Prozess wird in zweiter Instanz neu aufgerollt

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Vor der von Josiane Schroeder präsidierten zehnten Berufungskammer wurde gestern das Verfahren in der Hepatitis-C-Affäre, bei der im Frühling 1998 in nur fünf Wochen fünf Patienten mit dem gefährlichen Typus der Gelbsucht infiziert wurden, in zweiter Instanz neu eröffnet. Carlo Kass

LUXEMBURG – In erster Instanz, in der die Verhandlungen im vergangenen Frühling über einen Monat dauerten, waren vom Hauptangeklagten Ingo R., dem beschuldigten Narkosehelfer, über die Ärzte, die Chefetage und den Verwaltungsrat alle Beteiligten zu Haft- bzw. Geldstrafen verurteilt worden, was natürlich Fragen zur oft nach Ehre und sonstigen Verdiensten statt Sachverstand der Kandidaten vorgenommenen Verwaltungsratsbesetzung aufwirft. Ein bestens begründetes Urteil der damaligen Vorsitzenden Paule Mersch, das, wird es in zweiter Instanz nicht völlig über den Haufen geworfen, die Verantwortungsfrage in Prozessen wie dem des schon abgehandelten Zugunglücks von Zoufftgen, aber auch die noch ausstehenden Verhandlungen in Sachen Luxair-Absturz und Bombenlegeraffäre durchaus beeinflussen könnte. Zu Beginn der gestrigen Verhandlung kam es zu dem vom Verteidiger des Arztes und damaligen Verwaltungsratsvorsitzenden Raymond L. vorgetragenen Annulierungsversuch wegen Verfassungswidrigkeit. Bemängelt wurde wie übrigens bereits in der ersten Instanz, dass der Oberste Gerichtshof den Untersuchungsrichter angewiesen habe, die Ermittlungen auf die Direktion und den Verwaltungsrat auszudehnen, was erstens die Unabhängigkeit des Untersuchungsrichters und das Prinzip der Gleichheit vor dem Gesetz beeinträchtigt habe.

Rette sich wer kann!

Nach diesen formaljuristischen Plänkeleien, die von der Generalstaatsanwaltschaft mit dem vom Berufungsgericht angenommenen Hinweis abgewiesen wurden, diese Klage hätte bereits während der Ermittlungen eingereicht werden müssen – Ermittlungen, die längst abgeschlossen seien – war es dann am Beschuldigten Ingo R., der in erster Instanz zu zwei Jahren Haft, die Hälfte auf Bewährung, verurteilt worden war, seine Sicht der Dinge darzulegen. Er sei niemals von Drogen abhängig gewesen, sei nicht einmal Raucher und habe überhaupt kein Suchtpotenzial, wie ihm all seine Ärzte bestätigten. Da er selbst Opfer einer Ansteckung geworden sei, weil er nicht immer Handschuhe getragen habe, könne er zwar nicht alles abstreiten, könne aber den in erster Instanz zurückbehaltenen Übertragungsweg keinesfalls gelten lassen. Auch ähnliche Probleme bei seinen späteren Arbeitgebern in Deutschland führte er auf seinen Ruf zurück, der ihm nach der Geschichte mit der Hepatitis C überall hin folgte. Interessant war die gestrige Aussage eines der Narkoseärzte, der in der ominösen Affäre der Urintests, die zum belgischen Hersteller des inkriminierten Narkosemittels hätten geschickt werden sollen, um schließlich aber hier im Labor zu landen. Er behauptete nämlich, mit dem im Dossier vorhandenen Beweis in der Hand, dass ein Mitglied der Belegschaft, wenn auch mit einer Kodenummer anonymisiert, positiv getestet worden sei. Und komischerweise sei nach den ersten Tests beim Hersteller diese Methode gestoppt worden. Von wem, wisse er nicht, so der Arzt abschließend.

Interne Aufklärung …

Es war dann an Jean G., dem damaligen medizinischen Direktor und Mitglied des Vorstandes, seine Unschuld vorzutragen. Man habe alles getan, um diese Affäre aufzuklären, aber wenn möglich hausintern. Und das sei, zumindest in diesen Kreisen, noch immer schiefgelaufen. Der auf sechs Tage angesetzte Prozess wird am heutigen Dienstag fortgeführt.