Reaktionen zum Staatshaushalt 2011: Zwischen Frust und Lust

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Die Regierung glaubt, mit dem Budget 2011 den Ausstieg aus der Krise einleiten zu können. Im Parlament gab sich Finanz- und Budgetminister Luc Frieden am Dienstag vorsichtig optimistisch. Eine Position, die allerdings nicht von allen Akteuren geteilt wird.

Léon Marx

Zu den Befürwortern der Budgetvorlage gehört LCGB-Präsident Robert Weber, der auch für die CSV im Parlament sitzt. Dem Gesetz über die Reform des Kindergelds hatte er im Juli seine Zustimmung verweigert. Beim Votum über das Budget wird er wieder auf Parteikurs sein.

„Es kommt zu keinen sozialen Einschnitten“, erklärt er. Die Regierung versuche, das Haushaltsdefizit des Staats so niedrig wie möglich zu halten. Gleichzeitig würden die Investitionausgaben auf einem hohen Niveau gehalten. „Die Politik der Kontinuität wird weitergeführt, ich glaube auch nicht, dass es eine Alternative dazu gibt“, meint er. Und unterstreicht, dass diese Operation gelang, ohne an dem Index zu rühren.

Beim OGBL hieß es auf Nachfrage hin, der Nationalvorstand werde die Vorlage in den nächsten Tagen im Detail analysieren und dann dazu Stellung beziehen. Ganz anders die Reaktionen auf der Patronatsseite. Vom Kurs in Richtung sicheren Hafen, den der Budgetminister bei der Präsentation seiner Vorlage angesprochen habe, könne man nichts erkennen, meint Direktor Romain Schmit. Für den Direktor des Handwerkerverbands geht der Kurs eher „in Richtung wirtschaftliches Trockendock“. Die Regierung habe es erneut verpasst, die Konkurrenzfähigkeit der Betriebe zu stärken.

Nur eine konkurrenzfähige Wirtschaft könne das Geld erwirtschaften, das benötigt werde, um den nationalen Wohlstand zu sichern. Wenn es der Regierung nicht gelinge, eine Politik zu betreiben, welche die langfristige Lebensfähigkeit und die wirtschaftliche Leistung des Luxemburger Modells absichere, dann werde sich der vermeintlich sichere Hafen, den der Minister ansteuern will, als Trockendock erweisen.

Wirtschaftliches Trockendock

Für den Handwerkerverband hat der Premierminister seinen Stresstest nicht bestanden und dem Land steht dieser nach dem Einknicken vor den Gewerkschaftsforderungen jetzt bevor. Die Unternehmen und die Privatpersonen mit zusätzlichen Steuern zu belasten, sei der künftigen Entwicklung eines kleinen, offenen Wirtschaftsstandortes nicht unbedingt förderlich.

Für die „Fédération des artisans“ haben es CSV und LSAP versäumt, eine angemessene haushaltspolitische Antwort auf die dringlichen Fragen zu geben, vor denen Luxemburg steht. Die Haushaltsvorlage sei „eher der Versuch, die Koalition bis zu den Gemeinderatswahlen 2011 über Wasser zu halten“. Die Regierung habe den Weg des geringsten Widerstands gewählt und den Großteil der Einsparungen über Investitionsabsenkungen vorgenommen, statt über andere Ausgabenblöcke und strukturelle Reformen, klagt Romain Schmit. Vor allem kleine und mittelständische Handwerksbetriebe werden die Konsequenzen dieser Sparpolitik bei den Investitionen spüren, befürchtet Romain Schmit.

Verbraucherinteressen nicht ignorieren

Die in der Budgetvorlage enthaltenen, steuerlichen Elemente stoßen auch bei dem Konsumentenschutz auf Kritik. Die ULC stellt sich die Frage, „wie die Verbraucher denn überhaupt noch Produkte kaufen sollen, wenn ihre Kaufkraft durch eine zu große Steuerlast überstrapaziert wird.“ Für die luxemburgischen Betriebe, die auf dem Inlandskonsum beruhen, sei dies aber lebenswichtig. Die Verursacher der Finanz- und Wirtschaftskrise würden noch immer nicht vor ihre Verantwortung gestellt, heißt es.

Für die ULC befindet sich die Regierung auf einem falschen Kurs. „Verbraucherinteressen sind auch Wirtschaftsinteressen. Die Verbraucher im Produktions- und Konsumzyklus zu ignorieren, hieße, die Wirtschaft zum Stillstand zu bringen“, schreibt die ULC. Im Zusammenanhang mit der Streichung des „billigen Aktes“ und der Herabsetzung der Einkommensgrenze für Zinssubventionen bei Baudarlehen stellt sich die ULC die Frage, ob dies überhaupt noch in der Linie der Wohnungspolitik und des „Pacte logement“ ist. 

Forsche Annahmen 

Als „forsch“ bezeichnet der Präsident der Fedil, Robert Dennewald, im Tageblatt-Gespräch die Annahme der Regierung, dass im kommenden Jahr die luxemburgische Wirtschaft um 3 bis 3,5 Prozent wachsen werde. In der Industrie würden im Augenblick die Budgets aufgestellt und man könne mit ganz wenigen Ausnahmen feststellen, dass die Unternehmen keine Sichtweite für das Jahr 2011 hätten. „2011 wird ein sehr gefährliches Jahr“, sagt er.

Dennewald äußert die Sorge, dass es einen Einbruch bei den Staats-Investitionen geben werde. Wichtige Infrastrukturaufgaben wie etwa der Straßenbau kämen nicht voran. Sorge macht ihm, dass die Zentralverwaltung derzeit ein Defizit von fast 12 Prozent aufweise. Bei Einnahmen von 11 Millionen läge man derzeit mit 1,4 Millionen im Minus. „Ein kleines Land ist empfindlich und verletzbar. Solche Defizite sind daher gefährlich.“

Grundsätzlich meint Dennewald, dass der Spielraum, den der Finanzminister mit dem Budget 2011 hat, viel zu klein ist.

„Jeder fünfte Euro wird für Gehälter ausgegeben. Die verschiedenen Budgets für den Sozialtransfer machen über 50 Prozent des Haushaltes aus. Damit sind über 70 Prozent des Haushaltes festgelegt. Es gibt keinen Gestaltungsfreiraum“, sagt Dennewald.

Der Fedil-Präsident kritisiert weiter, dass die Einnahmen des Haushaltes um 13,7 Prozent steigen und die Ausgaben um 5,3 Prozent.

„Steuern erhöhen ist der einfachste Weg“, sagt er. „Die Sparmaßnahmen, die nötig sind, werden nicht getätigt.“ Grundsätzlich meint Robert Dennewald, dass die Regierung den Willen der Bevölkerung zur Veränderung unterschätzt.

wy.