Wissen, wo man herkommt

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Carlo Parries ist Mediziner. Er arbeitete beim „Contrôle médical“. Nach dem Tod einer Tante wollte er mehr wissen über seine Herkunft. Er recherchierte während etwa 13 Jahren. Vor einigen Monaten präsentierte er das Resultat seiner Forschungen. Das Tageblatt sprach mit dem Autor des Buches „Les Parries au Luxembourg“.

Tageblatt: Wie kamen Sie auf die Idee, ein Buch über Ihre Familie zu verfassen?

Carlo Parries: Nach dem Tod einer Tante stellte ich mir die Frage, woher mein Familienname eigentlich herstammt. Ich fragte bei Familienmitgliedern nach, forschte in den Archiven meiner Heimatgemeinde Beckerich nach und wurde fündig. Ich schaffte es, meine Familienlinie bis ins Jahr 1797 zurückzuverfolgen. Danach suchte ich in den Nationalarchiven weiter, wühlte mich durch Massen von Mikrofiches und konnte den Namen meiner Familie bis ins Jahr 1717 zurückverfolgen. Die Suche war schwierig, weil durch Heiraten der Name manchmal änderte und damals oft nur die Namen der Männer in vielen Dokumenten, wie den Pfarrakten, auftauchten.

Am Anfang hatte ich jedoch nicht die Absicht, ein Buch zu schreiben. Ich machte das für mich. 2016 dann dachte ich aber, dass es schade wäre, die Resultate meiner Suche einfach im Keller verschwinden zu lassen. Ich wollte vielleicht auch mit einer Ära abschließen. Damals drehte sich der Alltag quasi ausschließlich um die Familie und das Dorf. Als ich 1949 geboren wurde, lebte man in den kleinen Dörfern fast noch wie im 19. Jahrhundert. Das wollte ich darstellen und aufbrechen. Eine Veröffentlichung des Stammbaumes z.B. auf Internet ist jedoch nicht vorgesehen.

Was unterscheidet Ihrer Meinung nach Ihr Buch von anderen, ähnlichen Werken?

Als ich das Buch verfasste, kannte ich nicht viele Bücher über die Genealogie. Im Regelfall handelte es sich dabei aber um eine Zusammenstellung von Akten, vor allem Geburts-, Heirats- und Sterbeurkunden aus den Pfarreien und Gemeindedokumenten. Diese Herangehensweise, um einen Stammbaum aufzustellen, ist aber überlebt, glaube ich. Man muss didaktischer, anschaulicher, übersichtlicher vorgehen und das Gefundene in seinen Kontext stellen. In meinem Buch versuche ich den Hintergrund zu beleuchten, die Verbindung zwischen den verschiedenen Familienmitgliedern zu erörtern. Nur Akten zu publizieren, interessiert die jungen Leute heutzutage nicht mehr. Deshalb habe ich Fotos hinzugefügt. Neben der Tatsache, dass auf diese Weise die alten Familienfotos aufgewertet werden, übermitteln die Bilder Informationen und regen zum Gedankenaustausch an. Mein Buch soll nicht nur meine Familie ansprechen, sondern auch ein lokalhistorisches Dokument sein. Auf den Fotos wird nämlich das Leben von anno dazumal geschildert und die Entwicklung des Dorfes veranschaulicht.

Haben Sie Überraschungen im Laufe Ihrer Forschungen erlebt?

So einen richtigen „Aha-Moment“ gab es da nicht. Leider. (grinst) Aber ich war immer hochzufrieden, wenn ich wieder eine Information über meinen Namen oder meine Herkunft gefunden hatte. Das stachelte mich an, weiterzusuchen. Auf diese Weise erweiterte ich meine Suche immer weiter. Das Resultat betrifft so schlussendlich nicht mehr nur alleine meine Familie, sondern ein ganzer Teil des Dorfes Beckerich. Im Buch sind mehr als 300 Fotos und über 1.400 Namen auf 240 Seiten zu finden.

Eine Enttäuschung musste ich aber auch erleben. Die Akten vor 1717 der Pfarrei von Hostert sind einem Feuer zum Opfer gefallen. Also beschloss ich, das Bistum zu kontaktieren, um nachzufragen, ob Kopien der Dokumente existieren. Ich bekam aber leider nie eine Antwort. Durch diese Dokumente hätte ich meine Suche aber wahrscheinlich bis in die Mitte des 17. Jahrhunderts weiterführen können. Dabei sind diese Dokumente Teil der öffentlichen Domäne.

Solch ein Buch zu verfassen, ist nicht leicht. Wie sah Ihre Strategie aus?

Um ehrlich zu sein, ich hatte gar keine. (lacht) Meine Suche entwickelte sich nach und nach. Ich recherchierte nach meiner Arbeit, während meiner Freizeit oder in den Ferien. Ich besuchte immer wieder in die Nationalarchive. Es war viel Arbeit, denn ich begnügte mich nicht nur, die Informationen zu sammeln, sondern ich kontrollierte sie auch und legte viel Wert auf sog. „informations primaires“ (Informationen aus erster Hand). Auf diese Weise fand ich auch einige Fehler in bestehenden Stammbäumen. Vor allem aber sprach ich mit enorm vielen Menschen. Sie lieferten mir Informationen, gaben mir Fotos … Parallel suchte ich auf Internet, in diversen Archiven, in den Gemeinden, in den Pfarreien, sogar auf Friedhöfen. Es war schon stressig. Zum Schluss arbeitete ich auch mit der Luxemburger Ahnenforscher-Vereinigung „luxroots“ zusammen. Diese hat eine immense Sammlung an interessanten Daten. Insgesamt dauerten meine Forschungen von 2003 bis 2016.

Das heißt, Sie haben keine Spur und Informationsquelle ausgelassen?

Nein, nicht ganz. Ich hätte die Möglichkeit gehabt, in der Nationalbibliothek die Zeitungsanzeigen zu durchstöbern. Meine Recherchen waren nicht ganz einfach, wegen des Datenschutzes. Die Informationen sind während hundert Jahren geschützt, es sei denn, die betroffenen Personen veröffentlichen sie selbst. Wie eben Anzeigen. Das hätte mir wahrscheinlich erlaubt, mehr rezente Daten zu finden.

Dann gab es manchmal Probleme, weil verschiedene Menschen nicht in einem Buch genannt werden wollten. Auch fand ich heraus, dass ein Teil der Familie nach Kanada oder in die USA ausgewandert waren. Über die Auswanderer habe ich jedoch nur begrenzte Angaben veröffentlicht.

Wie fanden Sie einen Verleger, der Ihr Werk druckte?

Das war ein reelles Problem. Ich will hier eine Lanze brechen, für alle kleinen Buchautoren, die ihr Werk der Öffentlichkeit zugänglich machen wollen. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass viele Verleger eher zurückhaltend reagieren, wenn man bei ihnen erscheint und lediglich eine kleine Stückzahl drucken lassen will. Schließlich fand ich aber einen Verleger: Print Solutions. Es wurden 250 Exemplare gedruckt. Davon sind im Augenblick etwa 80 übrig. Die Gemeinde Beckerich, um die es in dem Werk hauptsächlich geht, hat mir aber 20 Exemplare abgekauft. Die Finanzierung des Drucks stellt für die sog. „kleinen Autoren“ ein Problem dar. Oft muss er ihn selbst zahlen. Eine Hilfe des nationalen Kulturfonds wurde mir leider verwehrt.

Wie machten Sie Werbung für Ihr Buch?

Das Layout gehört ja auch zur Werbung. Ich griff da auf die Dienste von Professionellen zurück. Jérôme Boor leistete hervorragende Arbeit, finde ich. Auf dem Weihnachtsmarkt von Beckerich (9. und 10. Dezember 2017), den Buchbörsen in Niederanven (20. Januar), Vichten (5. März) und Ettelbrück (11. März) stellte ich mein Buch mit Erfolg vor. Auch auf den „Walfer Bicherdeeg“ will ich dafür werben. Großen Anklang fand auch der „Tag der offenen Tür“ bei mir zu Hause in Cessingen.

Was denken Sie über die Ahnenforschung im Allgemeinen?

Wie gesagt, sie muss attraktiv und anschaulich sein, um ein Maximum an Leuten zu erreichen. Auch die neuen Technologien spielen dabei eine bedeutende Rolle. In den USA setzt sich zurzeit die DNA-Methode durch, um die Familienzugehörigkeit festzustellen. Das ist nicht gut, weil diese Taktik nur ein teilweises Bild der Familienzusammensetzung ergibt. Ich setze deshalb nach wie vor auf den „état civil“, um einen Stammbaum zu erstellen. Die Ahnenforschung soll Leute zusammenbringen. Aber man muss sich auch bewusst sein, dass sie auch Personen, die nicht zur Familie gehören, ausschließt.

Ist eine Fortsetzung geplant oder ein anderes Buch?

Nein, im Augenblick nicht. Ich habe zwar vor kurzer Zeit weitere Informationen aus den USA erhalten, könnte auch, wie zuvor erklärt, Zeitungsanzeigen verarbeiten, aber für eine Neuauflage oder ein neues Buch reicht es nicht. Darin müssten mindestens 50 Prozent neue Informationen enthalten sein. Und wie gesagt, wird solch ein Buch teurer. Zudem müsste ich wissen, wer das Buch gekauft hat, um Werbung für ein Folgewerk machen zu können. Das ist aber unmöglich.

MParries
16. Mai 2018 - 14.39

Super Arbecht Carlo, a villmols Merci fir dei super Asaatz