Luxemburger Delegation geht auf Zeitreise

Luxemburger Delegation geht auf Zeitreise
(Luxpress)

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Während der erste Tag der Wirtschaftsmission in Korea ganz im Zeichen der Wirtschaftsbeziehungen und des Kontakteknüpfens stand, stand am zweiten Tag – neben der Vertiefung der Wirtschaftsbeziehungen – auch die Vergangenheit auf dem Programm.

Eine Autostunde nördlich von der südkoreanischen Hauptstadt Seoul befindet sich die entmilitarisierte Zone (DMZ). Sie wurde nach dem Koreakrieg im Jahre 1953 errichtet und teilt die Halbinsel in Nord- und Südkorea. Dorthin begab sich die Luxemburger Delegation am Dienstagmorgen.

Unterwegs verändert sich die Landschaft.
Nach den Hochhäusern, Auto- und Menschenmassen der Millionenmetropole Seoul führt der Weg Richtung Norden durch eine eher landwirtschaftlich geprägte Region. Dass es keine „normale“ Region ist, wird wegen immer mehr Stacheldraht und militärischen Wachposten ersichtlich. Auch steht alle paar Kilometer Material am Straßenrand, mit dem sich der Weg im Notfall schnell sperren lässt. Dass das Material bereits Rost angesetzt hat, hat nichts zu bedeuten. Der Krieg zwischen Nord- und Südkorea, der vier Millionen Menschen das Leben gekostet hat, ist nicht beendet. Es besteht zwar ein Waffenstillstandsabkommen – ein echter Friedensvertrag wurde aber nie unterschrieben.

Die DMZ ist etwa vier Kilometer breit. In ihrer Mitte verläuft die militärische Demarkationslinie, die Grenze zwischen Nord- und Südkorea. Über die Einhaltung des Waffenstillstands wacht eine Kommission im Auftrag der Vereinten Nationen. Der Eintritt in die DMZ ist nur mit ihrer Erlaubnis und unter Einhaltung gewisser Auflagen möglich.

Vor dem Betreten der DMZ erklärte ein US-Soldat der Luxemburger Delegation die Geschichte und wünschte den Besuchern „viel Spaß. Hier können Sie die Teilung von Ländern noch live erleben“. Den Weg dürfe man aber nicht verlassen, meinte er. „Es liegen etwa zwei Millionen Minen rum.“ Interessant sei jedoch, dass die meisten der 270 Wachtürme des Norden gar nicht gegen Süden schauen würden, sondern gegen Norden. Alles erinnere an den eisernen Vorhang im Kalten Krieg in Europa.

Der Koreakrieg war das erste Ereignis in der Geschichte, das die Vereinten Nationen zur Verteidigung eines Landes veranlasste. 17 Länder – darunter auch Luxemburg – waren dem Aufruf gefolgt und entsendeten Soldaten zur Verteidigung des Südens. Südkorea ist bis heute spürbar dankbar für diese Hilfe.
Insgesamt 85 Luxemburger kämpften damals auf der Seite des Südens – zwei wurden getötet, 13 wurden verletzt. Im Laufe des Nachmittags besuchten Vize-Premierminister Etienne Schneider, Transportminister François Bausch, Erbgroßherzog Guillaume und seine Frau Stéphanie (die am Dienstag in Korea ankam) dann auch ein Mahnmal des Koreakrieges sowie eine Gedenkstätte, die unter anderem an die Luxemburger Hilfe erinnert.

Zurück zur DMZ: In Sonderbussen und mit militärischem Begleitschutz rückte die Delegation – wie rund 100.000 andere Besucher pro Jahr – in die DMZ vor. Mitten in der Zone, direkt an der Demarkationslinie, liegt der kleine Ort Panmunjeom. Hier wurde 1953 der Waffenstillstand unterschrieben.

Panmunjeom wird auch heute noch als Verhandlungsstandort genutzt. Auf der einen Seite der Linie stehen Gebäude mit US- und südkoreanischen Soldaten, auf der anderen Seite stehen die Nordkoreaner. Zwischen beiden, direkt auf der Linie, befinden sich mehrere kleine blaue Baracken, die als Verhandlungsstandort genutzt werden können. Die Delegation konnte sich somit – in einer der Baracken – bis zu fünf Meter auf nordkoreanisches Territorium vorwagen.

Der ganze Schauplatz erscheint surreal: Als die Luxemburger Delegation an der Linie stand, nach Norden schaute und Fotos schoss – stand gegenüber eine ebenso große Delegation nordkoreanischer Besucher, die nach Süden schauten und Fotos machten. Dazwischen noch einige Soldaten.

Vom Aussehen her erinnerte die nordkoreanische Delegation an kommunistische Parteifunktionäre und Generäle aus der Zeit Stalins. Es ist, als sei die Zeit stehen geblieben. Trotzdem ist die Stimmung nicht entspannt. Hinter der DMZ stehen auf beiden Seiten tausende Soldaten, bereit für den Ernstfall. Und ernsthafte Zwischenfälle gab es seit 1953 immer wieder.

Weiter wird den Besuchern der Zone ein Blick auf ein nordkoreanisches „Propaganda-Dorf“ gestattet. Auf der südlichen Seite fallen dabei die vielen neuen, glänzenden Mähdrescher auf, die auf den Feldern herumstehen. Auch zu sehen gibt es die „Brücke ohne Wiederkehr“, wo 1953 Kriegsgefangene ausgetauscht wurden – und diese sich endgültig für die eine oder andere Seite entscheiden mussten. Seitdem wird die Brücke von der Natur zurückerobert.

Bereits am Tag vorher hatte Erbgroßherzog Guillaume in einer Rede an die Soldaten aus Luxemburg erinnert, die dem Aufruf der Vereinten Nationen gefolgt waren.

Korea und Luxemburg „wissen, was Erniedrigung und Aggression bedeutet“, so der Erbgroßherzog. „Beide kennen den wahren Wert des Friedens“, und beide haben es geschafft – dank des freien Handels – Wohlstand in ihren betreffenden Ländern zu schaffen. „Ich hoffe, wir können aus den Fehlern der Vergangenheit lernen.“