Mit der Armee gegen die Demonstranten

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Nach neuen Protesten verschärft die türkische Regierung abermals den Ton. Notfalls könne auch das Militär zum Einsatz kommen, um Proteste zu unterbinden. Regierungschef Erdogan setzt weiter auf eine "harte Hand".

Die türkische Regierung hat der Protestbewegung erstmals mit einem Einsatz der Armee gedroht. Falls es nötig sei, würden auch die Streitkräfte eingreifen, sagte Vize-Regierungschef Bülent Arinc am Montag vor Fernsehkameras. «Die Polizei ist da. Wenn das nicht reicht, die Gendarmerie. Wenn das nicht reicht, die türkischen Streitkräfte», sagte Arinc. Die Regierung werde alles Nötige unternehmen, um das Gesetz durchzusetzen. Die Polizei ging wieder massiv gegen regierungskritische Demonstranten vor.

Für Montag hatten zwei Gewerkschaften und mehrere Berufsverbände zu Streiks und Demonstranten aufgerufen. Die Polizei hielt die Protestierer am Nachmittag davon ab, zum Taksim-Platz zu gelangen. Die landesweite Protestwelle in der Türkei hatte sich vor mehr als zwei Wochen an der brutalen Räumung eines Protestlagers im Gezi-Park entzündet. Die Regierung plant dort den Nachbau einer osmanischen Kaserne mit Wohnungen, Geschäften oder einem Museum. Inzwischen richten sich die Demonstrationen aber vor allem gegen den autoritären Regierungsstil des islamisch-konservativen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan.

Verschärfter Strafverfolgung

Innenminister Muammer Güler drohte Internet-Aktivisten sowie Mitarbeitern des öffentlichen Dienstes, die sich an Streiks oder Demonstrationen beteiligen, mit verschärfter Strafverfolgung. „Diese Demonstrationen dieser fünf Gewerkschaften sind nicht legal. Wie können wir diese Demonstrationen erlauben?“, zitierte die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu den Minister. Wer Meinungsmache betreibe und zu Demonstrationen über Twitter und Facebook aufrufe, werde verfolgt. In den Vorwoche hatte es schon mehrere Festnahmen gegeben.

In Ankara setzten Sicherheitskräfte in der Nacht Wasserwerfer und Tränengas gegen Gegner der Regierung Erdogan ein. In Istanbul hinderte die Polizei Zehntausende Demonstranten gewaltsam daran, zum Taksim-Platz zu ziehen. Aktivisten berichteten, die Polizei habe auch ein Krankenhaus in der Nähe des Taksim-Platzes mit einem Wasserwerfer angegriffen, nachdem sich Demonstranten dorthin geflüchtet hatten.

Etliche Festnahmen

Die Polizei nahm zuvor bereits bei den heftigen Protesten nach der Räumung des Gezi-Parkes Hunderte Menschen fest. Allein in Istanbul seien mindestens 441 Menschen in Gewahrsam, zitierten türkische Medien einen Mitarbeiter der Rechtsanwaltkammer (TBB).

Erstmals sollen in Istanbul Erdogan-Anhänger Demonstranten attackiert haben. Aktivisten der Opposition berichteten im Internet, dass die Demonstranten auch von Männern mit Knüppeln und Messern angegriffen worden seien. Diese Bewaffneten hätten Parolen für Erdogan gerufen, die Polizei habe nicht eingegriffen. Anhänger der Regierung attackierten nach Medienberichten auch ein Büro der oppositionellen Republikanischen Volkspartei (CHP) in Istanbul.