Nur Schettino vor Gericht?

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32 Menschen sterben bei der Havarie der "Costa Concordia". Ein Gericht berät, wie das Unglück im Prozess aufgearbeitet werden soll. Kapitän Schettino könnte als einziger vor Gericht gestellt werden.

Francesco Schettino, der Unglückskapitän der „Costa Concordia“, könnte als einziger vor Gericht gestellt werden. Die Staatsanwaltschaft bereitet mit den anderen fünf Beschuldigten Absprachen über ein Strafmaß vor, so dass diese ohne Beweisaufnahme direkt verurteilt werden könnten. Nur für den besonders belasteten Kapitän Schettino lehnte die Anklage bei Voranhörungen am Dienstag im italienischen Grosseto eine solche Absprache ab.

„Es scheint so, ja“, sagte Schettino nach der Anhörung auf die Frage, ob er als einziger vor Gericht komme, wie die Nachrichtenagentur Ansa berichtete. Bei der Havarie des Kreuzfahrtschiffes im Januar 2012 starben 32 Menschen.

Die Opfer-Anwälte protestieren

Die angekündigten Absprachen lösten unter Opfer-Anwälten zornige Proteste aus. „Praktisch sieht das so aus, dass der Prozess hier ohne Verhandlungen enden könnte“, sagte ein Anwalt. Sollte der Richter trotz der ablehnenden Haltung der Staatsanwaltschaft doch auch für Schettino noch eine solche Absprache möglich machen, dann schließe der Prozess um die „Costa Concordia“ mit den Voranhörungen und die Geschädigten könnten Entschädigungen nur noch bei einem Zivilrichter einklagen. „Diese Serie von Absprachen ist skandalös, man eröffnet eine Art Fluchtweg“, kritisierte Opfer-Anwalt Massimiliano Gabrielli.

Der zuständige Richter muss Absprachen zwischen Staatsanwälten und den Beschuldigten absegnen. Medienberichten zufolge würde das für die fünf Männer eine Strafe von zweieinhalb Jahren bis zu zwei Jahren und zehn Monaten wegen fahrlässiger Tötung und Körperverletzung bedeuten.

Weitere Ermittlungen möglich

Die „Costa Concordia“ war vor 16 Monaten vor der Insel Giglio gekentert. Im Fokus der Staatsanwaltschaft steht Schettino. Sein Verteidiger kündigte an, möglicherweise weitere Ermittlungen zu dem Unglück zu beantragen. „Die Beweise sind unzureichend, wir könnten eine Simulation des Unglücks mit dem Schwesterschiff verlangen“, sagte er.

Italienische Medien hatten zuvor schon spekuliert, dass die Mitbeschuldigten – zwei Offiziere, der indonesische Steuermann, der „Costa“-Krisendirektor und der Hotelmanager des Schiffes – solche Absprachen wollten, auch um in einem Prozess nicht neben dem im Rampenlicht stehenden Kapitän auf der Anklagebank sitzen zu müssen. Schettino wird auch Havarie und Verlassen des Schiffes vorgeworfen.

Hunderte Opfer und Angehörige, die Insel-Gemeinde Giglio und die Kreuzfahrtgesellschaft Costa Crociere wollen in einem Prozess als Nebenkläger auftreten. Bis Juli stehen weitere Anhörungstermine an, der nächste am Donnerstag. Bis zum Prozess dürften noch Monate vergehen.