Schweinegrippe: „Manner wéi e Schnapp“

Schweinegrippe: „Manner wéi e Schnapp“

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Am Donnerstag vergangener Woche beschäftigte der Europarat sich mit der Schweinegrippe. Jean Huss sprach bei dieser Gelegenheit im Namen der Grünen und der Sozialisten vor dem Gremium. Am Dienstag gab er Erläuterungen zum Thema. Brisant und explosiv nannte er den Bericht, der vom Europaparlament verabschiedet wurde und in dem die Weltgesundheitsorgansation (WHO) heftig kritisiert wird.

Robert Schneider

Am 11. Juni 2009 wurde die Schweinegrippe von der WHO als Pandemie der Stufe 6 ausgerufen. Damit war die Voraussetzung zu einem Riesengeschäft gegeben: Allein vier grosse Pharmahersteller machten – vorsichtigen Schätzungen zufolge – 40 Milliarden Dollar Umsatz mit Impfstoffen, die sie hauptsächlich an zahlungsfähige Industrienationen verkauften.

Der Coup war laut Europarat und laut Jean Huss gut vorbereitet. Eine Voraussetzung dafür, dass es überhaupt zu den Massenimpfungen kommen konnte, war die neue Definition der höchsten Warnstufe (6). Obwohl die WHO dementierte, dass sie eine neue Definition anwandte, konnte der Bericht des Europarates zeigen, dass die entsprechenden Kriterien wenige Wochen vor besagtem 11. Juni nach unten revidiert wurden. Vorher war eine der Bedingungen eine hohe Sterblichkeit durch ein Virus; nach der Neudefinierung war nur noch die schnelle und massive Ausbreitung das Kriterium. Dass es soweit kommen konnte, erklärt der Bericht mit einer engen Verflechtung der in diesem Fall bestimmenden Gremien der Gesundheitsorgansation und der pharmakologischen Industrie.

Huss verwies am Dienstag auf die Implikation zahlreicher Virologen in die unter verschiedenen Formen wiederkehrenden Warnungen vor Pandemien und globalen Gesundheitskatastrophen, die schlussendlich nie in dem prophezeiten Ausmass eintraten. Beispiele sind SARS (2001), die Vogelgrippe (2005) und die Schweinegrippe (2009).

Angst und Verunsicherung

Zur Strategie des Riesengeschäfts mit Impfstoffen gehört laut Jean Huss die krasse Übertreibung der Gefahren, die Angst und Verunsicherung bei der Bevölkerung schüren soll und so die Regierungen indirekt unter Druck setzen soll. Fast alle europäischen Regierungen, inklusive Luxemburg, seien hierauf hereingefallen. Eine Ausnahme machte übrigens Polen. Die Gesundheitsministerin, selbst Ärztin, hat sich geweigert, die entsprechenden Verträge zum massiven Kauf von Impfstoffen mit Pharma-Konzernen zu unterschreiben. Sie war erstens nicht von der Qualität und der Notwendigkeit der Impfungen überzeugt und verwies auf die überhöhten Kosten und die für sie unannehmbaren Klauseln in den Verträgen, die u.a. die Industrie vor den Folgekosten bei Nebenwirkungen schützen.

Diese Verträge waren ausserdem so ausgelegt, dass die Unterzeichnerländer verpflichtet waren, grosse Mengen an Impfdosen zu kaufen, für den Fall, dass die WHO die Stufe 6 ausruft. Die Verwicklung von internationaler Behörde und Pharma-Industrie zeigt sich demnach auch hierdurch.

Schlussendlich starben an der Vogelgrippe weltweit, laut offiziellen Zahlen, 18.000 Menschen. Die normale saisonale Grippe fordert im Durchschnitt 500.000 Menschenleben jährlich.

Drei Tote in Luxemburg

In Luxemburg seien offiziell drei Menschen an der Schweinegrippe gestorben, also auch weitaus weniger als an einer normalen Wintergrippe, Die Zahl der Impfungen belief sich laut Aussagen des Gesundheitsministeriums auf 33.000. Allerdings habe laut Jean Huss besonders im medizinischen Sektor große Skepsis geherrscht. Nur wenige Ärzte und Krankenpfleger seien zu einer Impfung bereit gewesen.

Um solche, für die nationalen Gesundheitssysteme enorm teuren und in diesem Fall unnötigen Aktionen künftig zu verhindern und um der Bevölkerung das Vertrauen in die Weltgesundheitsbehörde zurück zu geben, fordert der Europarat eine Reihe von Massnahmen. Die WHO soll die Alarmstufe 6 sofort nach altem Muster definieren, also eine Pandemie nur ausrufen, wenn eine hohe Anzahl von schweren Erkrankungen und Todesfällen erwartet werden (das Virus der Schweinegrippe war eher harmlos). Weiter sollen die Namen der Experten der WHO bekannt werden, die bestehenden Lieferkontrakte sollen annuliert und die Prozeduren und Methoden sollen überarbeitet, sprich transparenter und kontradiktorischer werden.

Schliesslich fordern die Grünen im Herbst eine Debatte über die Problematik im Parlament.