Prozess um die „Novembermorde“: Kein Respekt vor den Richtern

Prozess um die „Novembermorde“: Kein Respekt vor den Richtern
 Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

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Im Prozess um die „Novembermorde“ hat der Hauptangeklagte L.K. am Freitag zum Tod einer Frau, deren Leiche im November 2016 am „Fräiheetsbam“ zwischen Strassen und Bridel gefunden worden war, ausgesagt. Nach wie vor bestreitet er, etwas mit dem Fall zu tun zu haben. Die Schuld gibt er dem Mitangeklagten A.S.

Von Carlo Kass

Im November 2016 waren ein 36-jähriger Drogendealer aus Nigeria sowie eine 27-jährige rumänische Prostituierte, deren DNA im Auto von L.K. gefunden wurde, ermordet worden. Die Tatwaffe: eine Walther-P99-Pistole, deren Abzug vom Rücksitz des besagten Wagens betätigt wurde.

Die vom Hauptangeklagten vorgetragenen Geschichten zum brutalen Mord am Drogendealer, dessen Leiche in einem Waldstück auf „Schléiwenhaff“ regelrecht deponiert wurde, waren schon abenteuerlich genug. Nun legte L.K. gestern zum Mord an der rumänischen Prostituierten am „Fräiheetsbam“ noch einen drauf.

 „Das ist wie eine Rote Ampel missachten“

Er behauptet nach wie vor, nichts mit diesem kaltblütigen Mord zu tun zu haben. Er habe A.S. seinen Wagen geliehen, obwohl dieser zum Tatzeitpunkt mit seinem Mobiltelefon auf der anderen Seite der Hauptstadt eingeloggt war. Deshalb wurde ihm im Vorfeld des Prozesses eine Verfahrenseinstellung von der Ratskammer zugesprochen.

Im Mittelpunkt standen erneut die 48 angemeldeten Waffen im Besitz von L.K. sowie die Frage, ob sie immer geladen waren, wie verschiedene Zeugen behaupteten, oder ob L.K. sie – wie angeblich zur Tatzeit – ungeladen in seinem Auto transportierte. „Und wenn schon, das ist wie eine Rote Ampel missachten“, meinte der Hauptangeklagte lediglich.

„Dräi Joer Prisong, dat ass hefteg!“

L.K. ärgerte sich gestern über den Psychiater, der ihn einen Psychopathen genannt haben soll. Dabei war in seinem Gutachten ausdrücklich von einer megalomanen Mythomanie die Rede, also einer Tendenz zum Größenwahn und zum Erzählen von Lügen. Dies passt zu den Aussagen des Vaters von L.K., der meinte, sein Sohn halte sich für Gott.

Warum er denn am Tag, an dem die rumänische Prostituierte erschossen wurde, dem angeblichen Mörder des Drogenhändlers seinen Wagen, in dem sich Waffen befanden, ausgeliehen habe, führte der Hauptangeklagte auf seine „altruistische Ader“ zurück, obwohl er an anderer Stelle behauptet hatte, nur sich selbst zu trauen. Zudem sagte er: „Madame Präsidentin, ech sëtzen elo schonn dräi Joer am Prisong, dat ass hefteg!“

Er habe mit der ermordeten Frau, die er „Flori“ nannte, nichts zu tun gehabt. Und wieder belastete er A.S. schwer. Dabei kam es zu einem Schlagabtausch zwischen L.K. und der Vorsitzenden, die in dem aggressiven Statement des Hauptangeklagten gipfelte: „Wann Dir all Schäiss gleeft, wat am Dossier steet, dann ass Iech net ze hëllefen.“ Mit einer solchen Aussage hatte er sich definitiv disqualifiziert.

Neben Nebenkläger

Ähnlich reagierte L.K. auf die präzisen Fragen des öffentlichen Anklägers. Dieser zerpflückte eine Aussage nach der anderen, darunter seine Behauptung, er habe die Waffe ins Auto gelegt, um sie zu verkaufen. Dabei war der Schalldämpfer nicht angemeldet und sie wurde auch niemandem angeboten. Zu einer SMS, die als Beweisstück verwendet wurde, um zu zeigen, dass der Mord geplant war, sagte der Hauptangeklagte lediglich, das sei „blöd gewesen“.

Der Vertreter der Staatsanwaltschaft sagte dann, dass laut Spuren und Indizien kein anderer als L.K. in beiden Fällen als Schütze infrage komme, was dieser stoisch über sich ergehen ließ. Zur Frage, wie er Täterwissen weitergeben konnte, was er in Anwesenheit seines Anwalts beim U-Richter implizit bestätigt hatte, meinte der Hauptangeklagte, er hätte das nie gesagt.

Zu erwähnen ist noch, dass sich kein einziger Nebenkläger gemeldet hatte, um in diesem Fall durchaus berechtigte Schadenersatzansprüche zu stellen, was den Status der beiden Opfer in unserer Gesellschaft unterstreicht.

Der Prozess wird am 19., am 20. und am 21. November fortgesetzt.