/ Niederländer und Briten wählen zuerst

Europa hat die Wahl: Bis zum Sonntag können in der EU rund 400 Millionen Wahlberechtigte über die Zusammensetzung des künftigen Europaparlaments entscheiden. Am Donnerstag starten als erste die Niederländer und Briten in den viertägigen Wahlmarathon. Das Gros der Unionsbürger wird erst am Sonntag abstimmen. In Europa wächst die Sorge, dass es zu einem Erstarken von rechtsextremen, populistischen und euroskeptischen Parteien kommen wird. Bei dieser Wahl gibt es ein Novum: Die Parteienfamilien haben erstmals für den wichtigen Posten des EU-Kommissionschefs europaweite Spitzenkandidaten ins Rennen geschickt.
Der Spitzenkandidat der Europäischen Volkspartei (EVP), Jean-Claude Juncker, will sich nicht mit Stimmen von Faschisten oder Rechtspopulisten zum EU-Kommissionspräsidenten wählen lassen. „Ich würde die Wahl nicht annehmen“, sagte der frühere luxemburgische Regierungschef am Dienstagabend in der ARD-„Wahlarena“. Der Spitzenkandidat der Sozialdemokraten, Martin Schulz, rief in der Sendung dazu auf, wählen zu gehen, um ein Erstarken rechter Kräfte zu vermeiden. Insgesamt interessierten sich nur 2,25 Millionen Zuschauer (Marktanteil: 8,6 Prozent) für dieses letzte TV-Duell vor der Wahl.
Erste Ergebnisse nach 23.00 Uhr
Erste EU-weite Prognosen und Hochrechnungen werden am Sonntagabend von 22.00 Uhr an erwartet, offizielle Ergebnisse aus den Ländern nach 23.00 Uhr, wenn die letzten Wahllokale in Italien geschlossen sind. Prognosen aus einzelnen EU-Ländern soll es schon vorher geben.
Insgesamt wird das neue Parlament 751 Abgeordnete haben, derzeit sind es – nach dem Beitritt Kroatiens als 28. EU-Mitglied 766. Mit 96 Abgeordneten stellt Deutschland die meisten Parlamentarier aller Mitgliedsländer, es folgt Frankreich mit 74. Luxemburg, Estland, Zypern und Malta stellen mit je sechs die wenigsten Abgeordneten. Derzeit gibt es sieben Fraktionen, nach den Wahlen könnte ein Verbund der Rechtspopulisten hinzukommen. Zur Bildung einer Fraktion sind mindestens 25 Abgeordnete aus 7 EU-Ländern nötig.
Rechtsgerichtete UKIP vorne
Im traditionell europakritischen Großbritannien bestimmen die Wähler am Donnerstag 73 Europaabgeordnete. Die Demoskopen erwarten ein starkes Abschneiden der rechtsgerichteten Partei UKIP mit ihrem Vorsitzenden Nigel Farage. Die Rechtspopulisten, die vor allem mit dem Austritt aus der EU und dem Thema Zuwanderung Stimmung machen, könnten Umfragen zufolge auf bis zu 30 Prozent der Stimmen kommen und damit stärkste politische Kraft auf der Insel werden.
Die Demoskopen sehen die regierenden Konservativen von Premierminister David Cameron auf Rang drei hinter der oppositionellen Labour-Partei. Zuletzt hatte Farage sich jedoch mit als ausländerfeindlich empfundenen Bemerkungen in einem Radio-Interview Sympathien bei gemäßigten Wählern verscherzt.
Euroskeptische Parteien dominieren
In den Niederlanden können am Donnerstag rund 12,5 Millionen Bürger 26 Abgeordnete für das Europaparlament wählen. Im Wahlkampf stand die Frage nach mehr oder weniger Europa im Mittelpunkt. Dabei dominierten die euroskeptischen Parteien, die weniger Einfluss von Brüssel auf die nationale Gesetzgebung fordern.
Umfragen sagen in den Niederlanden ein Kopf-an-Kopfrennen der Gegner und Freunde Europas voraus. Sowohl die linksliberale D66 mit einem ausdrücklich pro-europäischen Kurs als auch die Partei für die Freiheit (PVV) des Rechtspopulisten Geert Wilders könnten mit je 5 Mandaten stärkste Kraft werden. Auch die europakritische sozialistische Partei könnte zulegen. Dagegen drohen der sozialdemokratischen Koalitionspartei große Verluste. Wahlforscher rechnen mit einer Wahlbeteiligung von 37 Prozent, wie bereits 2009.
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