Wie Phönix aus dem Abfall

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Auf einem 25 Ar großen Grundstück zwischen der rue d’Audun und dem Boulevard J.F. Kennedy soll in den kommenden Monaten das Benu Village entstehen.

Georges Kieffer hat kürzlich beschlossen, seinen Job aufzugeben und sich selbstständig zu machen. Jahrelang hat der 50-Jährige im Bereich der IT-Beratung Erfahrung im Management und in der Personalführung gesammelt. Studiert hat er ökologisch orientierte Ökonomie. In diesem Bereich will er sich künftig wieder stärker engagieren.

Seit zwei Jahren arbeitet er zusammen mit einer zehnköpfigen Mannschaft aus Architekten, Kommunikationsberatern, Ingenieuren und Experten für soziale Entwicklung an der Entstehung des Projekts Benu. Benu ist der Name eines altägyptischen Totengottes, der in der Gestalt eines Vogels auftritt.

„Wir nehmen alles“

Benu (auf Englisch ausgesprochen: „Be new“) ist aber auch der Name eines Projekts, das sich zum Ziel gesetzt hat, ein lokales Eco Village in Esch aufzubauen. „Es wäre das erste dieser Art in einem Umkreis von 300 Kilometern“, erklärt Georges Kieffer gegenüber dem Tageblatt. Es gehe vorrangig um die praktische Umsetzung der Kreislaufwirtschaft. „Kreislaufwirtschaft im engeren Sinn“, betont Kieffer. Denn bei vielem, was heute mit diesem Begriff bezeichnet werde, laufe es ihm kalt den Rücken herunter.

„Wir nehmen alles, was – im weitesten Sinne – weggeworfen wird und bauen damit ein Dorf. Nicht ein Dorf, in dem man wohnen kann, sondern eine Plattform für professionelle Akteure. In diesem Dorf können sich dann Unternehmen niederlassen, die eine lokale, soziale und ökologisch verträgliche Tätigkeit ausüben“, erklärt Georges Kieffer das Konzept von Benu.

Zusammen mit seinen Mitstreitern hat er eine Charta erstellt, die festlegt, dass sie ihre Angestellten korrekt bezahlen und die Menschen um sie herum miteinbeziehen. Dazu gehören sowohl interessierte Normalbürger als auch Angehörige gesellschaftlich marginalisierter Gruppen.

Baubeginn frühestens Ende 2018

Die ökologischen Standards bei Benu seien hoch, betont Kieffer. Einweg- und überflüssige Produkte seien tabu; Ziel sei es, so wenig Müll wie möglich zu produzieren, auch und vor allem durch die Wiederverwendung von Abfall im Kreislaufsystem.

Im Moment existiere formell eine gemeinnützige Vereinigung mit dem Namen „Benu Village Esch asbl.“, die die Implementierung des Eco Village ermöglichen soll. Georges Kieffer ist ihr einziger Angestellter und zuständig für die Verwaltung des Projekts. Ein Vorstand sorge dafür, dass die Zuschüsse sauber verwaltet werden. Die Stadt Esch hatte bereits in ihrer Haushaltsvorlage 2017 300.000 Euro vorgesehen. Auch das Ministerium für nachhaltige Entwicklung und Infrastruktur habe Zuschüsse in Aussicht gestellt.

Das 25 Ar große Gelände befindet sich hinter dem Haus auf dem nebenstehenden Bild und grenzt im hinteren Bereich an das Viadukt. (Foto: Luc Laboulle)

Die Escher Gemeinde hat ebenfalls ein 25 Ar großes Grundstück zur Verfügung gestellt. Es liegt zwischen der rue d’Audun und dem Boulevard Kennedy. Hier soll das Benu village frühestens Ende 2018 gebaut werden. Es soll als Bindeglied zwischen den Vierteln Brill und Grenz fungieren. Das Haus 32 in der rue d’Audun, das Teil des Grundstücks ist, sei nicht mehr in einem guten Zustand. Eine Renovierung sei zu kostenaufwändig, deshalb soll es „kreativ“ in das Projekt integriert werden.

Das Grundstück auf der Grenz sei ein Startpunkt. Alternativen für einen möglichen Ausbau würden bereits diskutiert. Ursprünglich war geplant, das Village mit entsorgten Schiffscontainern zu bauen. Diese Idee gebe es noch, doch man wolle erst den ökologischen Fußabdruck für den Transport und die Isolation der Container ausrechnen. Daneben würden noch andere Methoden geprüft.

Kleider und Restaurant

Zur Weiterentwicklung des Projekts gehört auch die Gründung einer „Société à impact sociétal“ (SIS). Ihr Ziel sei einerseits der Aufbau des Village und andererseits seine Verkaufsförderung. Auch die Konzepte Kreislaufwirtschaft, „cradle to cradle“ und Upcycling sollen auf diese Weise beworben werden.

Das Haus Nummer 32 in der rue d’Audun gehört mit zum Inventar. Es soll „kreativ“ eingebunden werden. (Foto: Luc Laboulle)

Später soll aus dem Village dann zwar „keine Belle Etoile“, aber eine Plattform für unterschiedlichste Berufsgruppen in diesen Bereichen entstehen. Interessenten gibt es schon. Seit ein paar Monaten arbeite man mit einem Restaurateur zusammen, der ganz konkret daran interessiert sei, im Benu-Dorf ein innovatives Restaurant zu eröffnen, verkündet Georges Kieffer. Dort sollen saisonale, lokale und ökologische Produkte für eine feine, facettenreiche Küche verwendet werden.

Eine weitere Gesellschaft, die Kieffer selbst ins Leben ruft, will Kleidung im Upcycling-Prozess in Luxemburg produzieren. Dabei werden keine Stoffe, sondern vorrangig Altkleider verwendet. „Wir werden unsere Angestellten nicht ausbeuten, wie es die großen Handelsketten tun“, betont Kieffer. Die Kleidung soll modern sein und in Serienproduktion hergestellt werden.

Ein sehr positives Feedback

Esch könnte also künftig zu einem Zentrum der Kreislaufwirtschaft werden. Man habe sich im Vorfeld an mehrere Standorte in Luxemburg und der Großregion gewendet, erzählt Georges Kieffer. Monatelang sei er umher getingelt und habe mit Verantwortlichen geredet. „In Esch war die Situation ziemlich klar. Wir haben sofort ein sehr positives Feedback erhalten, weil sich die Stadt mit der Idee der Kreislaufwirtschaft und der nachhaltigen Stadtentwicklung identifizieren konnte“, berichtet Kieffer. „Wir hoffen, dass das unter dem neuen Schöffenrat weiterhin der Fall ist“. Doch er ist zuversichtlich, denn im Koalitionsabkommen der schwarz-grün-blauen Mehrheit steht explizit: „Pilotprojekte im Bereich ‚économie circulaire‘ sollen entwickelt, unterstützt und umgesetzt werden.“

„Wir sind etwas in Eile und wollen relativ schnell zu Resultaten kommen“, betont Kieffer. Bis etwas Greifbares entsteht, könnte es aber noch dauern. Erst wolle man die Aktivitäten lancieren, danach beginne die Planungsphase für die Entstehung des Village. „Wie kommen wir an Wasser? Wie optimieren wir Energieproduktion und -konsum? Welche Baustoffe verwenden wir? Welche Berufsgruppen brauchen wir?“ So lauten die Fragen die sich den kommenden Monaten stellen werden. Anschließend beginnt die Vorbereitungsphase. Entscheidungen werden getroffen, Verträge unterzeichnet und Tests durchgeführt. Aus der Konstruktion soll am Ende ein Kunstwerk werden. Einige Künstler seien bereits mit im Boot.

Georges Kieffer
2. Dezember 2017 - 14.11

Kleine Ergänzung hierzu: Die Ressourcenschonung gehört zu den zentralen Themen der Projektkonzeption. Hierzu gehören Wasseraufbereitung, lokale Energieherstellung und -nutzung, Wiedereinführung von vermeintlichen Abfallprodukten mit dem strategischen Ziel des annähernden ZeroWaste. Ein EcoVillage im konsequenten und engeren Sinn.