sondersitzung des Parlaments, „dass die Ukraine schon bald anders aussehen wird“. Schließlich werde auch in Janukowitschs eigener Partei der Unmut über den Präsidenten immer größer.

Klitschko hatte am Montag in stundenlangen Verhandlungen mit Demonstranten erreicht, dass diese das besetzte Justizministerium wieder räumen. Im Anschluss nahm die Regierung ihre Drohung zurück, den Notstand auszurufen. Allerdings haben die Regierungsgegner ihre Barrikaden aus- statt abgebaut. In der „Bild“-Zeitung rief Klitschko die Demonstranten zum Gewaltverzicht auf. „Gewalt und Provokation zersetzen unsere friedliche Revolution. Janukowitsch sucht in diesen Stunden nur einen Vorwand, um den Ausnahmezustand auszurufen. Diesen Vorwand dürfen wir ihm nicht liefern.“

Die Proteste waren Ende November durch die überraschende Entscheidung der Regierung ausgelöst worden, ein mit der EU ausgehandeltes Assoziierungsabkommen nicht zu unterzeichnen und sich stattdessen stärker Russland zuzuwenden. Bei gewaltsamen Auseinandersetzungen wurden in den vergangenen Tagen mehrere Menschen getötet.