Nach EU-Vermittlung herrscht Chaos

Nach EU-Vermittlung herrscht Chaos
(AP)

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Ein Jahr lang vermittelte die EU zähe Verhandlungen zwischen dem Kosovo und Serbien, um das Zusammenleben der Nachbarn zu erleichtern. Jetzt herrscht mehr denn je Chaos zwischen den verfeindeten Nachbarn.

In der Gemeinde Zubin Potok in Nordkosovo stehen die Serben an der Barrikade der Transitroute felsenfest. „Die können uns hier nur wegbekommen, wenn sie uns alle töten“, sagen die jungen Männer unisono.

Fast regelmäßig jeden zweiten Tag blockieren sie Fahrzeuge der EU-Rechtsstaatsmission (EULEX), weil sie ihr Parteinahme für die Albaner vorwerfen. Barrikaden gibt es auch anderswo. Die gebetsmühlenartig vorgetragene Forderung des deutschen Kommandeurs der internationalen Schutztruppe KFOR, Erhard Drews, kann die serbischen „Barrikadenwächter“ nicht umstimmen.

KFOR-Soldaten und Eulex-Polizisten

Ein wenig weiter ist der Grenzübergang Brnjak zwischen dem Kosovo und Serbien verwaist. Kein einziges Auto und kein Reisender sind zu sehen. Stattdessen wacht hier eine Hundertschaft KFOR-Soldaten und Eulex-Polizisten. Die lokale serbische Bevölkerung meidet diesen Grenzpunkt und umgeht ihn auf einer Behelfsstraße über die grüne Grenze. Am Hauptgrenzübergang Merdare müssen Lkw wegen bürokratischer Schikanen mehr als einen Tag auf ihre Abfertigung warten. Reisende sind empört, weil die Serben 100 Euro und die Albaner 60 Euro Eintrittsgebühr verlangen, die offiziell Versicherung genannt wird.

Serbien hat für den 6. Mai Kommunalwahlen auch unter seinen Landsleuten in Nordkosovo angekündigt. Die EU und die albanisch kontrollierte Kosovo-Regierung laufen dagegen Sturm. Pristina hat sogar angedroht, die Abstimmung „mit Gewalt“ zu verhindern. Kosovo-Parlamentspräsident Jakup Krasniqi hat erst am Wochenende wieder gefordert, der von der EU vermittelte Dialog Pristinas mit „der Kriminellen-Regierung in Belgrad“ müsse abgebrochen werden.

EU hatte komplizierten Mechanismus entwickelt

Die EU hatte einen komplizierten Mechanismus vermittelt, mit dem Vertreter der Kosovo-Regierung auf internationalen Konferenzen nicht von Serbien boykottiert werden. Doch in den letzten Wochen gingen die Querelen um die Anwendung dieses Mechanismus’ weiter: Mal verließen die serbischen, mal die albanischen Abgesandten unter Protest regionale Treffen.

Eines der größten Probleme im Dreieck EU-Serbien-Kosovo stellen die serbischen Institutionen in Nordkosovo dar. Belgrad finanziert weiter mit bis zu 300 Millionen Euro im Jahr seinen Landsleuten dort Polizei, Schulen, Uni und Arbeitsplätze.

Serbien seit März EU-Beitrittskandidat

Serbien ist Anfang März EU-Beitrittskandidat geworden. Doch seine Landsleute in Nordkosovo blockieren nach wie vor Polizisten, Zöllner, Richter und Verwaltungsexperten von Eulex. Sie ist immerhin mit 165 Millionen Euro in den laufenden acht Monaten bis Juni die bisher teuerste Auslandsmission Brüssels.

Auch das Bezirksgericht in der Stadt Mitrovica, das von Eulex nach der Zerstörung durch die Serben wieder aufgebaut wurde, ist nach wie vor außer Dienst. Nordkosovo bleibt daher weiter ein rechtsfreier Raum ohne Autokennzeichen, ohne schlagkräftige Polizei und ohne Justiz. Selbst Ehescheidungen sind nicht rechtsstaatlich möglich.