/ Sechs Millionen für neue Technologie

In der großen dunklen Halle des Elektrostahlwerks herrscht ein Lärm, bei dem auch die Ohrenschützer nur wenig nutzen. Der Lärm dringt in den Körper ein und lässt ihn vibrieren. Kein Wunder, dass schwangere Frauen und Herzkranke, etwa solche mit einem Schrittmacher, nicht in die Nähe des Elektro-Ofens dürfen.
Meterhohe Flammen schlagen aus dem Ofen empor, in dem dunklen riesigen Kessel knallt es und schnallt es. Hier wird Stahlschrott einer Temperatur bis zu 1.600 Grad ausgesetzt und zu Roheisen gekocht. Jede Ladung des Kessels verbraucht eine Leistung von 1.100 Megawatt und wird einer Spannung von 870 Volt ausgesetzt. Man merkt, wie der Schrott sich wehrt, man sieht, wie die Flammen unten und oben aus dem Kessel herausschlagen und wird selbst von der ungeheuren Wucht und Gewalt beinahe erschlagen. In der riesigen Halle hängt eine große Wolke unter der Decke. Es ist Staub, der abgesaugt wird. Würde er nach draußen dringen, wäre Belval dauernd von einer dichten Staubwolke eingehüllt. Wer als Besucher in die Halle hineingeht erhält daher eine kleine Atemmaske, damit er den Staub nicht einatmet.
160 Tonnen
Der Kessel, der hier täglich mit bis zu zehn Füllungen beschickt wird und bei jeder Beschickung bis zu 160 Tonnen Roheisen kocht, ist neu. Er ist gerade zwei Monate alt. Was man nicht sieht: Die gesamte Anlage ist der neueste Stand der Technik. Bei ArcelorMittal in Luxemburg hat man lange überlegt, was man machen sollte. Der alte Ofen hatte nach 15 Jahren seinen Dienst seit langem getan und musste ausgewechselt werden. Man hätte diesen Ofen gegen einen ähnlichen austauschen können und wäre auf dem Stand der Technik von vor 15 bis 18 Jahren geblieben. Das hätte 3,5 Millionen Euro gekostet und hätte sich schnell amortisiert.
Nach intensiven Diskussionen entschied sich das Unternehmen für die moderne Lösung, die mit sechs Millionen Euro allerdings doppelt so teuer war. Siemens Voest Alpine bietet auf dem Markt für Elektrostahlwerke eine technische Neuerung an, die gleichzeitig erheblich mehr Sicherheit und auch Rentabilität verspricht. Klassische Elektro-Öfen, stellen mit einer Kathode und einer Anode einen Lichtbogen innerhalb des Ofenkessels her, der die nötigen Temperaturen innerhalb des Kessels bewirkt. Der Boden des Ofens muss dabei mit Wasser gekühlt werden. Würde bei einem Unfall der Boden des Kessels brechen, damit flüssiges Roheisen auf Wasser treffen, käme es zu einer Verpuffung, die einer Explosion gleichen würde.
Explosionsgefahr gebannt
Diese Gefahr ist mit dem neuen Verfahren nicht mehr gegeben. Die Graphit-Kathode trifft nun auf eine Art Kuchen im Boden des Ofens. Dieser Kuchen leitet den Strom besser, verteilt ihn besser, zeigt einen größeren Wirkungsgrad und braucht kein Wasser mehr. Da es sich um eine breite Fläche handelt, überdies von Schamott umgeben, befinden sich unter ihr riesige Ventilatoren, die den Kuchen dauerhaft kühlen.
Esch Belval ist ein Stahlwerk, das aus drei Einheiten besteht: Das Stahlwerk selbst, die Walzstraße 2 und die neue Mitteleisenstraße. Mit der Einrichtung des neuen Ofens hat das Unternehmen ein neues, wettbewerbsfähiges Stahlwerk geschaffen, erklärt Roland Bastian, seit zwei Monaten neuer Direktor der Anlage. „Wir verbrauchen drei Prozent weniger Energie, 15 Prozent weniger Erdgas, und acht Prozent weniger Sauerstoff“, sagt er. Mit anderen Worten: „Die doppelt so hohen Investitionskosten rentieren sich durch die Senkung von Produktionskosten.
Außerdem: Der neue Ofen kann bis zu 180 Tonnen Schrott aufnehmen und daraus 160 Tonnen Roheisen schmelzen. Pro Ladung sind das fünf Tonnen mehr als bei dem herkömmlichen Ofen, oder: pro Tag bei zehn Beschickungen 50 Tonnen mehr als bisher.
Die Leistung des neuen Ofens kommt dabei der Nachfrage der dort hergestellten Stahlprodukte entgegen. „Belval“, so Bastian, „kann damit im Jahr eine Million Tonnen Stahl herstellen.“ Das sind mit derselben Mannschaft im Jahr nach Angaben der Werksleitung 40.000 Tonnen mehr. Das ist aber immer noch weniger, als die beiden Walzstraßen verarbeiten können. Die Mitteleisenstraße hat eine Kapazität von 800.000 Tonnen jährlich, die Walzstraße 2 von 600.000 Tonnen jährlich. Auf die Belegschaft von 1.023 Stahlwerkern, sagt Bastian, soll diese höhere Produktivität keinen Einfluss haben.
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