/ "Was machen wir als Partei falsch?"
„Was machen wir als Partei falsch?“ fragte die Präsidentin des Südbezirks sich und die 148 Delegierten (180 waren angemeldet) nachdem sie auf die schlechten Wahlresultate und die noch schlechteren Umfragewerte (Link) ihrer Partei hingewiesen hatte. Dabei sei gerade die LSAP in der Regierung für eine Reihe Verbesserungen (Sozial-, Gesundheitswesen und Familienpolitik) verantwortlich.
Aus der Resolution
U.a. heisst es in der Resolution „Eine starke öffentliche Hand für den Wohnungsbau:
„…Wir begrüssen den kürzlich eingeführten Mietzuschuss. Mit diesem Zuschuss werden endlich auch Mieter in den Genuss von staatlichen Wohnungsbeihilfen kommen, wenn sie über ein kleines Einkommen verfügen…“„…Für die Sozialisten des Südbezirks steht fest, dass vor allem die exorbitant hohe Grundstückspreise der Ursprung der hohen Wohnungspreise sind…“
„…Auch wenn das Ziel bleibt, die Kaufpreise mittel- und langfristig zu senken, so wird dies noch lange nicht dazu beitragen, dass auch alle Bürger sich ein Eigenheim leisten können…“
„Besonders lobenswert sind auch Initiativen wie die Agence immobilière sociale auf kommunaler oder regionaler Ebene, die Wohnungen anmieten und dann nach sozialen Kriterien an einkommensschwache Bürger weiter vermieten…“
„Auf die ehemaligen Industrieflächen der ArcelorMittal in Esch/Schifflingen entsteht ein grosses Potenzial für das Erschliessen von neuem Wohnraum. Deshalb verlangt der LSAP-Südbezirk eine enge Einbindung der Gemeinden Esch/Alzette und Schifflingen beim Ausarbeiten der Entwicklungspläne und zwar von Anfang an. Die Planarbeiten dürfen nicht bloss einer privaten Gesellschaft überlassen werden.“
Die Trennung von Staat und Religionsgemeinschaften sei eingeleitet, das Flüchtlingsproblem habe man im Griff, die Arbeitslosenzahlen gehen zurück. In all diesen Bemühungen könnten, so Simone Asselborn, die LSAP-Regierungsmitglieder auf die totale Unterstützung ihrer Basis zählen. Obwohl sich momentan viele Mitglieder fragen, warum die grosse Steuerreform jetzt auf die Schnelle durchgepeitscht werden soll, ohne dass es in der Partei eine Diskussion dazu gegeben habe.
Trotzdem sei der Durchschnitts-Luxemburger der Regierungs-Dreierkoalition nicht gut gesinnt und die LSAP müsse befürchten, dass sie bei den anstehenden Kommunalwahlen noch Federn lassen könnte. Um dies zu vermeiden, sollte man die parteiinternen Streitigkeiten nicht in der Öffentlichkeit austragen und müsse die traditionell guten Beziehungen zu den Gewerkschaften (Parteipräsident Claude Haag behauptete später in seiner Ansprache, diese Beziehungen seien „ausgezeichnet“) wiederherstellen. Die Schlussfolgerung der Bezirkspräsidenten: „Wir müssen zusammen anders werden, und zwar schnell“. Die Rezeptur dazu verriet sie allerdings nicht.
Leicht umgeänderte Resolution
Den Wohnungsbau erklärte der Südkongress am Samstag zu einem der wichtigsten sozialen Themen überhaupt. In einer Resolution, vorgestellt von Luc Mousel, wurde nicht nur der bekannte Wohnungsnotstand und dessen Ursachen analysiert, sondern auch Lösungen vorgestellt, bei denen die öffentliche Hand (Staat und Kommunen) eine entscheidende Rolle spielen müsste.
Auf Initiative von Generalsekretär Yves Cruchten und Minister Dan Kersch wurde die Resolution leicht umgeändert. Im ursprünglichen Text hiess es: „…Darüber hinaus sollen Neuerschliessungen nur noch ausschliesslich vom Staat und den Gemeinden getätigt werden können..“ Diese Forderung sei, so Cruchten und Kersch, „unrealistisch“. Allein im Zentrum, so die Antragsteller des Änderungsvorschlags, müsse man jährlich 5.000 Wohnungen bauen, um den Notstand zu beheben. Ergo müsse man auch Privatpromotoren zur Lösung des Problems heranziehen, meinte Dan Kersch, der um Unterstützung für seinen vor wenigen Tagen angekündigten Gesetzesvorschlag zur Verwirklichung eines Baulandvertrags und einer Werteschöpfungssteuer bat. Die umgeänderte Resolution wurde mit grosser Mehrheit angenommen. Apropos „Chefsache“. Die Abgeordnete Taina Bofferding erinnerte daran, dass der von Jean-Claude Juncker zur „Chefsache“ erhobenen Wohnungsbau „ein Riesenreinfall“ war.
Nur ein Vorschlag?
Wäre da noch die für heute Montag angekündigte Steuerreform. Es handele sich, so Dan Kersch, lediglich um einen Vorschlag („propose“), der keineswegs in „Stein gemeissselt sein soll“. Claude Haagen monierte, dass dieser „Vorschlag“ später von allen Parteigremien diskutiert werden könnte, man vorher aber einen Konsens in der Regierungskoalition angestrebt habe. Eines müsse aber klar sein, darin waren sich Kersch und Haagen einig: diese Reform käme zwar auch den Betrieben zugute, wäre aber eine wesentliche Erleichterung für die unteren und die Mittelschichten.
Parteipräsident Claude Haagen forderte die Mitglieder in seiner Ansprache zu Vertrauen in die Partei, deren Politik und deren Mandatsträger auf. Er versicherte, dass die LSAP auch in der Regierung an ihren prinzipiellen ideologischen Werten festhalte und man sich allgemein um eine verbesserte Informationspolitik bemühe. Erstmals erwähnte er, dass es in der Partei verschiedene Flügel gibt, mit denen man sich um einen permanenten Dialog bemühe und deren Kritik man willkommen heisse.
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