/ Neuer Countdown
Am Tag danach trösten sich die Beteiligten damit, dass alles gar nicht so schlimm sei. Außer dem A380-Premierenflug der Lufthansa am 3. Juni wurde bislang noch keine Verbindung gestrichen, die auf dem Plan des neuen Hauptstadtflughafens stand. Auch die Luxair-Flüge von und nach Berlin-Tegel werden normal abgewickelt. Nachdem der Eröffnungstermin vorerst abgesagt ist, wird beim Betreiber und den Fluggesellschaft nach Übergangslösungen gesucht, die wohl mindestens zehn Wochen halten müssen.
Lufthansa, Air Berlin und Easyjet kümmern sich nun erst einmal darum, ihre Fluggäste über den neuesten Stand zu informieren und sich, wo nötig, neue Start- und Landerechte auf den alten Berliner Flughäfen Tegel und Schönefeld zu besorgen. „Ich rate bei dem Thema allen zur Gelassenheit“, sagt Lufthansa-Manager Oliver Wagner am Mittwoch. Vor allem über Tegel wurden in den vergangenen Jahren immer mehr Passagiere geschleust. Das taugt dann auch noch ein bisschen länger, so das Motto.
Wie schnell soll es gehen?
Die Frage ist jetzt, wie schnell es gehen soll. Um die Blamage nicht noch größer erscheinen zu lassen, wollen die Regierungschefs von Berlin und Brandenburg, Klaus Wowereit und Matthias Platzeck, einen möglichst baldige Eröffnung. Einige Fachleute raten dazu, sich eher mehr Zeit zu lassen, um eine nochmalige Verschiebung auszuschließen. So warnt der Reiseexperte Karl Born vor einer zu engen Planung: „Eine Krise vor der Eröffnung vergessen die Leute, aber eine Krise nach der Eröffnung hängt ihnen ewig an.“
Selbst Hartmut Mehdorn, Vorstandschef von Air Berlin, macht nicht so viel Termindruck, wie man erwarten könnte. Die nach der Lufthansa zweitgrößte deutsche Fluggesellschaft will am Hauptstadtflughafen ein Drehkreuz errichten und benötigte dafür die kurzen Umsteigewege des neuen Airports. Für den besseren Service „brauchen wir aber einen neuen verlässlichen Eröffnungstermin, der möglichst nach unserem Sommerflugplan liegt“, stellt Mehdorn fest. Dieser endet am 31. Oktober. Mehdorns Vorstellungen dürften Gewicht haben, ist doch jeder dritte Reisende, der über Berlin fliegt, ein Kunde seiner Airline.
August, November …
Platzeck hatte am Dienstag von der zweiten August-Hälfte als neuen Wunschtermin für die Eröffnung gesprochen. Flughafenchef Rainer Schwarz verspricht, Anfang kommender Woche einen verbindlichen Termin zu nennen. Vermutlich wird das auf einer Pressekonferenz am Montag passieren.
Schwarz muss am Mittwoch Schadensbegrenzung betreiben. Erst erklärt er den Verkehrspolitikern im Bundestag, warum der viel gepriesene Airport nicht rechtzeitig fertig wird. Dann klingelt ihn sein Aufsichtsratschef Wowereit aus einer Tagung, als Schwarz gerade ans Rednerpult treten will. Schließlich knöpft sich noch Air-Berlin-Vorstand Paul Gregorowitsch den Flughafen-Manager vor.
Zusätzliche Kosten
Air Berlin hält sich öffentlich mit Schadenersatzforderungen zurück wie auch Lufthansa oder Easyjet. Doch die Airline hat schon einen Brief an die Flughafengesellschaft aufgesetzt, wie Gregorowitsch sagt. Darin werden die zusätzlichen Kosten aufgelistet, die bislang absehbar sind, weil die rot-weiße Flotte erst später von ihrem künftigen Drehkreuz Schönefeld abheben kann.
Eine Summe nennt Air Berlin nicht, aber es dürften viele kleine Posten auf der Liste stehen. So brauchten die Mitarbeiter allein zwei Wochen, um eine Millionen Passagiere umzubuchen, erklärt Gregorowitsch. Bei der Lufthansa sind 500 000 bis eine Million Passagiere betroffen. Sie würden jetzt auf den Flughafen Tegel umgebucht und per Telefon, E-Mail oder SMS informiert, sagte Wagner. Die geplanten Abflugzeiten würden bis auf geringe Änderungen eingehalten.
Imageschaden
Die Zusatzkosten, die die Umplanung der Flüge und des Airport- Umzugs verursachen, seien nicht das Schlimmste, sagt der Frankfurter Flughafenberater Benjamin Bierwirth. Schwerer wiege der Imageschaden für den Willy-Brandt-Airport. Der positive Effekt, dass da ein Metropolenflughafen mit mehr Kapazität zur Verfügung stehe, sei nun für mindestens ein halbes Jahr verpufft. Airlines, die neue Strecken erwogen hätten, dürften sich nun eine Weile zurückhalten.
Nur schwer wird jedoch ein Teil der Händler am neuen Flughafen den geplatzten Termin verkraften. Sie verlieren durch die verspätete Eröffnung laut Handelsverband jeden Monat insgesamt Umsätze in Millionenhöhe.
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