Mittwoch12. November 2025

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„Ritter“ ohne Pferd und Schwert

„Ritter“ ohne Pferd und Schwert
(Tageblatt-Archiv)

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Jedes Jahr werden am Nationalfeiertag "Ritterkreuze", auch "Gielchen" genannt, unters Volk gebracht. Die "Ritter" von heute sind Offiziere, Banker, Freiberufler, Beamte und Angestellte aus dem staatlichen wie privaten Bereich.

Der Nationalfeiertag am 23. Juni steht vor der Tür. Auch dieses Jahr verteilt das Großherzogtum Luxemburg wieder etliche Verdienstorden. Meist sind es mehr als 3000 „Gielchen“ die jährlich unters Volk gebracht werden. In den Zeitungen füllen die Namen derjenigen, die eine Ehrenauszeichnung erhalten, ganze Seiten. Wer bekommt überhaupt derlei Orden?

Um in den Genuss einer Auszeichnung zu kommen und vorgeschlagen zu werden, sind unter anderem ein Mindestalter von 40 Jahren und die 15-jährige Mitgliedschaft in einer Berufskammer nötig. Freiberufler und Angehörige aus dem Staatsdienst können nach 25 Jahren vorgeschlagen werden. Die Initiative dazu ergreift in der Regel die Berufsvertretung.

Medaillen, Ritter und noch höhere Kreuze sind also heutzutage nicht unbedingt ein Zeichen dafür, dass man eine aus der Menge hervorragende Persönlichkeit ist. Die rund 3000 Medaillen, die jährlich überreicht werden, kosten den Luxemburger Staat rund 360.000 Euro (2010).

Vier Orden

Neben dem 1841 durch Wilhelm II. gestifteten „Orde de la couronne de chêne“ (Orden der Eichenkrone) und dem 1961 durch Großherzogin Charlotte gestifteten „Ordre de mérite“ (Verdienstorden), deren Medaillen und Kleinode zum Nationalfeiertag in recht großen Mengen unters Volk gebracht werden, gibt es noch zwei weitere offizielle großherzogliche Orden.

Hierbei handelt es sich um den 1858 ins Leben gerufenen Zivil- und Militär-Verdienstorden Adolphe von Nassau und den Hausorden vom Goldenen Löwen des Hauses Nassau („Ordre du Lion d’or“). Letzterer ist jedoch für normal Sterbliche nicht zugängig, sondern den Mitgliedern der großherzoglichen Familie, anderer Königshäusern und Staatsfrauen- und männern vorbehalten.

Im „Ordre de mérite“ und im „Ordre de la couronne de chêne“, die jeder gewöhnliche Sterbliche, der mindestens 40 Jahre alt ist und seit 20 Jahren einer beruflichen Tätigkeit nachgeht, erhalten kann, entstand ein Automatismus. In diesem Sinn ist es wichtig, zu erwähnen, dass gerade der erstgenannte „Ordre de mérite“, der „Verdienstorden“ also, erst 1961 unter Großherzogin Charlotte geschaffen wurde, mit dem Zweck, die „Entwertung“ des Ordens der Eichenkrone zu stoppen. Allerdings wurde auch nach der Einführung des neuen Ordens die Verleihung desjenigen der „Couronne de chêne“ nicht eingeschränkt, womit das eigentliche Ziel nicht erreicht wurde.

Überbleibsel der Kreuzzüge

Großmeister aller Luxemburger Orden ist der jeweilige Großherzog, derzeit also Großherzog Henri. Er bestimmt darüber, wer wann welche Insignien erhält. Das tut er in der Regel aber nur, was den Hoforden vom Goldenen Löwen betrifft. Beim Verdienstorden und beim Eichenkrone-Orden werden die Vorschläge zur Ehrung von den betreffenden Ministerien und Berufskammern an das Staatsministerium gerichtet. Der jeweilige Staatsminister ist als Kanzler der Orden für die Verleihung zuständig.

Die glänzenden Medaillen und Kreuze sind letzte Überbleibsel aus der Zeit der Kreuzzüge. Um die Pilger, die einst ins Heilige Land zogen, zu schützen, entstanden die ersten Ritterorden. Einige der bekanntesten waren die Hospitaliter und Johanniter (beide vor 1113 gegründet), die Templer (1120) und der Deutsche Orden (1190 resp. 1198).

Die „Kleinod“ genannten Ordenskreuze waren zu jenen Zeiten äußere Zeichen an denen einerseits die Zugehörigkeit und andererseits die Rangstufe des Trägers zu erkennen waren. Je imposanter das „Kleinod“, je „dicker“ der Bruststern oder das Kreuz, desto wichtiger ist sein Träger. Letzteres ist auch noch jetzt wahr, obwohl die heutigen Ritterorden jedoch von friedlicherer Natur und auch wesentlich jünger sind, zumindest was die des Großherzogtums Luxemburg angeht.