Mehr Geld für Mindestlohnbezieher

Mehr Geld für Mindestlohnbezieher
(Pierre Matge)

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Einstimmig sprachen sich die Abgeordneten gestern für eine Anpassung des sozialen Mindestlohns um 1,4 Prozent zum 1. Januar 2017 aus. Rund 46.000 Beschäftigte beziehen in Luxemburg derzeit den Mindestlohn.

Eine Zahl, die laut Arbeitsminister Nicolas Schmit zwar in den letzten Jahren leicht abgenommen hat; Sorgen bereitet ihm aber, dass der aktuelle Mindestlohn zunehmend an den Medianwert heranrückt, der die Armutsgrenze definiert. Eine Entwicklung, der man nicht tatenlos zusehen könne. Der Minister will eine globale Reform des Mindestlohns künftig nicht ausschließen.

Dieser wurde zuletzt zum 1. Januar 2015 um 0,1 Prozent angepasst. Diesmal sei die Anhebung mit 1,4 Prozent doch deutlich substanzieller, bemerkte Georges Engel (LSAP). Der Mindestlohn steigt von 1.922 auf 1.949 Euro, der qualifizierte Mindestlohn von 2.307 auf 2.339 Euro. Berechnungsbasis ist dabei die Entwicklung der Löhne und Gehälter in den Jahren 2014 und 2015. Für die LSAP seien der Mindestlohn und seine regelmäßige Anpassung wichtige Maßnahmen, um die soziale Kohärenz zu garantieren, unterstrich Engel.

RMG wird angehoben

Auch das garantierte Mindesteinkommen RMG (1.348 Euro für eine Einzelperson) wird um 1,4 Prozent angehoben. Es war zuletzt 2011 erhöht worden. Die Regierung komme jetzt wieder zu einem Parallelismus zurück. Man warte ungeduldig auf eine grundlegende Reform des RMG, so Engel, der auch darauf hinwies, dass „der Mindestlohn ein wichtiges Element ist, um dem Phänomen der sogenannten ‚Working poor‘ entgegenzuwirken“.

Ein Punkt, den auch Marc Baum („déi Lénk“) aufgriff. Es sind gerade Menschen, die körperlich schwerste Arbeit leisten müssen, die für den Mindestlohn arbeiten, bemerkte er. „Wir sind uns dessen nicht immer bewusst.“

Für den Mindestlohn in der Chamber putzen …

Auch das Parlament beschäftige Mindestlohnbezieher, etwa wenn es auf Reinigungsdienste zurückgreife. „Die Anpassung ist kein großer Sprung. Zudem hinkt sie der Lohnentwicklung hinterher“, so die Schlussfolgerung des „déi Lénk“-Politikers, verbunden mit der Bemerkung, dass „generell nur ein kleiner Teil vom Reichtumszuwachs an die Beschäftigten fließt“. Eine von ihm eingereichte Motion, in der es um eine Strategie ging, dem Phänomen ehrlich entgegenzuwirken, fand bei der Abstimmung keine Mehrheit.

Ein eigentlich doch etwas erstaunliches Abstimmungsergebnis. Hatte doch Arbeitsminister Schmit in der Debatte eingeräumt, dass es ihm Sorgen bereitet, dass der Medianlohn näher an den Mindestlohn heranrückt. „Das darf uns nicht egal sein, das sind genau die Menschen, die riskieren abzurutschen.“

„Working poor“ ernst nehmen

Die „Working poor“ seien ein Thema, das es „wert ist, sich ernsthaft Gedanken darüber zu machen“. Er werde als zuständiger Minister beim „Conseil économique et social“ eine Studie in Auftrag geben, um zu sehen, wo genau der Mindestlohn im sozio-ökonomischen Kontext steht. Beim nächsten Mal werde man dann sehen, ob man „neben einer normalen Anpassung auch über eine strukturelle reden muss“.

Auch die CSV stimmte der Anhebung des Mindestlohns zu. Marc Spautz konnte sich dabei eine kritische Begleitnote allerdings nicht verkneifen. Seine Partei hätte sich „gewünscht, dass über die Anhebung des Mindestlohns hinaus im Rahmen der Steuerreform auch der Eingangssteuersatz angehoben wird, um die Mindestlohnbezieher ganz zu befreien“.

„politische Heuchelei“

Gast Gibéryen (ADR) sprach mit Verweis auf den rezenten Abschluss der Gehälterverhandlungen für den öffentlichen Dienst von „politischer Heuchelei“, seine Faktion machte bei der Abstimmung dann aber gute Miene zum vermeintlich bösen Spiel der Koalitionsparteien.

„Eine politische Geste wäre gewesen, mehr zu tun als das, was sich aus der reinen Berechnung ergibt“, kritisierte er das selbstzufriedene Schulterklopfen einzelner Redner. Zumindest Gérard Anzia („déi gréng“) war damit sicherlich nicht visiert. Der hatte von „einer marginalen Anpassung“ gesprochen. Und dass er deshalb auch das ablehnende Gutachten der „Chambre de commerce“ nicht verstehe.