„Männer halten länger durch“

„Männer halten länger durch“
(dpa/Symbolfoto)

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Belgien eröffnet in Kürze das erste "Fluchthaus" für Männer, die Opfer häuslicher Gewalt geworden sind. In Luxemburg steht seit 2012 die Vereinigung "InfoMann" den Männern zur Seite.

Frauenhäuser sind mittlerweile Realität. Dass auch Männer unter ähnlichen „Dämonen“ leiden können, ist bekannt. „Fast immer sind es Beziehungsprobleme, die Männer zu uns führen“, erklärt Francis Spautz, Leiter der Vereinigung „infoMann“ gegenüber Tageblatt.lu. Darunter falle auch häusliche Gewalt, berichtet der Psychologe.
In Belgien wird im März das erste sogenannt „Männer-Fluchthaus“ seine Türen öffnen, schreibt die Zeitung „De Morgen“. Einer von 20 Belgiern ist demnach Opfer von häuslicher Gewalt. Die Gründe dafür seien meistens Homosexualität oder eine Partnerin aus einer anderen Religionsgemeinschaft. Und in Luxemburg?

InfoMann
5, Cour du Couvent, L-1362 Luxemburg
Tel.: 274 965 / Fax: 274 965 65 / E-Mail: info@infomann.lu
Von montags bis freitags von 9.00 bis 17.00 Uhr geöffnet
(Konsultationen nur mit Termin)
www.acttogether.lu

„Eine Unterkunft nach dem Vorbild der Frauenhäuser gibt es in Luxemburg nicht“, erklärt Francis Spautz. „InfoMann“ kann aber in Zusammenarbeit mit anderen Einrichtungen die Betroffenen für eine kurze Zeit unterbringen, berichtet der Psychologe.
Beziehung, Job, Zukunft
Aus welchem Grund suchen Männer Hilfe bei „InfoMann“? Francis Spautz holt aus: In den meisten Fällen handele es sich um Beziehungsprobleme und die übliche Gewaltspirale, die daraus entsteht. Streit, Handgreiflichkeiten – „das kommt vor“, stellt der Psychologe nüchtern fest. Darüber hinaus sind es Probleme im Job, wie z. B. Burnout, die Männer Hilfe suchen lassen. Nicht nur nach einer gescheiterten Beziehung stelle sich auch für Männer die Frage nach dem Sinn des Lebens. „Selbst Männer fragen sich, wie es weitergehen soll“, schiebt Spautz nach.

170 Beratungen

Überhaupt zeichne sich bei Männern ein Umdenken in dem Sinne ab, was es bedeutet, heute ein Mann zu sein. Als 2012 „InfoMann“ gegründet wurde, suchten wenige die Vereinigung auf. 2013 und 2014 gab es jeweils 170 Beratungen. Und seit Kurzem ist die Nachfrage explodiert. „Spektakulär, wie viele neue Anfragen wir jetzt bekommen“, berichtet Francis Spautz nicht ohne Stolz. „Männer halten länger durch“, so Spautz im Hinblick auf die gefestigten Bilder zur Rolle des Mannes. Nicht weinen, keine Schwächen und Gefühle zeigen, in jeder Lebenslage Stärke beweisen, „bis es irgendwann nicht mehr geht“.

Frauen haben ihre Rollenbilder in den letzten Jahrzehnten hinterfragt und sind für Gleichberechtigung eingetreten, manche Männer müssen erst lernen, ihre Rolle zu hinterfragen, gibt Francis Spautz zu bedenken. Es sei legitim, dass Frauen für Gleichbehandlung einstehen, aber auch Männer tun gut daran, sich an der gesellschaftlichen Debatte zu beteiligen, „Da gibt es noch viel zu tun“, so der Psychologe.

Schnelle Hilfe

„In Luxemburg gibt es neun Frauenhäuser, die von verschiedenen Trägern geleitet werden“, erklärt gegenüber Tageblatt.lu Joëlle Schranck von „Femmes en détresse“. Der Aufenthalt in den Hilfseinrichtungen für die Opfer von häuslicher Gewalt ist meistens auf vier Monate begrenzt. Manchmal kann es auch länger dauern, bis eine Frau beispielsweise eine bezahlbare Wohnung findet und das Frauenhaus verlässt. „Aber zunächst kommt es auf eine schnelle Hilfe an, die bieten wir den Frauen in der Notsituation“, erklärt Schranck.