/ Weniger Jugendliche in Haft
Momentan sitzt ein Jugendlicher in Schrassig in Haft, doch die zehn vergangenen Jahre sah dies ganz anders aus. Marie-Anne Rodesch-Hengesch, „Ombudsfra fir d’Rechter vum Kand“, stand dem Tageblatt Rede und Antwort.
Auch wenn momentan nur ein Jugendlicher in Haft sitzt, ist die Anstalt von Dreiborn trotzdem gut gefüllt. Wie werden die Jugendlichen dort behandelt?
„In Dreiborn gibt es ein ganzes Team von Psychologen und Sozialhelfern, die sich um die Kinder und Jugendlichen kümmern. Man muss allerdings unterstreichen, dass die Auffangeinrichtung von Dreiborn nicht mit dem Gefängnis gleichzusetzen ist. Hier werden auch Jugendliche betreut, die nicht unbedingt mit dem Gesetz in Konflikt geraten sind, wie beispielsweise chronische Schulschwänzer oder Kinder, die aus schwierigen Familienverhältnissen kommen. Das Team versucht etappenweise, diese Jugendlichen in die richtige Bahn zu bringen.“
Kommen die Jugendlichen denn gleich nach Dreiborn oder wie werden die einzelnen Situationen gehandhabt?
„Falls die Jugendlichen mit dem Gesetz in Konflikt geraten, es Probleme familiärer Herkunft gibt oder andere Konflikte entstehen, werden sie zuerst einem Jugendrichter vorgeführt.
Dieser trifft dann Entscheidungen, was mit den Jugendlichen geschieht. Hierbei gibt es verschiedene Möglichkeiten. Sie können entweder in ein so genanntes Fadep, ein „Foyer d’acceuil et de dépannage“, gesetzt werden, wo intensiv mit den Jugendlichen gearbeitet wird.
Falls die Situation allerdings schlimmer ist, kann es zu einer Unterbringung in einem „Centre d’acceuil à longue durée“ kommen oder sie werden in das sozio-edukative Zentrum in Dreiborn verlegt. Hierbei muss man sagen, dass Dreiborn für die Jungen gedacht ist, und die Mädchen werden in Schrassig untergebracht.“
Wurde die Situation in den vergangenen Jahren schlimmer?
„Schlimmer wurde es eigentlich nicht. Unser Ziel ist es, die Kinder und Jugendlichen erneut in ihre Familien zu integrieren. Es liegt uns sehr am Herzen, dass die Kinder nicht als Kriminelle behandelt werden, sondern immer noch als Kinder. Man muss allerdings sagen, dass die Hemmschwelle der Jugendlichen deutlich niedriger ist als noch vor einigen Jahren.
Hier spielen die neuen Medien eine sehr große Rolle. Falls Jugendliche eine Tat begehen, spielt oft der Selbststolz mit, die Tat wird gefilmt und man kann sie später auf Plattformen wie Facebook oder Youtube anschauen. Oft sind die Jugendlichen sich nicht bewusst, was sie damit anrichten.“
Falls Kinder oder Jugendliche nach Schrassig müssen, kommen sie dann mit anderen Häftlingen in Kontakt?
„Nein, eigentlich kommen die Jugendlichen nicht mit anderen Verbrechern in Schrassig in Kontakt. Die Kinder und Jugendlichen haben einen eigenen Block. Der so genannte Block Charly liegt getrennt von den anderen Blöcken. Hier gibt es einen Klassensaal und einen Saal, der als Unterhaltungssaal dient, so dass die Kinder und Jugendlichen eine Möglichkeit zur Bildung und zur Freizeit haben. Allerdings kann man nicht in allen Fällen den kompletten Kontakt vermeiden. Es kann mal vorkommen, dass die Jugendlichen anderen Häftlingen in den Gängen über den Weg laufen. Im Jahr 2006, als das Gefängnis überfüllt war, wurde dieser Block auch genutzt, um Erwachsene unterzubringen. Ein minimaler Kontakt zu den Erwachsenen besteht immer. Dies ist oft auch der Weg, wie die Jugendlichen an Drogen kommen.“
Was wäre die optimale Lösung für das „Ombuds-Comité fir d’Rechter vum Kand“?
„Wir wünschen uns eigentlich, dass die Kinder und Jugendlichen nicht mehr nach Schrassig gebracht werden. Ein weiteres Problem in Dreiborn ist der Gruppeneffekt. In dem sozio-edukativen Zentrum setzen die Jugendlichen sich zusammen und es entsteht ein Teufelskreis, aus dem sie nicht so einfach herauskommen. Gut wären separate Einheiten, in denen sich intensiv um jeden Einzelnen gekümmert werden kann. Zu unterstreichen ist auch, dass es in Luxemburg nur ein Jugendschutzgesetz gibt. Wir haben kein Strafgesetz für Minderjährige. Die Jugendrichter sollen eine Schutzmaßnahme für die Kinder sein. Doch in verschiedenen Fällen ist das Gefängnis oder das sozio-edukative Zentrum in Dreiborn keine Lösung.“
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