Stahlstandort Florange: Eine Region kämpft ums Überleben (VIDEO)

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Gebeutelt von der schwachen Nachfrage der wichtigsten Kundengruppen wie Bau, Automobil und Maschinenbau steht der Stahlkonzern ArcelorMittal unter Druck. Die Konsequenz: Beschäftigte werden abgebaut und die Produktion wird drastisch zurückgefahren. Der Standort Florange schaut einer mehr als unsicheren Zukunft entgegen.

Besonders hart trifft dies die Region im Norden Lothringens, an der Grenze zu Luxemburg und Deutschland.

08.04.2009 
ArcelorMittal-Florange: entre 5 et 18 mois de chômage partiel pour 1.000 ouvriers

Nach der entgültigen Schliessung eines Stahlwerkes in Gandrange wird im April ein Hochofen  in Florange bis auf weiteres stillgelegt. Der Schock bei der Bevölkerung sitzt tief.
Die Beschäftigten der betroffenen Stahlwerke und die Bewohner in den umliegenden Ortschaften sind verbittert über die Entscheidung. „Heute schlägt wieder eine neue bittere Stunde in der Geschichte der Stahlindustrie in Lothringen, beklagt sich Alain Gubian aus Florange.

tageblatt.lu war vor Ort auf Stimmenfang:

In der Region ist es in den den vergangenen Jahrzehnten ruhig geworden. Mehr als 100 Jahre prägten die Eisenhütten das Leben. Wo einst Güterzüge quietschten, Loren rumpelten und die Stahlarbeiter schufteteten, sieht es heute anders aus.
Im 19. Jahrhunder erlebte die Stahlindustrie einen Boom. Der eigentlich totgesagte Industriezweig glänzte. Es entstanden neue Jobs, die Löhne waren stabil und die Unternehmenskassen füllten sich.
Das Einkommensniveau der Stahlarbeiter war für französische Verhältnisse infolge von Schicht-, Sonntags- und Produktivitätszulagen hoch.
In den 1970er Jahren kam dann allerdings die Stahlkrise. Innerhalb weniger Jahre wurden die meisten Fabriken geschlossen – trotz massiver Proteste der Bevölkerung. Es war einer der grösste Arbeiterkämpfe in der französischen Geschichte.
Verglichen mit dem Wachstum von damals, gleicht die jetzige Stimmung in der Stahlindustrie in Florange und den Nachbarortschaften allerdings höchstens einem müden Lächeln.
Die Lebensbedingungen der Industriearbeiterschaft in der Region sind durch die industrielle Struktur, die Grenzlage sowie die damalige wie auch aktuelle Stahlkrise geprägt.
Hier gab es nie ein Umdenken. Wichtige politische Entscheidungen, um andere Wirtschaftszweige anzusiedeln, wurden versäumt oder verdrängt.. Die Region war von der Schwerindustrie abhängig. Die Wechselwirkung von Strukturpolitik und Krisenüberwindung in der Stahlindustrie hat Wunden hinterlassen: Keine hohe Bildung, keine hohe Kaufkraft, Abwanderungen in andere Regionen Frankreichs oder gar ins Ausland, etc..

Hoffnung ArcelorMittal

Die Menschen und die Politik in der Region hofften auf bessere Zeiten. Spezialisierung auf anspruchsvolle und hochwertige Ware war Ende der 1990 er Jahre der Zaubersatz.
Durch Konzentrationsprozesse auf den Märkten der Stahlindurstrie wurde aus den Werken in Florange und Gandrange sogenannte „atmende“ Unternehmen. Will heissen: Einerseits sich in mageren Zeiten schnell auf eine geringere Auslastung einstellen zu können; andererseits bei steigender Nachfrage schnell auch für grössere Mengen lieferfähig zu werden. Statt auf die Menge legte Laksmi Mittal seinen Blick auf den Preis, Verluste sollten dadurch vermieden werden.
Doch die Luft aus dem atmenden Unternehmen war schneller raus als gedacht.
Von 2600 Beschäftigten in Florange werden im April 1000 Beschäftige in die Kurzarbeit geschickt. Die kann, laut ArcelorMittal, zwischen fünf und 18 Monaten dauern – Ende offen.