„Nur wenige haben einen Überblick“

„Nur wenige haben einen Überblick“

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Der frühere Chef der Europäischen Kommission, José Manuel Barroso, hat deutliche Kritik an der Arbeit einiger EU-Staats- und Regierungschefs geübt. Viele tun, als wäre sie nicht dabei gewesen.

„Nur wenige Gipfelteilnehmer haben einen Überblick und ein Gesamtkonzept“, sagte der ehemalige EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso, mit Blick auf die regelmäßigen EU-Ratsgipfel in Brüssel der Tageszeitung „Die Welt“ (Montagsausgabe). „Kleine und mittlere Mitgliedstaaten kommen etwa oft nur mit einem einzigen, konkreten Anliegen in die Ratstagungen, andere oft ohne echtes Interesse.“

„Einige der führenden Politikerinnen und Politiker fühlen nicht in ausreichendem Maße Verantwortung für Europa, sie verstehen die Entscheidungen nicht als ihre eigenen“, bemängelte Barroso, der Anfang November nach zehn Jahren an der Spitze der Kommission aus dem Amt geschieden war. Wer Entscheidungen treffe, müsse aber auch dazu stehen. „Im Europäischen Rat fallen finale Entscheidungen, dort binden Regierungschefs ihre Länder an europäische Vereinbarungen, sie fallen einstimmig“, sagte Barroso. Er habe allerdings „über Jahre erlebt, dass Regierungschefs zu Hause so taten, als wären sie nicht dabei gewesen“. Besonders Frankreich habe sich häufig so verhalten.

Barroso forderte die Staats- und Regierungschefs auf, Entscheidungen auch im eigenen Land glaubwürdig zu vertreten. „Es ist eine Frage politischer Verantwortung, wir können nicht hinnehmen, dass Regierungen systematisch Entscheidungen verleugnen, die sie selbst getroffen haben“, sagte er. Dies sei „intellektuell und politisch unehrlich“.