Rentenproblematik in Luxemburg: Mehr als eine technische Frage

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„Die Renten – eine gesellschaftliche Herausforderung“ war eine Konferenz betitelt, die am Samstag im Bonneweger „Casino syndical“ auf Einladung der Gruppe „transform!Luxembourg“ stattfand und Politiker, Historiker, Ärzte, Journalisten, Wirtschaftswissenschaftler und Gewerkschafter versammelte. Sie versuchten, Antworten auf die Frage der künftigen Rentenorganisation zu finden.

Robert Schneider

Dass dies nicht so einfach ist und die Meinungen teilweise auseinandergehen, war wohl schon vor der Konferenz klar. Immerhin konnten einige interessante Fragen aufgeworfen und einige interessante Analysen präsentiert werden.

Teilnehmer an der morgendlichen Rentenanalyse waren André Hoffmann (Abgeordneter und Philosoph), Paul Zahlen (Historiker beim Statec), Jean Langers (Wirtschaftswissenschaftler und Demograph), Sylvain Hoffmann (Wirtschaftswissenschaftler und beigeordneter Direktor der Salariatskammer), Raymond Klein (Journalist), Jean-Claude Bernardini (Gewerkschaftler im OGBL) und der Arzt Michel Pletschette.

Verteilung des Reichtums

Adrien Thomas (transform!) führte in das Thema ein und unterstrich, dass die Rentendebatte in Luxemburg eher technisch geführt werde. Dabei habe die Rentendiskussion weitgehende soziale und politische Implikationen, wie die Frage der Verteilung des geschaffenen Reichtums.

Auch wurden die Grenzen des Zahlenmaterials, das für die entsprechende Debatte zur Verfügung steht unter die Lupe genommen, die Arbeitsbedingungen wurden analysiert und der „Fonds de compensation“, der immerhin rund zehn Milliarden Euro Reserven der Pensionskassen verwaltet, sowie dessen Ausrichtung war Thema der Diskussionen.

André Hoffmann ging in seinem Beitrag auf die Geschichte der kollektiven Versicherungen ein, von der individuellen Vorsorge (18. und 19. Jahrhundert) über die ersten Mutualitätsgesellschaften, die mit der Industrialisierung entstanden, über die obligatorischen Sozialversicherungen bis hin zu einer Logik, die eine Rente als Fortsetzung des Gehalts sieht und als ein gemeinschaftliches (soziales) Besitztum definiert.

Das Risiko eines Paradigmenwechsels sei heute zu sehen, so der Historiker, der auf zunehmende Phänomene wie private Zusatzversicherungen verwies. Es seien Tendenzen der Desozialisierung oder Privatisierung des sozialen Besitztums klar erkennbar.

Hoffmann ging aber auch auf die Anhebungen des Rentenalters (vgl. Frankreich) ein, die eine Steigerung der globalen bezahlten Arbeitszeit bedeute. Er schlug schließlich vor, die sozialen Systeme in Europa oder im Idealfall weltweit zu harmonisieren.

Mangelnde Lohndynamik

Historiker Paul Zahlen untersuchte die Frage der Löhne und der Aufteilung des geschaffenen Mehrwertes und stellte u.a. fest, dass die Lohnungleichheit in Luxemburg zunimmt. Die untersten Löhne steigen um 1,1 Prozent jährlich, während die höchsten Löhne jährlich um 2,5 Prozent zulegen. Die mangelnde Lohndynamik betrifft somit vor allem die niedrigen Einkommen.

Jean Langers erläuterte auf die verschiedenen demographischen Entwicklungsmodelle, die der Statec kürzlich präsentierte, und die eine Bevölkerung in Luxemburg von 775.000 Einwohnern und 350.000 bis 750.000 Grenzgänger im Jahre 2060 prognostizieren.

Jean-Claude Bernardini (OGBL) erläuterte die verschiedenen Vorruhestandsmodelle, die gesetzlich zur Verfügung stehen, aber längst nicht alle genutzt werden, dies aus verschiedenen Ursachen, während Dr. Michel Pletschette sich mit Fragen der Lebenserwartung im Allgemeinen und Lebenserwartung in gutem körperlichen Zustand beschäftigte.

Die Teilnehmer an der Runde diskutierten weiter darüber, wie die Gelder des Kompensationsfonds der Rentenkassen denn nun am besten angelegt werden sollten und übten Kritik an den Berechnungen, die fast allesamt von wirtschaftlichen Wachstumsmodellen ausgehen.

Die Beiträge der verschiedenen Redner werden in der nächsten Ausgabe der Zeitschrift Forum nachzulesen sein.