/ Macron ist Frankreichs neuer Präsident

(AP/Christophe ena)
Emmanuel Jean-Michel Frédéric Macron wächst zusammen mit seinem Bruder und seiner Schwester in einer bürgerlichen Familie ohne wirtschaftliche Schwierigkeiten auf. Der Vater ist Neurologe, die Mutter ärztliche Beraterin der Sozialversicherung. Prägende Figur aber ist die Großmutter, Leiterin einer Mittelschule (collège). Sie führte ihn zum politischen Engagement und legte die Grundlagen zu seiner politischen Reflektion, schreibt Macron in seiner Kurzbiographie.
Emmanuel Macron kommt laut jüngsten Umfragen auf 65,1 Prozent, Marine Le Pen auf 34,9 Prozent der Stimmen. Die Wahlbeteiligung liegt bei 75 Prozent.
Der junge Macron erhält seine Ausbildung in einer Jesuiten-Schule in Amiens, „La Providence“. Hier lernt er in einem Theaterkurs Brigitte Trogneux, Lehrerin für Französisch und Theater, kennen. Der 15-Jährige verliebt sich in die 24 Jahre ältere Frau. Um einen Skandal zu vermeiden, schicken die Eltern ihn nach Paris, wo er das Gymnasium Henri IV besucht und auch das Abitur ablegt. Eine Darstellung, die die Mutter im Gespräch mit Macrons Biografin Anne Fulda zurückweist. Man habe unter dem Skandal geächzt, ihn aber nicht gedrängt, Amiens zu verlassen, sagt sie. Der Vater spricht von einem offiziellen Bild, das man rund um Emmanuel gestrickt habe. Tatsächlich soll ihm Brigitte Trogneux, die er 2007 heiraten wird, geraten haben, zu gehen, um ihn und sich zu schützen.
Glückliche Jugend
Emmanuel Macron hat seine Jugend „voll mit Lesen, mit Begegnungen, mit Entdeckungen“ verbracht. Er habe Glück gehabt, schreibt er. Zu der glücklichen Jugend gehört, dass seine Interessen belohnt werden. Mit 16 Jahren gewinnt er einen Wettbewerb in der französischen Sprache, danach den dritten Preis im Klavierspiel am Konservatorium in Amiens. Das sagt viel über den Musikgeschmack von Macron aus. Seine Frau wisse mehr als er über das, was angesagt sei, erzählt er. Er selbst ist eher der Tradition zugewandt. Léo Ferré oder Brassens zum Beispiel.
Nach dem Abitur studiert Macron Philosophie in Straßburg an der Hochschule für politische Wissenschaften (Science Po), schreibt seine Magister-Arbeit über Macchiavelli, sein Diplom erhält er für eine Arbeit über Hegel. In der nachfolgenden Studienzeit an der Hochschule für Verwaltungswissenschaften (ENA) gehört er dem Jahrgang von Léopold Sédar Senghor an, senegalesischer Schriftsteller, Dichter und Staatspräsident. Das passt zu seiner Ausbildung und zu seinen Neigungen. Macron ähnelt hier dem verstorbenen Staatspräsidenten François Mitterrand und ist eher als Literat anzusehen.
„Er saugt Menschen aus“
Aber auch das täuscht. Biografin Anne Fulda, gleichzeitig Autorin bei der Tageszeitung „Le Figaro“, stellt fest, dass Macron eine Schwäche für ältere Menschen und deren Erfahrungen hat. „Er saugt Menschen aus“, sagt ein Kommilitone bei der ENA. Diese Neigung zahlt sich aus. In einer „Kommission zu einer Neu-Erfindung Frankreichs“ wird Macron Sekretär und lernt die Entscheider Frankreichs kennen. Einer davon, Jean Pierre Jouyet, wird unter Staatspräsident Hollande Generalsekretär im Elyséepalast und holt den jungen Mann als seinen Stellvertreter und Wirtschaftsberater des Präsidenten in den Palast der Madame Pompadour, der heute das Zentrum der französischen Politik ist.
Macron, der Mann mit dem jungenhaften Gesicht, der freundliche Mensch, der immer lächelt, hat eine andere Seite. Er ist ein unabhängiger Geist, ein Schnelldenker mit scharfem Denkvermögen, der Menschen gut einschätzt und der mit seinen Reaktionen überrascht. Er würde gerne Wirtschaftsminister werden, teilt er dem Staatspräsidenten mit. Als der stattdessen Arnaud Montebourg ernennt, kündigt Macron und geht. Als er bei der nächsten Umbildung des Kabinetts Wirtschaftsminister wird, schafft er sich Freiräume, die das Kabinett entsetzen. Die Terroristen, die Frankreich in Angst und Schrecken versetzen, seien Franzosen, die in der französischen Gesellschaft groß geworden seien, erzählt er beim Jahresempfang für die französische Presse und verletzt damit ein Tabu. Macron steht für solche Aussagen wie auch später, als er in Algerien erklärt, dass es Menschenrechtsverletzungen durch Frankreich in Algerien gegeben habe. Auch hier steht Frankreich Kopf, aber Macron begründet in einer Fernsehsendung und weicht nicht zurück.
Er lässt Le Pen in die Falle laufen
Der Schnelldenker, der seiner Frau zufolge messerscharf reagieren kann, lässt in der entscheidenden Fernsehdiskussion vor der Präsidentenwahl seine Rivalin Marine Le Pen in die Falle laufen. Als die erklärt, wie sie sich das mit dem Euro vorstellt, wird der Schauspieler in Macron wach. Mit einem Spiel der Augenbrauen, leicht ironischen Fragen und mit freundlichem Lächeln oder Grimassen bringt er Marine Le Pen dermaßen aus dem Konzept, dass die nur fauchen kann, er möge sein professorales Gehabe einstellen. Es ist diese Szene, in der Macron aus absoluter Souveränität heraus Amüsement spielt. Er stürzt die Rechtsradikale gnadenlos in den Abgrund und gewinnt die zweistündige Diskussion.
Wer ist dieser neue Staatspräsident in Frankreich? Ein Napoleon, heißt es, weil er auftaucht, wo eine ganze Generation von Politikern wie Alain Juppé, François Fillon oder auch Nicolas Sarkozy aus der politischen Arena in den Ruhestand gehen, aber niemand unter den 40- bis 50-Jährigen über die Persönlichkeit und den Mut verfügt, überzeugend an die Spitze des Staates zu treten. Macron hingegen hat die Gelegenheit genutzt. Er hat strategisch drei Jahre daran gearbeitet, hat sein Ministeramt niedergelegt und schied aus dem Staatsdienst aus, als er seine Bewegung „En marche!“ gegründet hat. Macron, der vor knapp 15 Monaten noch unbekannt war, ist seit Sonntag der gewählte achte Staatspräsident der fünften Republik. Die Person selbst ist allerdings hinter einem Schleier verborgen geblieben. Die Öffentlichkeit hat immer nur den freundlichen, lächelnden jungen Mann gesehen, der sich keiner Diskussion verweigert. Dahinter aber, so seine Frau, verbirgt sich auch ein Mann, der einen Kern hat, an den er niemanden heranlässt. Aus seiner Umgebung heißt es, dass Macron sich mit vielen Menschen umgibt, dass er aber am Ende sich selber genüge. Eigenschaften, die Entscheider charakterisieren.
- 35,4 Grad! Neuer Hitzerekord in Luxemburg - 23. Juni 2017.
- Erster Waldbrand in Luxemburg - 22. Juni 2017.
- Vier Gemeinden sagen Feuerwerk ab - 22. Juni 2017.