/ Suche nach den Verantwortlichen
Vernichtend fiel die Intervention von DP-Parteichef Claude Meisch aus. Mit ruhiger Hand wolle der Premier erst einmal abwarten, was andere gegen die Krise tun, klagte er. Konkrete Lösungsansätze habe der Premier nicht geliefert.
Und ein Großteil des Krisenpakets sei eine Mogelpackung, weil die Maßnahmen bereits Teil der Tripartite-Beschlüsse von 2006 gewesen seien. So baue man bei jungen Leuten keine politische Motivation auf, befand er. Nach der Finanz- und Wirtschaftskrise drohe dem Land eine Budgetkrise, fürchtet Meisch. Und CSV, LSAP und Grünen falle nichts anderes ein, als das Loch über Steuererhöhungen oder die Nichtanpassung der Steuertabelle zu stopfen.
Vor allem die Mittelschicht werde am Ende stärker belastet, fürchtet er. An erster Stelle müssten Strukturreformen stehen, um die Ausgaben des Staates zu reduzieren. Heftig kritisierte Meisch in dem Zusammenhang die Verschleppung der ADEM-Reform. Fast fünf Jahre habe Minister Biltgen für sein Reformprojekt gebraucht.
Meilenweit von einer Lösung entfernt
Imagepflege Der Streit um vermeintliche Steuerparadiese, schwarze und graue Listen, hat auch bei den Abgeordneten tiefe Spuren hinterlassen. „Die Erfahrung der vergangenen Monate hat mir gezeigt, dass Luxemburg in der Welt ein vernichtendes Image hat“, meinte Michel Wolter (CSV). „Wir müssen alles daran setzen, das wahre Bild Luxemburgs zu vermitteln.“ Ben Fayot (LSAP) ging sogar noch einen Schritt weiter. Viele der Kritiken, nicht nur von SPD-Chef Müntefering, sondern auch vom französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy (UMP), hätten nicht nur den Bankenplatz, sondern die Existenz Luxemburgs als unabhängiges Land visiert. Kleine Länder würden besonders Schaden nehmen, wenn die europäische Präsidentschaft nicht funktioniere, wie das derzeit der Fall sei. |
Fraktionschef Michel Wolter von der CSV zeigte sich „überzeugt“ von der Rede des Premierministers. Der habe die richtigen Brennpunkte der Zukunft aufgezeigt. Dass er keine Lösungsvorschläge unterbreitet habe, sei sechs Wochen vor dem Wahltermin eine normale Sache, dazu habe er kein Mandat. Die zu Ende gehende Legislaturperiode sei eine, in der Luxemburg sich nach vorne bewegt habe, betonte Wolter. In einer schnelllebigen Zeit werde vieles vergessen. Wer erinnert sich denn noch an die erfolgreiche EU-Ratspräsidentschaft Anfang 2005, fragte Wolter. Die aktuelle Krise verdecke den Blick auf alles, was an Positivem geleistet wurde, etwa im Bereich der Landesplanung, im Wohnungsbau oder der Vereinfachung der administrativen Abläufe. Auch Schulgesetz und Einheitsstatut seien große Reformen dieser Legislatur.
Die Finanz- und Bankenkrise der letzten Monate habe die Welt nachhaltig verändert, so Wolter. „Produktion und Konsum waren noch nie so nahe beieinander“. Dass Betriebe kaum noch Lagerhaltung betreiben und alles „just in time“ produziert und geliefert werde, sei die zentrale Ursache dafür, das sich die Wirtschaftskrise mit bislang nie dagewesener Geschwindigkeit ausbreiten konnte.
Ein anderer Grund sei, dass Reichtum immer weniger mit Arbeit, aber sehr viel mit Spekulation zu tun habe. „Und wir sind meilenweit entfernt davon, dieses Problem zu lösen“, so Wolter. Stattdessen werde sich auf die Bekämpfung von vermeintlichen Steueroasen konzentriert.
Fraktionschef Ben Fayot (LSAP) zog ebenfalls eine positive Bilanz. Rückblickend könne man natürlich immer viel Gescheites erklären. Da sei auch viel Hypokrisie im Spiel. Die Krisenbekämpfungsstrategie der Regierung sei jedenfalls richtig, fand er. Das wachsende Staatsdefizit akzeptiere man bewusst. Beängstigender sei, dass es noch immer große Unsicherheit darüber gebe, wie sich der Markt nach 2010 entwickeln werde.
„Miese Steuertourder DP“
Es sei bedauerlich, dass einzelne Parteien versuchen würden, mit Steuererhöhungen Politik zu machen. Das passe nicht in die seriöse Linie, die bislang von allen verantwortungsbewussten Parteien eingenommen wurde. Die Krise mache den Leuten schon genug Angst, man müsse diese nicht noch zusätzlich schüren. Die DP versuche hier gezielt Stimmung beim Mittelstand zu machen, um auf Stimmenfang zu gehen. Es gibt gute Chancen, aus der Krise herauszukommen. Wertvole Denkanstöße kommen von der Salariatskammer, der Caritas, dem Wirtschafts- und Sozialrat und auch ausländische Experten könnten hilfreich sein, bemerkt Fayot. „Aber es ist meine ureigene Überzeugung, dass sich auch die Abgeordneten selbst einbringen müssen.“ Wir brauchen ein internationales Umfeld, aber wir benötigen vor allem eigene, nationale Impulse.
François Bausch von den Grünen zeigte sich erfreut, dass in der Krise die sterile Parteipolemik weitgehend einem seriösen Austausch von Argumenten gewichen sei. Einzig die Aussagen von DP-Chef Claude Meisch seien aus dem Rahmen gefallen. Dass dieser alle anderen als Steuererhöhungsparteien in die Ecke drängen wolle, sei erbärmlich. die Strategie werde nach hinten losgehen. Meisch solle „die Westerwelle-Kappe“ ablegen, diese stehe ihm nicht. Für die Grünen sei jedenfalls klar, dass die Gelder, die der Staat jetzt investiert habe, nach dem Wiederanspringen der Konjunktur von denen zurückgezahlt werden müssten, die sie bekommen haben.
Bausch stellte sich gestern in eine Reihe mit den CSV- und LSAP-Rednern. Die Krise werde ein Umdenken bewirken und zu Systemveränderungen führen. „Die Illusion der Geldvermehrung im Schlaf, ohne Arbeit, ist vorbei“, es wird zu einer nachhaltigen Änderung der Denkschemen kommen.
ADR-Vertreter Gast Gibéryen zeigte zwar Verständnis dafür, dass der Premierminister keinen Fahrplan für die Zeit über den 7. Juni hinaus vorlegen wolle. „Aber wenn bereits jetzt klar ist, dass das Budget 2009 nicht aufgehen wird, dann müsste er zumindest erklären, wie er dieses Loch stopfen will, das ist das Budget dieser Regierung“.
Aly Jaerling (Unabh.) warnte in einer Intervention vor rechtsextremen und populistischen Stimmenfängern, die von der Krise profitieren könnten.
- Tageblatt Gewinnspiel vom 24.09.10: « Die Welt von Milch und Käse » mit Poster - 29. September 2010.
- Tageblatt Gewinnspiel vom 28.09.10: « Seife, Duft & Badeschaum » - 27. September 2010.
- Frau wurde leicht verletzt - 26. September 2010.