Novartis verliert Patentkrieg in Indien

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Novartis hat im Patentstreit in Indien eine herbe Schlappe erlitten. Während NGOs jubeln, hält ein Schweizer Gesundheitsökonom den Gerichtsentscheid für unklug.

Sieben Jahre hat der Schweizer Pharmariese Novartis in Indien um sein Krebsmittel Glivec gekämpft. Jetzt hat er den Kampf verloren: Seine Patentklage wurde vom obersten Gericht des Subkontinents endgültig abgeschmettert. Glivec erhält somit keinen Patentschutz.

Die Begründung des Gerichts: Das Medikament sei keine Neuheit, wie es die indischen Patentgesetze verstehen. Beim Hauptwirkstoff handle es sich nur um eine neue Version eines bestehenden Wirkstoffs. Diese Einschätzung teilt Andrea Isenegger, Pharmazeutin bei der Nichtregierungsorganisation Ärzte ohne Grenzen (MSF) Schweiz: „Für Medikamente, die nur so geringfügig verbessert werden, ist ein Patentschutz nicht gerechtfertigt.“ MSF freue sich über den Gerichtsentscheid, weil dadurch der Zugang der Bevölkerung zu günstigen Nachahmermedikamenten erleichtert werde.

Auch die Erklärung von Bern zeigt sich erfreut über das Gerichtsurteil. Es stelle die Bedürfnisse der Gesundheitsversorgung der Bevölkerung über die wirtschaftlichen Interessen von Novartis.

Schlecht für Innovationen

Beim Basler Pharmakonzern selbst herrscht Unverständnis über das Urteil – es sei entmutigend für künftige Innovationen in Indien. Auch der Schweizer Gesundheitsökonom Heinz Locher sieht das Urteil als innovationsfeindlich an: „Ohne Patentschutz lohnen sich Innovationen kaum, weil ein Unternehmen befürchten muss, dass seine nicht geschützten Produkte umgehend kopiert werden.“

Auch die erfreuten Reaktionen von Nichtregierungsorganisationen und Menschenrechtsaktivisten kann Locher nicht nachvollziehen. Natürlich sei es wichtig, allen Bevölkerungsschichten den Zugang für Medikamente zu erlauben. Den Patentschutz zu verweigern, sei aber ein Schritt in die falsche Richtung. „Die indischen Behörden hätten besser daran getan, mit Novartis eine vernünftige Preispolitik zu vereinbaren – das wäre der konstruktivere Weg gewesen“, so der Gesundheitsökonom.

Folgen nicht absehbar

Für Novartis und die gesamte internationale Pharmaindustrie bedeutet das Urteil eine schwere Niederlage. Experten sprechen bereits von einem Präzendenzfall. „Weitere Urteile in diese Richtung könnten folgen, vor allem im asiatischen Raum“, bestätigt Gesundheitsökonom Locher. Die Folgen für die Branche seien nicht absehbar.

Bei Ärzte ohne Grenzen sind mit dem möglichen Präzedenzfall hingegen Hoffnungen verbunden. „Bestenfalls nehmen sich andere Länder an Indien ein Beispiel“, sagt Pharmazeutin Isenegger. Damit könnte auch der Zugang zu anderen Generika – beispielsweise gegen den HI-Virus oder Krankheiten wie Malaria oder Tuberkulose – zusätzlich erleichtert werden.