/ "Maul zu, Frau #Merkel"
Der prominente französische Linkspolitiker Jean-Luc Mélenchon wandte sich per Twitter direkt auf Deutsch an die Bundeskanzlerin: „Maul zu, Frau #Merkel. Frankreich ist frei.“
Maul zu, Frau #Merkel ! Frankreich ist frei. Occupez-vous de vos pauvres et de vos équipements en ruines !
— Jean-Luc Mélenchon (@JLMelenchon) 7. Dezember 2014
Der einstige Präsidentschaftskandidat machte damit seinem Ärger über die CDU-Chefin Luft, die Frankreich unmissverständlich weitergehende Reformen nahegelegt hatte. Auch die sozialistische Regierung in Paris reagierte nicht eben begeistert auf den Hinweis vom wirtschaftlich erfolgreichen Nachbarn – zumal sie schon am Mittwoch ein neues Reformgesetz vorlegen wird.
Stein des Anstoßes und Anlass des erneuten deutsch-französischen Schlagabtauschs war ein Merkel-Interview in der „Welt am Sonntag“. Mit Blick auf die Reformbemühungen in Frankreich und Italien sagte Merkel, die EU-Kommission habe „deutlich gemacht, dass das, was bis jetzt auf dem Tisch liegt, noch nicht ausreicht.“ Und fügte dann hinzu: „Dem schließe ich mich an.“ Nun weiß Merkel gut, dass Reformaufrufe aus Deutschland in Frankreich gar nicht gut ankommen.
Deutsches „Spardiktat“
Teils unfreundliche Ermahnungen zu mehr Einsparungen und Strukturreformen aus Deutschland haben in Frankreich immer wieder Empörung ausgelöst – zumal vor allem im linken Lager viele das deutsche „Spardiktat“ in Europa als mitverantwortlich für die eigene Wirtschaftsmisere ansehen. Wenn der Staat weniger sparen und mehr investieren würde, so das von vielen Wirtschaftsexperten geteilte Argument, könnte das minimale Wirtschaftswachstum angekurbelt und die Rekordarbeitslosigkeit endlich zurückgefahren werden.
Mélenchon hat in der Vergangenheit schon eine „engstirnige und sehr dogmatische Politik“ Merkels angeprangert. Der im August aus der Regierung geworfene damalige Wirtschaftsminister Arnaud Montebourg, Galionsfigur des linken Sozialistenflügels, verglich Merkel sogar einmal mit Reichskanzler Bismarck. Attacken aus dem Nachbarland ist Merkel also schon gewohnt, entsprechend reagierte ihr Sprecher Steffen Seibert am Montag mit einem Schulterzucken auf Mélenchons „Maul zu“-Tweet. Selbstverständlich gelte für den Linkspolitiker die „Meinungsfreiheit“, sagte Seibert, vielleicht wäre aber eine „freundlichere Formulierung möglich gewesen“.
Französische Reform
Dabei gibt es auch in der Regierung in Paris Unmut über das Merkel-Interview. „Wenn man bei den (französischen) Sozialisten Applaus bekommen will, muss man auf Deutschland einschlagen“, sagte ein namentlich nicht genannter französischer Minister dem Sender Europe 1. „Bei der CDU ist das genauso: Auf Frankreich einzuhauen funktioniert in Deutschland sehr gut.“ Auch Finanzminister Michel Sapin wollte hinter Merkels Äußerung vor allem innen- und parteipolitisches Kalkül sehen – schließlich habe sich die Kanzlerin kurz vor dem CDU-Parteitag in Köln geäußert. Er betonte zugleich: „In Frankreich machen wir Reformen nicht, um diesem oder jenem europäischen Politiker eine Freude zu machen, sondern weil sie für Frankreich notwendig sind.“ Eine solche Reform wird die Regierung schon am Mittwoch vorlegen: Ein neues Gesetz, verantwortet vom jungen Wirtschaftsminister Emmanuel Macron, soll unter anderem die Zahl der verkaufsoffenen Sonntage von derzeit fünf auf bis zu zwölf im Jahr erhöhen, den Fernbussektor liberalisieren, die Arbeitsgerichtsbarkeit verbessern und für mehr Konkurrenz bei geschützten Berufen wie Anwälten und Notaren sorgen.
Frankreich sei „auf dem richtigen Weg“, lobte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) am Montag in Brüssel. Dass er zuvor in einem Interview Merkels Führungsstil mit den Worten gewürdigt hatte, dieser sei „nicht so hurra-mäßig wie bei Napoleon – aber erfolgreicher“, war wohl keine Spitze gegen Frankreich. Jedenfalls hat Mélenchon bisher nicht auf Twitter reagiert.
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