/ Raus aus der Abhängigkeit
Luxemburg ist im Energiebereich zu rund 98 Prozent von Importen abhängig. Eine Situation, die das Land auf Dauer so nicht hinnehmen möchte. Doch eine Kursänderung ist
alles andere als einfach. Auch ein im Auftrag der Regierung erstelltes Weißbuch kommt über das Auflisten von größtenteils bekannten Elementen kaum heraus.
Léon Marx
Seit Dezember 2006 arbeitet eine Arbeitsgruppe unter Führung von Hans-Joachim Ziesing (Ecologic – Institut für Internationale und Europäische Umweltpolitik, Berlin) im Auftrag des Wirtschaftsministeriums an einem Weißbuch über eine Energiestrategie für Luxemburg.
Die Studie, die gestern im Rahmen eines „Workshops“ vorgestellt wurde, zeichnet eine Reihe von Pisten auf, wie die luxemburgische Energieversorgung nachhaltig abgesichert werden könnte. Wie man den Ausstieg aus der Import-Abhängigkeit konkret hinkriegen könnte, diese Frage können allerdings auch die Experten nicht schlüssig beantworten.
Luxemburg werde auf absehbare Zeit weitgehend von Energieimporten abhängig bleiben, redet Hans-Joachim Ziesing den Teilnehmern ins Gewissen. Vor diesem Hintergrund legt die Expertengruppe den Schwerpunkt ihrer Überlegungen auf die Diversifizierung der Versorgungsquellen, die Verbesserung der Vernetzung von Gas- und Stromnetzen und das Anlegen eigener Reserven auf dem nationalen Territorium. Auch wenn man in diesen Punkten keinen direkten Handlungsbedarf sieht, wie es ergänzend heißt.
Nicht nur Luxemburg, sondern Europa insgesamt werde unter Handlungsdruck geraten, notiert die Expertengruppe. Dies zum einen mit Blick auf die Klimaschutzziele, dies aber auch mit Blick auf die wachsende Abhängigkeit von Energieträgern aus politisch und wirtschaftlich instabilen Staaten. Die Experten warnen in ihrem Weißbuch auch vor einem massiven Preissprung nach dem Ende der Wirtschaftskrise. Der aktuelle Preiseinbruch dürfe nicht darüber hinwegtäuschen, dass Öl knapp werde und dass man sich auf Preise bis zu 200 US-Dollar pro Barrel einstellen müsse.
Die besten Energiequellen sind in den Augen der Expertengruppe Energiesparen und eine rationellere Energienutzung. Vor allem im privaten Sektor und im Bereich Verkehr sehen sie noch enorme Potenziale. Im Industriesektor, zumindest in den Bereichen, die unter die CO2-Allokationsregeln fallen, sei dagegen kaum noch Spielraum.
Der Bereich Verkehr, der allein über die Hälfte der CO2-Emissionen ausmacht, sorgte erwartungsgemäß im gestrigen „Workshop“ für teilweise kontroverse Diskussionen. Dies nicht nur, was den Teilbereich Tanktourismus angeht, sondern auch was den Individualverkehr als solchen betrifft. Vor allem der von der Expertengruppe vorgeschlagene Einsatz von biogenen Treibstoffen wurde von einigen Teilnehmern abgelehnt.
Als geradezu unsinnig bezeichnete Jean Stoll von der Convis die Einspeisung von Biogas in das bestehende Erdgasnetz. Der Aufwand zur Veredelung (um den gleichen Heizwert zu erreichen, muss dem Biogas LPG beigemischt werden) vernichte rund 25 Prozent der Energie, rechnete er vor und forderte, Biogas doch in seiner reinen Form direkt in lokale Gasnetze einzuspeisen.
Es folgte eine Diskussion, die gestern sichtlich viele der Anwesenden überforderte, die in nächster Zeit aber mit Sicherheit noch des Öfteren für Streit sorgen wird. Denn dem Bereich Biogas, insbesondere was die Bioabfälle angeht, messen die Experten ein erhebliches Potenzial bei. Noch viele Möglichkeiten sieht die Expertengruppe auch im Bereich der Kraft-Wärme-Koppelung (KWK). Dies insbesondere für die Post-Kioto-Periode (ab dem Jahr 2013), wenn die CO2- Emissionen nach einem neuen Berechnungsschlüssel erhoben werden).
Der Anteil von Strom aus KWK könne realistisch von heute 11 Prozent auf etwa 35 Prozent des Bedarfs angehoben werden. Auch auf Basis fossiler Brennstoffe, ohne dass dies die Kioto-Bilanz verhageln würde, wie das unter dem aktuellen Regime noch der Fall ist.Die Experten werfen sogar die Frage auf, ob angesichts dieser veränderten Rahmenbedingungen nicht langfristig an eine zweite Anlage, ähnlich der Twinerg in Esch, zur nationalen Stromproduktion Sinn machen würde. Ein Thema, das in der gestrigen Runde (leider) nicht vertieft wurde.
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