Unhaltbare Zustände für Bewohner und Personal

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Im „Centre intégré pour personnes âgées“ in Diekirch geht es hoch her. Die Heimbewohner sind sehr unzufrieden, das Personal ist längst an den Grenzen des Zumutbaren angelangt, oder besser gesagt, es hat sie überschritten.

Roger Infalt

In vielen Altersheimen herrschen zurzeit die gleichen Zustände. Obschon die Bewohner ordentlich Geld zahlen müssen (dazu kommt noch das gute Geld der Pflegeversicherung, das sofort an den Träger des Heims überwiesen wird), ist die Pflege, die ihnen entgegengebracht wird, sehr mangelhaft, oft menschenunwürdig, ja sogar gefährlich. Die Minuten, die das Personal täglich pro Patient, oder sollte man sagen pro Kunde, aufbringen kann, sind genauestens gezählt. Alles muss schnell gehen, kein Kunde darf persönliche Wünsche äußern, denn dafür reicht die Zeit ganz einfach nicht.

In vielen Fällen reicht es nicht einmal für eine ordentliche Grundpflege, das heißt für das Waschen, das Ankleiden usw. „Die Arbeit unter der Kontrolle der Stoppuhr nervt, bringt unnötigen Druck und ist zudem nicht ungefährlich für uns, das Personal, aber natürlich auch für den Kunden,“ so eine Krankenpflegerin, die, aus gut verständlichen Gründen, unerkannt bleiben will. „Wer meckert, der wird über kurz oder lang so krank gemacht, dass er von selbst seinen Dienst quittiert.“

Kündigungen und Krankmeldungen

Ob in Servior-Häusern oder auch in anderen Einrichtungen, überall ist das Credo das gleiche. Zu wenig Personal! Warum? „Es haben viele ihrem Beruf den Rücken zugekehrt, da sie den Druck nicht mehr aushalten und sie die Verantwortung einer „derartigen Pflege“ nicht mehr übernehmen wollen. Zudem gibt es viele Mitarbeiter, die längere Krankenscheine haben, doch es wird sich kaum die Frage gestellt, warum die krankSiehe auch: Kommentar sind. In den meisten Fällen wäre der Grund schnell gefunden, würden sich die Verantwortlichen, ob Direktoren oder auch Politiker, die Zeit nehmen, dem Pflegepersonal endlich Gehör zu schenken, so die Pflegerin weiter.“

„Nous, l’équipe soignante du CIPA, sommes mécontents de la situation actuelle dans laquelle nous devons exercer notre métier. Comment est-ce possible que les conditions de travail sont minimalisées sur un niveau qui provoque des risques et des fautes?“ So steht es in einem Brief vom Juni dieses Jahres des Personals des Diekircher CIPA geschrieben. Und: „Cette situation a submergé pendant les derniers mois et elle est devenue insupportable, pour les pensionnaires ainsi que pour le personnel.“

Wie gesagt, das war im Juni dieses Jahres. Als Antwort auf ihren erwähnten Brief an den Diekircher Schöffenrat kam das übliche kleinpolitische Lokalgeplänkel. Jeder wüsste doch, dass es demnächst Servior sein wird, die das Altersheim übernehmen werde, und dann werde alles besser, oder so. Die Hilfe, die sich Personal und Heimbewohner erwartet hatten, blieb aus. „Nous concédons volontiers que pour des raisons indépendantes de la volonté et des responsables politiques et des responsables administratifs des difficultés d’organisation des tâches de soins aient surgi récemment rendant difficile l’exécution correcte des soins“, so das Schöffekollegium.

Leere Antworten

Aufgrund einer Intervention der lokalen LSAP-Fraktion wurde das hier angeführte Problem auch in einer Gemeinderatssitzung vom 11. August behandelt. Auch hier hatten die Mehrheitspolitiker nichts anderes zu sagen, als das, was sie in dem schon erwähnten Antwortschreiben mitgeteilt haben. Also nichts.

Im Anschluss wendete sich die „Amicale Altersheem Diekirch“ am 11. Oktober dieses Jahres schriftlich an die CSV-Familienministerin Marie-Josée Jacobs, die übrigens der gleichen Partei angehört wie der jetzige Bürgermeister der Stadt Diekirch. Sie machten ebenfalls auf die unhaltbaren Zustände im Altersheim aufmerksam.

Doch wer mit einer gehaltvolleren Antwort gerechnet hatte, der wurde maßlos enttäuscht. Die Ministerin versteckte sich ebenfalls hinter der Aussage, Servior würde die Struktur übernehmen. Servior wird ab 2014 wohl das neue Altersheim Alexis Heck verwalten, aber über das, was bis 2014 mit dem jetzigen Altersheim geschehen soll, verliert die Familienministerin kein Sterbenswörtchen.

Auf die Frage, was denn mit dem jetzigen Altersheim nach 2014 passieren wird, meint M.-J. Jacobs: „En effet, dès l’ouverture de la nouvelle structure, Servior sera seul responsable du bon fonctionnement de cette dernière, mais dès à présent l’accord conclu entre la ville et Servior prévoit que même dans l’actuel centre, Servior pourra assister la ville pour résoudre des problèmes éventuels.“

„A bout de forces“

Die Probleme im bestehenden Altersheim werden also erst ab 2014 gelöst, und dafür soll Servior sorgen, die eigentlich jetzt schon genügend eigene Probleme in vielen ihrer Einrichtungen zu lösen hätte, z.B. in Mertzig, um nur dieses Beispiel zu nennen. Es mangelt an allen Ecken und Enden an Personal und an adäquaten Räumlichkeiten für unsere älteren Mitbürger. Von einem „Daheimgefühl“, wie es auf der Internetseite von Servior so schön heißt, kann in vielen Einrichtungen kaum oder gar nicht die Rede sein. Das Preis-Leistungsverhältnis stimmt seit langem nicht mehr, auch nicht bei der vom Luxemburger Staat gepuschten Servior.

Doch kommen wir zurück nach Diekirch. Am 5. November dieses Jahres schrieb das Pflegeteam des CIPA Diekirch erneut einen Brief, sowohl an das Schöffenkollegium als auch an die Familienministerin. Es hätte sich, trotz vieler Unterredungen und Einwände ihrerseits, rein gar nichts geändert. Ganz im Gegenteil. Die Situation hätte sich weiter verschlechtert. „En effet, l’effectif du personnel a diminué de manière flagrante, la qualité de vie des pensionnaires ainsi que la qualité des soins n’est plus garantie, voir même dangereuse et déprimante pour les pensionnaires et pour le personnel“, lautet ein Auszug aus dem erwähnten Brief.

Und weiter: „Le personnel soignant se trouve à bout de forces physiques et psychiques (voir les nombreuses absences pour cause de maladie). Dans les conditions actuelles, nous ne pouvons plus assurer la grande responsabilité que demande notre travail quotidien.“ Könnte da nicht endlich mal irgendeiner wach werden?! Einer, der sich seiner Verantwortung bewusst ist. Einer, der den Titel Direktor oder auch Politiker wirklich verdient hätte.

Welche Leistung für welchen Preis?

Mit Geschwafel ist es nicht getan. Nicht in Diekirch und auch anderswo nicht. Wir haben, was die Qualität der Versorgung unserer älteren Mitbürger anbelangt, bei mehreren Besuchen von Heimen in den letzten Wochen und Monaten große Lücken erkannt. Warum erkennen sie die betroffenen Verantwortlichen nicht?

Noch einmal: Die Heimbewohner zahlen 2.200, 2.500, 2.800 oder weit über 3.000 Euro monatlich, nur für die Beherbergung, zuzüglich der Summen, die die Pflegeversicherung von vornherein dazusteuert. Also bitte: Wo bleibt die Leistung für diesen Preis?