Nelson Mandela: Die Gefängnisjahre

Nelson Mandela: Die Gefängnisjahre
(dpa-Archiv)

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Als Chef des militärischen Flügels des ANC musste Mandela 27 Jahre hinter Gittern verbringen. Er ließ sich vom Apartheid-Regime nicht brechen und wurde zum Symbol für den Kampf gegen den Rassismus.

Als Nelson Mandela wegen Verschwörung gegen das Apartheid-Regime 1964 zu lebenslanger Haft verurteilte wurde, war er erleichtert. Denn der Führer des militärischen Flügels des Afrikanischen Nationalkongresses (ANC) hatte sich innerlich auf die Todesstrafe vorbereitet. Am Vorabend seiner Verurteilung hatte er dem Richter mitgeteilt, dass das Ende der rassistischen Herrschaft in Südafrika ein Ideal sei, „für das ich bereit bin zu sterben“.

In seiner Autobiografie „Der lange Weg zur Freiheit“ schilderte Mandela, wie er von Pretoria zur Gefängnisinsel Robben Island nahe Kapstadt gebracht wurde. „Ach, Ihr Kerle habt es geschafft“, habe ein Polizeibeamter auf der Fahrt zum Flughafen gesagt. „In ein, zwei Jahren werdet Ihr entlassen und als Nationalhelden zurückkehren“, habe der Polizist spekuliert.

Symbolfigur für den Kampf gegen die Apartheid

Mandela kam in der Tat als Held zurück, als weltweite Symbolfigur für den Kampf gegen das rassistische Apartheid-System. Doch es waren insgesamt schließlich 27 Jahre Haft, bis er dann wirklich wieder in Freiheit war. Während seiner Gefangenschaft wandelte sich der wütende Revolutionär zu einem weisen Staatsmann.

Die Bedingungen auf der Gefängnisinsel Robben Island waren hart. Mandelas aus Stein gemauerte Zelle war so klein, dass sein Kopf und seine Füße fast die gegenüberliegenden Wände berührten, wenn sich der 1,93 Meter große Mann hinlegte. Die Mahlzeiten bestanden aus zwei Maisgerichten: Maisbrei oder gekochten Maiskolben.

Zwangsarbeit und Trennung von der Familie

Nach den langen, harten Arbeitstagen in einem Kalksteinbruch mussten sich die Häftlinge im kalten Meerwasser waschen. Die Arbeit belastete besonders stark Lungen und Augen. Mandela litt für den Rest seines Lebens an den Folgen der Zwangsarbeit.

Die politischen Gefangenen durften alle sechs Monate einen – meist stark zensierten – Brief bekommen. Zweimal im Jahr war ein halbstündiger Besuch zugelassen, allerdings waren die Häftlinge von den Besuchern durch eine dicke Glasscheibe getrennt. 21 Jahre lang durfte Mandela während seiner Haft weder seine Frau Winnie Madikizela-Mandela noch seine Kinder berühren.

Schicksalschläge haben Mandela „nicht zerstört

Während seiner Zeit hinter Gittern starben seine Mutter und sein ältester Sohn, Thembekile. Er kam bei einem Autounfall ums Leben. Mandela durfte nicht an den Beerdigungen teilnehmen. Damit habe er sich nie abfinden können, „aber auch das hat ihn nicht zerstört“, sagte sein Ex-Anwalt und langjähriger Freund George Bizos später. Dennoch litt Mandela schwer an der Bürde, die sein politisches Engagement seiner Familie auferlegte. „Ich bin überzeugt, dass ihr Schmerz und ihre Leiden wesentlich größer waren als die meinen“, schrieb Mandela.

Seine Frau Madikizela-Mandela, die weiter gegen das Regime kämpfte, wurde von der Polizei schikaniert und mehrfach festgenommen. Die härteste Strafe war, dass sie mit ihrer Tochter Zenani für acht Jahre zum Leben in einer Kleinstadt in der erzkonservativen Provinz Freistaat verbannt wurde. „Es war nicht leicht, eine Mandela zu sein“, sagte Zenani, die älteste Tochter des Paares.

Als er erstmals 1980 seinen Großvater kennenlernte, sei seine erste Reaktion Wut gewesen, erzählt Mandelas Enkel Mandla. „Die Erfahrung machte mich sehr ärgerlich. Ich dachte, mein Großvater ist ein Krimineller, er ist ein Häftling“. Sein Vater, Makgatho Mandela, habe bei dem Besuch erkannt, dass er nun seinen Sohn mehr über den Freiheitskampf aufklären musste.

Die „nagendenden Echos in der Brust“

Mandelas Sehnsucht nach seiner Familie war stets sehr groß. Sein 50. Geburtstag ging vorbei, auch der 60. Geburtstag, aber es gab keine Hinweise, dass die regierende Nationalpartei ihre harte Haltung aufgeben würde. Die Einsamkeit zehrte an ihm, er schrieb einem Freund von den „nagenden Echos in der Brust“.

Doch Häftling Nummer 46664 wollte keine Schwäche zeigen und suchte seinen Schmerz zu verbergen. Er las und schrieb viel, er studierte und schulte seine Mitgefangenen politisch – was dazu beitrug, dass die Gefangeneninsel den Spitznamen „Die Universität“ bekam.

Erleichterung im Gefängnis

Im Gefängnis verfeinerte Mandela auch die Kunst, geschickt mit Gegnern und Feinden umzugehen. Er versuchte, das Gute im Menschen zu wecken. Mit seiner Höflichkeit, seinen guten Manieren und seiner Prinzipientreue beeindruckte er auch die weißen Gefängnisaufseher.

Die letzten Haftjahre brachten endlich Erleichterung für Mandela. Das weiße Regime ahnte vielleicht auch, dass er der künftige Führer der Landes werden würde. Mandela wurde von seinen politischen Mithäftlingen getrennt. Die letzten zwei Jahre seiner Haft verbrachte er relativ komfortabel in einem Häuschen mit Pool auf dem Gelände des Victor Verster Gefängnisses. Mandela mochte das Domizil so sehr, dass er sich später in seinem Heimatdorf Qunu ein Haus mit gleichem Design bauen ließ.

Ein Mythos in Freiheit

Als Mandela am 11. Februar 1990 endlich wieder in die Freiheit entlassen wurde, war er zu einem Mythos nicht nur in Südafrika geworden. Weltweit wurde er wegen seiner Charakterstärke, seinem ungebrochenen Willen und seiner Vision von Freiheit und Menschlichkeit verehrt.