Pensionsfonds mischen mit

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Luxemburg Leaks bleibt weiterhin in den Schlagzeilen. Peinlich für unsere Nachbarländer und andere OECD-Mitgliedsländer ist: Selbst öffentliche Unternehmen profitieren von der Luxemburg-Connection.

Die belgische Telekom-Gesellschaft Belgacom, mehrheitlich in öffentlicher Hand, tat es. Aber auch Pensionsfonds und andere Versorgungswerke, mischten mit, wie etwa die Ärztekammer Westfalen Lippe und das Versorgungswerk der Zahnärztekammer. Oder aber kanadische und koreanische Pensionsfonds. Beide investierten in Immobilien und minimisierten über Steuerkonstrukte in Luxemburg ihre Steuerschulden. Alles Länder, die zur Organisation für Kooperation und wirtschaftliche Entwicklung (OECD), gehören, dem Verbund der industrialisierten Länder Europas, der gerne auf die vermeintlichen Sünden Luxemburg weist.

Der nationale Pensionsfonds Südkoreas etwa kaufte das Sony-Hochhaus in Berlin, schrieb die Süddeutsche Zeitung am Samstag. Er wickelte das Investment über Luxemburg und sparte so Millionen Euro an Steuern, so die Zeitung. Eine kanadische Pensionskasse, die das Beitragsgeld öffentlich Angestellter verwaltet, erwarb ihrerseits 69 Häuser mit 4.500 Mietwohnungen in Berlin. Ihre Identität hat die Pensionskasse über ein kompliziertes Unternehmensgeflecht, das in Luxemburg endet, verschleiert.

„Luxemburg – ein Standard-Konstrukt“

„Wenn Kanada sich Berliner Immobilien zulegen will – in diesem Fall 69 Häuser mit rund 4500 Wohnungen -, warum so verschachtelt, warum so anonym? Und warum mit einer Struktur, die offenbar darauf ausgerichtet ist, deutsche Steuern zu vermeiden? Die Antwort lautet, das zeigen etliche Beispiele aus den Luxemburg-Leaks: Weil all das unter den großen Immobilieninvestoren als üblich gilt. Luxemburg ist ein Standard-Konstrukt,“ so die Zeitung zum selben Thema auf ihrer Online-Seite am Sonntag.

„Staatliche oder staatsnahe Institutionen vermeiden Steuern in anderen Staaten, und alles ist ganz normal?“, fragt die Zeitung. Die Antwort überlässt sie einer Mieterin, die nun endlich weiß, wem ihre Monatsmiete tatsächlich zufließt, nicht einer Luxemburger Firma sondern einem großen kanadischen Pensionsfonds: „Für mich is dit ne echte Schweinerei“, sagt Frau Monika Raasch, „aber hier finden se immer mehr Luxemburger Firmen jetzt, und daran hat das Land Berlin ooch ne Mitschuld, sach ick mal.“

„Intérêts notionnels“ und andere Steuernischen

Mit dem Finger auf die Verantwortung der anderen EU-Regierungen in Sachen Steuerwettbewerb hatte am Freitag auch die französische „Libération“ hingewiesen. Die EU-Ländern schrecken vor der Steuerharmonisierung zurück, aus Angst ihren Vorteil zu verlieren, schreibt der Brüsseler Korrespondent der Zeitung Jean Quatremer, der auf Beispiele von steuerpolitischem Entgegenkommen der Staaten in Belgien und Frankreich hinweist. Belgien, eine Steuerhölle für die Beschäftigten, sei ein Steuerparadies für das Kapital und große Unternehmen, und das dank den sogenannten „intérêts notionnels“, steuerlich absetzbare fiktive Zinsen auf Eigenkapital. Die Journalist zitiert dabei eine Studie des Think tank Itinera aus dem Jahr 2012, der zufolge die Unternehmenssteuer in Belgien nicht bei 33,9 sondern bei 9,8 Prozent liegt.

Wie Großkonzerne in Belgien dank der fiktiven Zinsen Steuerzahlungen spart, hatte der Brüsseler „Soir“ im Januar 2013 am Beispiel ArcelorMittal geschildert. So hatte die konzerninterne Finanzbank AM Finance zwischen 2008 und 2011 5,8 Milliarden Euro Gewinn gemacht. Dank der „intérêts notionnels“ konnte sie jedoch den Großteil der Steuerschuld abschreiben. Besteuert worden war das Unternehmen in jenen Jahren mit durchschnittlich 1,4 Prozent.

Frankreich ist ein anderes Land, das die Bekämpfung der Steuerflucht groß schreibt, aber selber eifrig mitmischt, um Unternehmen steuerliche Geschenke zu überlassen. Den großen Firmengruppen, unter anderen auch Total, gelinge es dank unzähliger Nischen, die geschuldete Einkommenssteuer massiv zu reduzieren. Und Paris zögere nicht vor selektiven Operationen zurück, so Quatremer und verweist dabei auf die vor kurzem bekannt gewordene Affäre um die UEFA. Der Europäische Fussballverbund UEFA braucht keine Steuern auf die Gewinne der Europameisterschaft 2016 in Frankreich zu zahlen. Diese werden auf rund 900 Millionen Euro geschätzt.