Untersuchungsgefängnis für 2017 geplant

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Der Strafvollzug in Luxemburg war Thema einer Konferenz, welche die Kriminologen-Vereinigung ALC („Association luxembourgeoise de criminologie asbl.“) zusammen mit dem Justizministerium organisierte.

Claude Molinaro

Dass die Schrassiger Haftanstalt aus allen Nähten platzt, ist nicht erst seit gestern bekannt. 650 Personen sitzen zurzeit in Schrassig ein; gebaut wurde die Haftanstalt für 550 Insassen. Für den Direktor der Anstalt Vincent Theis wäre das optimale Gefängnis – insofern es so etwas denn gibt – eine kleine Strafanstalt mit maximal 200 Insassen.
Denn, so sagt er, sei es unter anderem das Zusammenleben auf engstem Raum, das den Gefangenen sehr schade. Doch sieht es noch immer nicht danach aus, als ob die Gefängnispopulation abnehmen würde.

Eine Resozialisierungspolitik müsse bereits im Gefängnis beginnen: Dem Häftling müsse tagtäglich seine Eigenverantwortung bewusst gemacht werden. Bessere Gefängnisse könnten dadurch erreicht werden, dass weniger eingesperrt werde, sagte Theis: „Enfermer moins, pour enfermer mieux.“
Im Jahr 2017 soll etwas Abhilfe geschaffen werden: Dann nämlich soll das neue Untersuchungsgefängnis in Sassenheim bezugsfertig sein. Das sagte Justizminister François Biltgen am Dienstag anlässlich seiner Eröffnungsrede.

Beim Großteil der in Schrassig Inhaftierten handelt es sich um Untersuchungshäftlinge, und unter diesen überwiegen die Nicht-Ansässigen, hauptsächlich Afrikaner. Der französische Professor für Soziologie, Philippe Cambessie, aus Paris, räumte in diesem Zusammenhang mit der weitverbreiteten Meinung auf, eine Gefängnisstrafe könne theoretisch jeden treffen. Dies sei angesichts der Statistiken ganz einfach falsch: 80 Prozent der Gefängnisbevölkerung ist männlich, jung und meistens ohne Ausbildung.
Die Information über die Anzahl der Insassen ist aber auch schon die einzige Statistik, die hier in Luxemburg über die Gefängnislandschaft zur Verfügung steht, bedauerte am Dienstagmorgen unter anderem Justizminister François Biltgen.

Ein Grund, warum die Zahl der Gefängnisinsassen stetig steige, sei, dass die Zahl der Vergehen, die mit Gefängnis bestraft werden, ebenfalls stetig ansteigt.
Der Strafvollzug verfolge zwei Ziele: Den Schaden, der der Gesellschaft zugefügt wurde, ausgleichen, und den Rückfall des Verurteilten verhindern. Was diesen letzten Punkt angehe, so äußerte der Minister seine Bedenken – und auch gleichzeitig ein Bedauern: Hierzulande gebe es fast keine Forschung auf dem Gebiet des Strafvollzugs, was die Zahl der Rückfälligen angehe. Da stehe noch einiges an Arbeit bevor.

Neue Wege

In Luxemburg gehe man seit etwa zwei Jahren neue Wege: Man wolle nicht jeden, der verurteilt wird, auch einsperren. Dies sei unter anderem durch die Einführung der elektronischen Fußfessel möglich geworden.

Die Wiedereingliederung eines Ex-Gefangenen in die Gesellschaft bedürfe zweier Voraussetzungen, der aktiven Mitarbeit des Verurteilten sowie einer individualisierten Resozialisierungpolitik. Dies sei insbesondere wichtig, da es sich bei über der Hälfte der Häftlinge hierzulande um Personen handelt, die wegen Drogendelikten verurteilt wurden. Vor allem diese Gruppe sei besonders gefährdet, wenn die zwei Hauptprobleme eines jeden Häftlings, wenn er aus dem Gefängnis entlassen wird, nicht gelöst sind, nämlich die Beschaffung einer Wohnung und die einer Arbeit.

Was die Resozialisierung der Häftlinge angeht, will der Justizminister in Zukunft auch mehr Gewicht auf die Zusammenarbeit mit Nichtregierungsorganisationen legen.
Auch auf das Problem der hohen Selbstmordrate in den Gefängnissen kam Philippe Cambessie zu sprechen. Die Zahl derer, die sich wegen einer Gefängnisstrafe umbringen, könnte durchaus noch höher ausfallen. Nimmt sich nämlich jemand außerhalb des Gefängnisses das Leben, werde selten nachgeforscht, ob diese Person irgendeinmal in ihrem Leben im Gefängnis war.