Nicht vermummt und kein Sicherheitsrisiko

Nicht vermummt und kein Sicherheitsrisiko
(Jgarroy)

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Wie sieht es in Luxemburg aus mit Religionsfreiheit und religiösen Zeichen in der Schule?

Die Antwort auf diese Frage kann man chronologisch beginnen, im Dezember 2013. Damals wünschte sich das Lehrerkomitee des Wiltzer Lycée du Nord eine Klarstellung bezüglich des Platzes von religiösen und ideologischen Zeichen innerhalb der öffentlichen Schule. Der Grund: In jenem Schuljahr besuchten zwei Schwestern eine „Septième“ in Wiltz, die beide einen Hidschab (Kopftuch, Gesicht bleibt frei) trugen. Für die Direktion war die Sachlage damals klar: Es gab keine gesetzliche Grundlage, um dies zu verbieten.

Der sich erst kurz im Amt befindende Bildungsminister Claude Meisch gab dem Tageblatt damals zu Protokoll, dass die Problematik nicht neu sei: „Bislang wurde stets versucht, in solchen Situationen den Ball flach zu halten. Ob bei der Kopftuch-Frage oder wenn es darum geht, dass Schülerinnen sich nicht am Schwimmsport beteiligen wollen, wird versucht, individuelle Lösungen zu finden.“

Zu diesem Themenkomplex gab es dann am 26. Juni 2014 ein Rundschreiben vom Bildungsminister. Dieses war adressiert an die Gymnasien, die „Ediff“, das „Institut national des langues“, das Zentrum für Berufsausbildung und die „Ecole de la deuxième chance“. Während geltende Regeln im Rundschreiben erläutert werden, sind verschiedene Detailfragen eher schwammig formuliert (Beispiel: „respecter les convenances usuelles de la décence“), und eine konkrete Anleitung, wie „im Falle wo“ zu verfahren ist, gibt es nicht.

Das heißt, dass in der Praxis wohl die betroffenen Lehrer oder Schuldirektoren je nach Sachlage individuell entscheiden müssen, gegebenenfalls nach Rücksprache mit der zuständigen Abteilung im Ministerium. Die drei wichtigsten Grundregeln bezüglich der öffentlichen Schule als neutraler Ort sind folgende:

– Niemand darf vermummt zur Schule gehen, jeder Schüler muss klar identifizierbar sein. Einzige Ausnahme: medizinische Gründe, belegt mit ärztlichem Attest.

– Jeder Schüler muss an allen Kursen des Stundenplans teilnehmen; alle Kurse sind gemeinsam für beide Geschlechter.

– Bekleidung darf nicht die Sicherheit beeinträchtigen.

„Einvernehmliche Lösung finden“

Claude Schumacher, Präsident der Vereinigung der Sportlehrer (APEP), zeigte im Gespräch mit dem Tageblatt einige Beispiele aus der Praxis. Demnach gab es auch in Luxemburg schon ähnliche Fälle wie in der Schweiz, in denen die Teilnahme am Sportunterricht aus religiösen Gründen verweigert wurde. „Besonders im Sportunterricht kommt dies natürlich öfters vor“, so Schumacher. Die Schule gelte allerdings seit jeher als religiös und politisch neutrale Institution.

Als Beispiel eines Sicherheitsrisikos gibt er Folgendes an: „Stellen Sie sich vor, wir würden eine verschleierte Schülerin klettern lassen, das ist mit erheblichen sicherheitsrelevanten Bedenken verbunden.“

Claude Schumacher bedauerte indes das Fehlen einer konkreten Verfahrensweise. Man müsse als guter Pädagoge versuchen, eine einvernehmliche Lösung zu finden: „Man muss dem oder der betroffenen Schüler(in) eventuell mit Kompensationsarbeiten entgegenkommen oder ihn an Parallelkursen teilnehmen lassen. Das ist jedoch eine sehr schwierige Diskussion“, so der APEP-Vorsitzende. Bei der Teilnahme am Schwimmunterricht sieht Schumacher indes weniger Diskussionsbedarf: „Der Burkini ist erlaubt, da er kein erhöhtes Sicherheitsrisiko darstellt. Damit dürfte es auch den muslimischen Mädchen erlaubt sein, am Schwimmunterricht teilzunehmen, ohne religiöse Prinzipien zu verletzen.“