Schulabbrecher bekommen eine zweite Chance

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PETINGEN - Junge Menschen die aus der Schule ausgetreten stehen früher oder später vor einem ernsthaften Problem. Eine Lösung bietet die „Ecole de la 2e Chance“ in Petingen.

Obwohl die Zahl der Schulabbrecher seit 2003 rückläufig ist, brechen noch immer jährlich neun Prozent der Schüler ihre Ausbildung ab. Das entspricht 500 Jugendlichen. 2.627 Arbeitslose unter 26 Jahren suchten im Januar eine Arbeit.

Schuldirektor Carlo Welfring und Ministerin Mady Delvaux-Stehres lassen sich von Kim einweisen (v.l.n.r.

Die im März eröffnete „Ecole de la 2e Chance“ in Petingen, bietet Schulabbrechern zwischen 16 und 24 Jahren, die sich dazu entschieden haben, wieder zur Schule zu gehen, eine Gelegenheit, um anschließend wieder regulär am Unterricht teilnehmen zu können, eine Ausbildung zu beginnen oder einer geregelten Arbeit nachzugehen. Das Konzept, das ursprünglich aus Frankreich kommt und Anklang beim nationalen Schulministerium fand, sieht vor jeden Schüler individuell zu fördern und zu begleiten.

Neue Wege

Die Schüler haben keine Lust, wieder genau das Gleiche zu lernen. Schließlich haben sie die Schule beim ersten Mal abgebrochen“, sagte Unterrichtsministerin Mady Delvaux-Steheres. Daher gehen die Verantwortlichen unter der Leitung von Schuldirektor Carlo Welfring neue Wege.

Der Lehrplan umfasst vier Ausbildungsbereiche. Im Bereich der Allgemeinbildung werden Fremdsprachen, Informatik, Mathematik, Informatik, Sport und Kultur unterrichtet. In der praktischen Ausbildung stehen die Themen Küche, Service, Ernährung, Malerei, Verkauf und die Personenhilfe auf dem Programm. Große Bedeutung kommt dem Tutorat zu, das dem Lehrpersonal ermöglicht, auf die individuellen Probleme (sowohl schulisch als auch sozial) einzugehen und die Entwicklung der Schüler zu verfolgen. Letzter Punkt ist das Portfolio, das jeder Schüler erstellt und einen Überblick über seine Kompetenzen und Talente ermöglicht.

Auswahlprozess

Zurzeit besuchen 36 Schüler, aufgeteilt in drei „Pilot“-Klassen, den Unterricht im ehemaligen Gebäude des Lycée technique Matthias Adam. Sie alle durchliefen einen aufwendigen Bewerbungsprozess.
141 Schüler, die für das Projekt in Frage kamen, wurden zu einer Infoversammlung eingeladen. 109 erschienen und 91 von ihnen füllten eine Voranmeldung aus. 43 Kandidaten wurden eingeladen, um sich vorzustellen.
„Dort wollten wir herausfinden, worin ihre Motivation liegt, wer sie zu uns geschickt hat und wo ihre Probleme liegen“, erklärte Carlo Welfring den Auswahlprozess.

Darüber hinaus wurde vermehrt Wert auf die Fähigkeiten der Schüler gelegt, anstatt sich stur an den Zeugnissen zu orientieren. 36 Kandidaten blieben übrig und traten am 15. März zum Unterricht an.
Mit ihnen wurde ein Ausbildungsvertrag abgeschlossen, der sie unter anderem verpflichtet, regelmäßig und pünktlich zum Unterricht zu erscheinen, das Portfolio anzulegen und nicht grundlos zu fehlen.

Kein Grundstückfür neues Gebäude

„Es ist toll, hier zu unterrichten, vor allem weil wir individuell mit den Schülern arbeiten. Das setzt aber eine sehr genaue Vorbereitung voraus. Vor allem da wir ein gemeinsames Thema fächerübergreifend behandeln“, berichtet Vera Weisgerber, die den Schülern Fotografie näherbringt.
„Es geht uns hierbei darum, den Schülern etwas fürs Leben mit auf den Weg zu geben“, fasst Welfring das Konzept zusammen. Es nütze seiner Ansicht nach nichts, die Schüler nur mit Theorie zu langweilen. Zwei Jahre lang besuchen die Schulabbrecher die E2C, danach können sie eine reguläre Schule besuchen, eine Ausbildung beginnen oder sich eine Arbeit suchen.

Langfristig sollen bis zu 250 Schüler die Schule besuchen. Wäre da nicht ein Problem: „Mir kommen net weider. Mir fanne keen Terrain a kee Gebai“, bedauert Mady Delvaux-Stehres. Um nicht tatenlos dazustehen, entschloss man sich, das Projekt in Petingen im kleinen Rahmen anzugehen und Erfahrungen zu sammeln.

Infrastruktur nicht geeignet

Zwei Argumente sprechen gegen den jetzigen Standort: die Schule liegt nicht zentral genug, und sie befindet sich in einem schlechten Zustand. Das Gebäude wird über kurz oder lang dem Erdboden gleichgemacht.
„In Luxemburg nimmt die Schülerzahl immer weiter zu. Wir brauchen Schulen“, fordert die Ministerin.

Kim ist jedenfalls mehr als glücklich, eine zweite Chance bekommen zu haben. „Die Lehrer helfen uns, wo sie nur können, und unterstützen uns zu 100%. Er sieht seiner Zukunft positiv entgegen. „Nach den zwei Jahren in der E2C werde ich eine Lehre als Bäcker-Pâtissier beginnen. Danach will ich die Gesellenprüfung ablegen und mich hocharbeiten“.