Weniger Mahd entlang Luxemburgs Straßen?

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In den letzten Jahren hat es sich in Luxemburg eingebürgert, dass entlang vielen Straßen während der Vegetationsperiode systematisch gemäht wurde, so dass vielerorts eine Art englischer Rasen entstand.

Luxemburg – Diese Art der Bewirtschaftung lässt jedoch wenig Platz für Blütenpflanzen oder Tierarten wie Insekten, Spinnen etc. In einem gemeinsamen Pilotprojekt versuchen derzeit die Forst- und die Straßenbauverwaltung, die Artenvielfalt (Biodiversität) entlang einigen Straßen Luxemburgs zu fördern, so z.B. auf der Strecke Luxemburg-Echternach auf der Höhe von Altrier.
Eine solche Vorgehensweise hat zahlreiche Vorteile: Erstens wirkt sich ein kompletter Verzicht auf Herbizide (Gifte zum Abtöten von verschiedenen Pflanzen) vorteilhaft auf die menschliche Gesundheit aus, vor allem innerhalb der Ortschaften, wo Kinder spielen, und trägt auch zum Wasserschutz bei. Gerade in Luxemburg spielt der Gewässerschutz – und vor allem der Trinkwasserschutz – aufgrund der stark anwachsenden Bevölkerung eine immer wichtigere Rolle. Zweitens wird bei diesen Projekten vor allem auf das wiederholte Mähen verzichtet. Gräser und andere Pflanzen können sich wieder bis zur vollen Höhe entwickeln. Auch zusätzliche Arten schaffen es wieder, sich dort anzusiedeln und fortzupflanzen. Je nach Standort soll einmal alle fünf Jahre oder einmal pro Jahr nach dem 15. Juli gemäht werden. Das Prinzip der Mahd nach dem 15. Juli erlaubt es vielen Pflanzen, ihre Samen zu bilden, denen dies bei mehrmaliger Mahd pro Jahr nicht gelingen würde. Nach dieser einmaligen Mahd haben auch spät blühende Arten dann noch die Gelegenheit, im Herbst Samen auszubilden und sich so fortzupflanzen. Auf diese Art und Weise bleibt im Spätherbst und Winter das tote Gras stehen, was für eine große Zahl von Insekten wichtig ist.

Vielfalt an Gräsern und Blüten

Überhaupt zieht eine höhere Vielfalt an Pflanzenarten eine höhere Anzahl an Insektenarten mit sich, da sehr viele Insekten auf eine oder wenige Arten von Nahrungspflanzen spezialisiert sind: Konkret heißt dies, dass die Insektenart nur vorkommen kann, wenn die Nahrungspflanze vorkommt. Erste Inventare haben gezeigt, dass an Straßenrändern, die nach diesen Prinzipien unterhalten werden, zwischen 80 und 180 Pflanzenarten vorkommen können, eine schier unglaubliche Vielfalt an Gräsern und Blütenpflanzen. Drittens bieten die weiträumigen Straßenränder eine große zusammenhängende Fläche, welche durch die immer weitergetriebene Besiedlung am Verschwinden ist. Dieses Netz gewährt einen Artenschutz, welcher vorher durch die Hecken und Säume der Felder gewährleistet wurde, und trägt so zum Biotopverbund bei. Es bleibt zu hoffen, dass diese wichtigen Naturschutzmaßnahmen, die jedoch auch Vorteile für den Menschen bringen, nicht an einem übertriebenen Sauberkeitssinn der Menschen scheitern. Tatsächlich hat sich gezeigt, dass manche Mitbürger einen „sauberen“, d.h. ständig gemähten, oder gar einen vegetationsfreien Straßenrand vorziehen, ohne zu bedenken, dass dieser mit hohem Arbeitsaufwand und dem regelmäßigen Einsatz von Umweltgiften verbunden ist.
Sicherlich muss noch viel Öffentlichkeitsarbeit gemacht werden, um die Akzeptanz solcher Projekte zu erhöhen, so dass sich vielleicht irgendwann einmal diese umwelt- und somit auch menschenfreundlichere Variante des Unterhalts unserer Straßenränder durchsetzt. Abschließend sei noch gesagt, dass die Verkehrssicherheit durch solche Projekte nicht beeinträchtigt wird. Sowohl die Halte- und Überholsichtweiten als auch die Sicherheitsräume hinter den Leitplanken an den Straßenrändern und die Straßenausstattungen (Reflektoren, Beschilderung, Entwässerungsgräben) werden wie bisher von der Straßenbauverwaltung in Ordnung gehalten.