Sonntag2. November 2025

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Netanjahu löst Empörung aus

Netanjahu löst Empörung aus
(Sebastian Scheiner)

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Für den israelischen Regierungschef stiftete 1941 der Jerusalemer Großmufti Hitler zur "Endlösung" an. Historiker widersprechen.

Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat Empörung und Widerspruch mit seiner Äußerung ausgelöst, ein palästinensischer Großmufti habe Adolf Hitler zum Holocaust angestiftet. Historiker stellten am Mittwoch klar, dass Hitler 1941 längst in mehreren Konzentrationslagern die „Endlösung“ betreiben ließ. Netanjahu hatte gesagt, der Jerusalemer Geistliche Hadsch Amin al-Husseini habe 1941 bei einem Treffen in Berlin eine „zentrale Rolle“ bei dem Beschluss zur sogenannten Endlösung gespielt.

Mit der historischen Anekdote wollte der Regierungschef am Dienstag in einer Rede vor jüdischen Repräsentanten offenbar seinen Punkt belegen, dass der Konflikt um die von den Juden als Tempelberg und den Muslimen als «Edles Heiligtum» verehrte religiöse Stätte in Jerusalem viele Jahrzehnte zurückreicht. „Hitler wollte zu dem Zeitpunkt nicht die Juden vernichten, er wollte die Juden vertreiben“, sagte Netanjahu. „Und Hadsch Amin al-Husseini ging zu Hitler und sagte: ‚Wenn du sie ausweist, kommen sie alle her. Was soll ich mit ihnen machen?‘ Er sagte: ‚Verbrenne sie.'“

„Form von Holocaust-Leugnung“

Der prominente Holocaust-Forscher Mosche Zimmermann von der Hebräischen Universität sagte, Netanjahus Argument sei weit her geholt und mache den Regierungschef im Prinzip zu einem Holocaust-Leugner. „Jeder Versuch, die Bürde von Hitler und anderen abzulenken ist eine Form von Holcaust-Leugnung“, erklärte Zimmermann.

Der palästinensische Unterhändler Sajeb Erakat warf dem israelischen Regierungschef vor, er hasse die Palästinenser so sehr, „dass er dazu bereit ist, Hitler für die Ermordung von sechs Millionen Juden freizusprechen“. Der israelische Oppositionschef Izchak Herzog hielt Netanjahu eine „gefährliche historische Verzerrung“ vor. Er müsse das umgehend richtigstellen.

Verteidigungsminister distanziert sich

Selbst einer von Netanjahus loyalsten Gefolgsleuten, Verteidigungsminister Mosche Jaalon, distanzierte sich von der Äußerung. „Ich weiß nicht genau, was der Ministerpräsident gesagt hat“, erklärte Jaalon im israelischen Militärradio. „Die Geschichte ist aber eindeutig: Hitler hat sie (die Endlösung) gestartet, Hadsch Amin al-Husseini hat sich ihm angeschlossen und leider fördern dschihadistische Bewegungen bis heute Antisemitismus.“

Netanjahu versuchte vor seinem Abflug nach Berlin zu beschwichtigen. «Ich hatte nicht die Absicht, Hitler von seiner teuflischen Verantwortung für die Auslöschung der europäischen Juden freizusprechen», sagte er. Es sei aber auch absurd, die Rolle des Großmuftis zu ignorieren.

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