Mütterchen Russland wartet vergebens

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Die Niederlande, Luxemburg, Lettland oder sogar Hongkong: An Anlegeplätzen für die Vermögen von Privatleuten und russischen Unternehmen, die Zypern verlassen wollen, fehlt es nicht.

Moskau würde einen Kapitalrückfluss nicht ablehnen, doch die Aussichten dazu stehen wegen des ungesunden Geschäftsklimas eher schlecht. Nach seiner Rettung werde Zypern nicht mehr als Transitland für russisches Geld dienen, so Cliff Kupchan von Euroasia Group. „Die Europäer, insbesondere die Deutschen und die Finnen, wollten den Abzug der großen russischen Kapitalfonds aus diesem EU-Mitgliedsland, um den Rettungsplan besser durch ihr jeweiliges Parlament bringen zu können, und das wird ihnen gelingen“, sagt Kupchan.

Viele Privatvermögen und etliche russische Unternehmen, insbesondere kleine und mittlere Firmen, nutzten bisher Zypern wegen der niedrigen Besteuerung. Die betrug zehn Prozent, die Hälfte der russischen Steuersatzes. Zudem kamen Nicht-Gebietsansässige in den Genuss zahlreicher Steuervergünstigungen etwa auf Dividenden und einzelne Finanzoperationen, so Alexander Zakharov vom Steuerberatungsunternehmen Paragon Advice. Jetzt, da Zypern unter dem Druck seiner Geldgeber die Unternehmenssteuern anheben muss, verliert es an Attraktivität.

Wohin wird also das russische Geld fließen? Russland, das die Kapitalflucht bekämpfen möchte, lobt sein Bankensystem. Premierminister Dimitri Medwedew spricht sogar davon, im Fernen Osten eine Sonderzone mit Steuervergünstigungen für Vermögen zu schaffen. Damit will er russisches Kapital zurück ins Land locken. Das würde es den Behörden erlauben, zu prüfen, wer wie viel hat. Die Idee gefällt den wenigsten. Sicherlich wird etwas Kapital zurückommen, aber nur ein kleiner Teil, sagt Mark Rubinstein von der russischen Finanzfirma Metropol.

Luxemburg, die Niederlande, Lettland, die Schweiz, Österreich

„Wer sein Geld durch Zypern transitieren lässt, tut es nicht wegen des angenehmen Lebens auf der Insel, sondern weil ihre Partner ein Unternehmen in der Eurozone benötigen und weil die Steuern niedrig sind“, so Rubinstein weiter. Als mögliche Nachfolger Zyperns werde Luxemburg, die Niederlande, Lettland, die Schweiz und Österreich genannt. Die Niederlande, die mit Russland günstige Steuerabkommen abgeschlossen haben, platzieren sich in Sachen Investitionsaustausch mit Moskau gleich hinter Zypern.

Als weiterer möglicher Kandidat gilt Lettland. Das Land hat eine große russisch-sprachige Gemeinschaft und verwaltet hohe Vermögensbestände von Nicht-Gebietsansässigen. Riga hat jedoch bereits am Donnerstag wissen lassen, dass man bislang noch keinen Kapitalansturm aus Zypern verspürt hat.

Schließlich Hongkong und Singapur. Wer sein Vermögen expatriieren möchte, lobt die dortigen Banken, sagt Steuerexperte Zakharov. Es sei jedoch schwer, ein Konto zu eröffnen, da man eine wirtschaftliche Aktivität vor Ort nachweisen und physisch präsent sein muss. Ausserdem werde überall genauer nach dem Ursprung des angeschafften Kapitals gefragt.

Zypern war lange Zeit als Waschmaschine für schmutziges Russen-Geld betrachtet worden. Der Chef der russischen Zentralbank hatte vor kurzem gesagt, dass mehr als 60 Prozent des exportierten Kapitals verdächtigen Ursprungs sei.