/ Wenn der Hund zur Billigware wird
LUXEMBURG – Der kleine Jack Russel wurde auf den Namen Amadeus getauft. Zwei Wochen später war Amadeus tot. Wie sich herausstellte, hatte Amadeus eine hochansteckende Viruserkrankung. Auch die Tierärztin konnte ihm nicht mehr helfen. Ehe die Familie den putzigen Welpen ganz spontan auf diesem Markt im benachbarten Ausland gekauft hatte und sich freute, hatte Amadeus in seiner kurzen Lebenszeit schon viel Leid erlebt.
Die Geschichte von Amadeus ist erfunden, steht aber für andere, die sich so oder ähnlich zutragen. Wie diesem Welpen ergeht es jedes Jahr vielen jungen Hunden.
Denn: Die Nachfrage nach billigen Rassehunden steigt. Dubiose Geschäftemacher und skrupellose Züchter nutzen diesen Umstand aus. Wie Tierschützer wissen, werden die Junghunde aus Osteuropa, primär aus Polen, Ungarn und Tschechien, importiert, in den anderen Ländern jedoch als nationale Züchtungen ausgegeben. Allein in Tschechien werden, Schätzungen zufolge, jedes Jahr über 30.000 Hunde gezielt für den Export gezüchtet.
Wichtigster Punkt: Die Tiere werden sehr billig angeboten – und genau dieser Umstand lockt die Käufer. Über Internet oder mittels Zeitungsinseraten werden die Welpen feilgeboten – bevorzugt aktuelle Moderassen. Manche Verkäufer bieten sogar Hauslieferung an und Mengenrabatt. Dabei wird Geld verdient. Bei einem Einkaufspreis von 20 bis 30 Euro werden die Rassehunde zu scheinbaren „Schnäppchenpreisen“ von 200 bis 300 Euro verschachert – neben Internet und via Anzeigen bei unseren Nachbarn auch direkt auf Märkten, Parkplätzen oder sogar Autobahnraststätten.
Kommerzielle Massenzucht
Hinter alldem steckt mehr als ein paar gierige Züchter, die den schnellen Reibach machen wollen: nämlich eine geradezu kommerziell ausgerichtete Massentierzucht. In osteuropäischen Ländern werden, so wissen Tierschutzorganisationen, die Hunde in ausgewirtschafteten Bauernhöfen oder auf Hinterhöfen gezüchtet. Die Elterntiere werden dauerhaft miteinander gepaart. Die Tiere hausen unter erbärmlichsten Bedingungen.
Anderer Natur, aber nicht weniger grausam, sind jene Hundefabriken, wie es sie in Belgien und in den Niederlanden gibt. Zu Dutzenden werden die Tiere in hallenartigen Gebäuden eingesperrt, Fütterung und Tränkung erfolgen weitgehend automatisiert. Die Hündinnen in diesen Zuchtanstalten sind zu bloßen Gebärmaschinen degradiert, die ihr Leben lang trächtig sind. Wenn sie nicht mehr können, werden sie „entsorgt“ und es wird rasch Ersatz herangeschafft.
Aus solchen Verhältnissen stammen dann auch viele der besagten Welpen. Gerade mal ein paar Wochen alt, werden sie auf den Markt geworfen, mitunter sogar mit gefälschten Ausweisen und Impfpapieren. Geschwächt durch Krankheit, Haltung, Trennung und Transport werden sie im Kofferraum oder in Holzkisten durch halb Europa gekarrt, um dann unvorsichtigen Käufern angeboten zu werden.
Nicht wenige dieser Welpen sterben schon in den ersten Lebensmonaten, mahnen Experten. Denn in vielen Fällen seien die Tiere in Wirklichkeit weder entwurmt noch geimpft, trügen aber stattdessen eine Vielzahl Krankheiten in sich. Das Geld, das die neuen Hundehalter eigentlich einsparen wollten, müssen diese dann, um ein Vielfaches erhöht, für Tierarztkosten aufbringen. Nicht selten aber überleben die Tiere gar nicht – trotz intensiver ärztlicher Hilfe.
Auch die Folgen mangelnder Sozialisierung zeigen sich später bei den überlebenden Tieren. So manche Hunde entwickeln sich zu notorischen Dauerkläffern und neurotischen Angstbeißern. In manchen Fällen zeigen sie Verhaltensstörungen, die kaum mehr kurierbar sind, wissen Fachleute zu berichten.
Und in Luxemburg?
Auch in Luxemburg ist das Problem nicht unbekannt. Im Großherzogtum sind es allerdings weniger die niedrigen Anschaffungspreise, die auffallen. Vielmehr ist es hier die eigentliche Herkunft der jeweiligen Tiere, die öfters ins Visier von Tierschutzorganisationen gerät. Gewarnt wird deshalb auch bei uns davor, sich auf zweifelhafte Geschäfte einzulassen. Wie in dem Zusammenhang zu erfahren war, sollen die Behörden auch in Luxemburg bereits auf Händler aufmerksam geworden sein. Und auch reagiert haben. Allerdings: Die Erfahrungen der Vergangenheit haben auch gezeigt, dass die Gesetzgebung der Realität noch immer hinterherhinkt. Tierschützer beklagen deshalb die mangelnde Courage und die fehlende Aktionsbereitschaft auf legislativer und in Folge auf juristischer Ebene. Und das nicht nur bei uns, sondern auf EU-Niveau.
Also dreht sich die Maschine weitgehend ungestört weiter? Solange es Leute gibt, die glauben, auch Lebewesen im Sonderangebot erstehen zu müssen, und denen es egal ist, woher das Tier kommt, wird sie sich weiterdrehen und die Misere wird zunehmen. Diese Art von Handel wird nur dann unterbunden werden, wenn es keine Nachfrage mehr gibt. Solange gekauft wird, wird auch produziert. Die Tierfreunde selbst haben es also in der Hand.
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