„Verhaltenskodex sollte nicht in die Verfassung“

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Luxemburg folgt dem Beispiel der EU-Kommission und verfasst einen Verhaltenskodex für Minister. Auch Frankreich und Großbritannien verfügen über einen solchen Kodex, Belgien und Deutschland aber nicht.

Zur parlamentarischen Rentrée, spätestens aber am 1. Januar 2014, soll der ministerielle Verhaltenskodex in Luxemburg in Kraft treten. „Der ministerielle Verhaltenskodex sollte allerdings in die neue Verfassung integriert werden“, so Justizminister François Biltgen am Dienstag. Ohne diesen Schritt, ist der Kodex lediglich ein „persönliches Engagement“ der Minister. Juristisch könnten die Minister bei einem Faux-Pas demnach nicht belangt werden.

Paul-Henri Meyers, Vorsitzender der Kommission zur Aufarbeitung der neuen Verfassung, sieht den Kodex als „moralisches Engagement“ der Minister. „Ich glaube nicht, dass der ministerielle Verhaltenskodex in die Verfassung integriert werden sollte“, so Meyers auf Nachfrage von Tageblatt.lu. „Würde der Kodex in die Verfassung einziehen, könnten die Minister strafrechtlich verfolgt werden“, so Meyers weiter.
Bislang gibt es einen solchen ministeriellen Verhaltenskodex in der EU-Kommission, in Frankreich und Großbritannien. Unsere beiden Nachbarländer Belgien und Deutschland verfügen bislang über keinen Verhaltenskodex für Minister. In den Unterlagen zur Vorstellung des Luxemburger Kodex am Dienstag war die Rede, Luxemburg habe sich u.a. vom bestehenden Kodex in Belgien inspiriert.

EU-Kommission

Die Europäische Kommission beschloss im April 2011, ihren Verhaltenskodex für Kommissionsmitglieder zu ändern und die ethische Komponente durch eine Verschärfung und Präzisierung der früheren Vorschriften noch stärker zu betonen. So gelten klarere Regeln für politische Aktivitäten von Kommissionsmitgliedern, einschließlich ihrer Mitwirkung an Wahlkämpfen.

Auch wurden die Regeln für Tätigkeiten nach dem Amt verschärft. Bislang musste die Kommission 12 Monate im Voraus von einer solchen Tätigkeit informiert werden. Diese Frist wurde nun auf 18 Monate angehoben. Strenger geregelt wird auch das Annehmen von Geschenken. Auch dürfen Ehegatten, Partner und direkte Familienmitglieder nicht im Kabinett des betreffenden Kommissionsmitglieds beschäftigt werden.

Großbritannien und Frankreich

In Großbritannien erschien der erste offizielle Verhaltenskodex bereits im Mai 1992 unter der Bezeichnung „Questions of procedure for ministers“ (QPM). Dieser Kodex wurde im Laufe der Jahre ständig weiterentwickelt und heißt seit der Tony-Blair-Ära 1997 „Ministerial Code“. Die aktuelle Version trat einige Tage nach David Camerons Amtsantritt im Mai 2010 in Kraft. Der Code legt genaue Verhaltensregeln fest. Minister dürfen ihren Posten nur solange führen, wie sie das Vertrauen des Premierministers haben. Wird dieses Vertrauen aufgrund der Nichteinhaltung des Kodex gebrochen, riskieren sie ihren Ministerposten.

Beim Amtseintritt der Hollande-Regierung im Mai 2012 unterzeichneten die neu ernannten Minister an ihrem ersten Arbeitstag auch einen Verhaltenskodex, der Interessenskonflikte vermeiden soll. So dürfen Kabinettsmitglieder in Frankreich künftig weder Geschenke mit einem Wert von mehr als 150 Euro noch private Einladungen annehmen. Daneben verpflichten sie sich, die Verkehrsordnung einzuhalten und bei Dienstfahrten möglichst mit dem Zug zu fahren.

Belgien und Deutschland

In Belgien gibt es noch keinen Verhaltenskodex für Minister. Dies bestätigte die Organisation Transparency International Belgien auf Nachfrage von Tageblatt.lu. Auch Deutschland hat noch kein derartiges Verhaltenskatalog. Es wird aber darüber diskutiert, insbesondere für Ex-Minister, die nach ihrer Funktion zweifelhafte Posten in der Privatwirtschaft belegen.

Bayerns Wirtschaftsminister Otto Wiesheu war Verkehrsminister. Nach seinem Amt saß er im Vorstand der Deutschen Bahn. Unter der Kanzlerschaft von Gerhard Schröder kam das milliardenschwere Gasprom-Geschäft zustande, nun sitzt er im Aufsichtsrat der Betreibergesellschaft, schrieb die Süddeutsche auf ihrer Webseite.