Obamas müde Erklärungen zu Syrien

Obamas müde Erklärungen zu Syrien
(Pablo Martinez Monsivais)

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Hat die westliche Strategie in Syrien versagt? Das Assad-Regime konnte seine Position massiv ausbauen - auch dank der Hilfe Russlands. Die Bemühungen der USA für einen politischen Übergang verlaufen derweil im Sand.

Nicht einmal mehr 170 Tage hat er noch im Amt. Barack Obama wirkt müde, als er an diesem Donnerstagabend das Rednerpult im Pentagon betritt. Es soll um den Kampf gegen den Islamischen Staat gehen. Der US-Präsident hatte sich zuvor mit seinem Nationalen Sicherheitsrat getroffen. Vor den anwesenden Journalisten ist Obama erst einmal bemüht, die Erfolge aufzuzählen: Tikrit, Ramadi, Falludscha, Kobane, Al-Shaddadi.

Es sind Orte im Irak und in Syrien, die der IS einst kontrollierte, aus denen er aber vertrieben wurde. „Ich muss das jetzt nochmal wiederholen“, sagt der Präsident. „Der IS hat seit einem ganzen Jahr keine erfolgreiche Operation in Syrien und dem Irak unternehmen können.“

Tatsächlich ist das Herrschaftsgebiet der Terrormiliz in beiden Ländern stark geschrumpft. Laut Pentagon eroberte das Anti-IS-Bündnis im Irak bis zum April 45 Prozent des von der Terrormiliz gehaltenen Territoriums zurück. In Syrien waren es demnach 20 Prozent.

Aleppo als Sinnbild

Das Heft des Handelns in Syrien haben längst andere an sich gerissen. An keinem Ort wird das so deutlich wie in Aleppo. Die einstige Handelsmetropole gerät immer mehr zum stärksten Sinnbild des westlichen Versagens in Syrien.

Seit mehr als zwei Wochen sind bis zu 300.000 Menschen im Osten der Stadt von der Außenwelt abgeschnitten. Das Regime von Baschar al-Assad und seine Verbündeten hatten die letzte Versorgungsroute dorthin gekappt. Jeden Tag werden die Viertel von Luftangriffen heimgesucht. Die Bewohner verbrennen Müll und Autoreifen, um sich davor zu schützen.

Die Lage steht auch exemplarisch für die komplizierte Gemengelage im Land. Verschiedenste Rebellengruppen, von moderaten Aufständischen bis hin zu Dschihadisten mit Verbindungen zum Terrornetzwerk Al-Kaida, kämpfen in den Vierteln der Stadt gegen Machthaber Baschar al-Assad und seine Verbündeten.

Fallen die östlichen Stadtteile an das Regime, verlieren die Aufständischen ihre letzte städtische Hochburg. Manche Experten erklären den Kampf um Aleppo schon zur entscheidenden Schlacht in dem Bürgerkrieg.

Obama erwähnt Aleppo am Donnerstag eher beiläufig.

Assad und seine Verbündeten hielten sich nicht an die im Februar vereinbarte Waffenruhe, erklärt er. Der Machthaber treibe das eigene Volk in die Arme von Extremisten. Dass seine Truppen Städte einkesselten, sei eine Methode aus dem Mittelalter, sagt Obama. Auch Russland kritisiert er in diesem Zusammenhang scharf.

Dabei hat seine eigene Strategie in Syrien ein Vakuum hinterlassen, das auch Russlands Präsident Wladimir Putin füllte, als er im September 2015 seine Kampfjets schickte. Ihre Angriffe verschoben das Machtgefüge in Syrien wieder zugunsten des Assad-Regimes.

Die USA konzentrieren sich in dem Konflikt vor allem auf die Bekämpfung des IS. Es ist das Credo Washingtons, dass man nicht in einen Bürgerkrieg eingreift, sondern eine Terrormiliz vernichten will, die die eigene Sicherheit bedroht.

Kritiker

Zwar wiederholen Vertreter der US-Regierung immer wieder mantraartig, dass es eine politische Zukunft für Syrien nur ohne Assad geben könne. Aber sie scheinen nicht sehr viel dafür zu tun.

Im Mai setzte Außenminister John Kerry der syrischen Regierung und seinen Verbündeten Moskau und Teheran eine Frist bis zum 1. August, um den Prozess für einen politischen Übergang einzuläuten. Andernfalls würden die USA ihr Vorgehen in dem Land ändern, erklärte er. Kerry sagte bei einer Pressekonferenz am Montag, man werde weiterhin alles tun, um eine dauerhafte Waffenruhe durchzusetzen und Gespräche über eine Regierung der nationalen Einheit aufzunehmen.

Immer wieder sprach er in den vergangenen Wochen mit seinem russischen Amtskollegen Sergej Lawrow, um die festgefahrenen Genfer Friedensgespräche wieder in Gang zu bringen. Die Regimegegner waren zuletzt von dort verärgert abgereist, als die Gewalt trotz des eigentlich seit Februar geltenden Waffenstillstands erneut eskalierte. Die Hoffnung, dass beide Parteien tatsächlich bald an den Verhandlungstisch zurückkehren, wird von Tag zu Tag geringer.