Nigerianischer Drogenkrieg am Bahnhof

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Am Donnerstag wurde der Prozess gegen drei Männer aus Nigeria fortgesetzt, denen vorgeworfen wird, am 20. Juni 2014 in der „Nice Bar“ ihren Landsmann Peter I. mit zerbrochenen Flaschen und einem Messer schwer verletzt zu haben.

Gegen Christopher N. wurde auf versuchten Totschlag plädiert, während sich die beiden anderen wegen Mittäterschaft verantworten müssen. Subsidiarisch hielt der öffentliche Ankläger noch das Fälschen von Personalausweisen zurück. Und den Umstand, dass die in Italien an Bord eines EU-Dampfers gegangenen Afrikaner mit dort ausgestellten Papieren und einem nigerianischen Pass ganz legal unterwegs sind, was die Polizei in ihrer Arbeit behindert.

Eingangs der gestrigen Sitzung sagte das in Nigeria geborene Opfer Peter I. im Zeugenstand aus, dass es keinen festen Wohnsitz in Luxemburg hat und von der plötzlichen Aggression gegen seine Person überrascht wurde. Vor der Bar hielt einen der Aggressoren ihn fest und sah dann an die vierzig Leute, teilweise mit Flaschen bewaffnet, auf ihn zukommen.

Nachdem er die Polizei gerufen hatte, flohen einige von ihnen. Vier von ihnen folgten ihm aber in die Bar, von denen einer eine Flasche hatte.

„Schwarze Unschuldslämmer“

Von den drei weiter Aktiven war einer mit einem Messer bewaffnet und die beiden anderen brachen die Flaschen und erwischten Peter I. mit dem Ausruf „hold him!“ auf der ersten Stufe zum Obergeschoss.

Das Opfer war am Tag davor schon angegriffen worden und hatte Klage bei der Polizei geführt – kurz danach kam es zur Schlägerei. Innocent A. habe nur die Tür aufgebrochen. Francis O. habe ihn mit der Flasche an der Hand verletzt, während Christopher N. das Messer führte. Auf die Frage der Vertreterin der Staatsanwaltschaft, Nicole Marques, wer der Anführer war, kam man überein, dass die Angreifer im gegenseitigen Einverständnis handelten. Als die Angeklagten dann zum Schlusswort vor die Richter gebeten wurden, leugneten sie alles „en bloc“. Keiner war bewaffnet, alle wollten den Streit nur schlichten.

„Alles Unschuldslämmer, nur dass diese schwarz sind“, so ein ohnmächtig verärgerter Vorsitzender, der die drei Beschuldigten nach nur einer Minute aus dem Zeugenstand entließ und eine kurze Pause anordnete.

„In dubio pro reo“

Nach der Unterbrechung begannen die Verteidiger dann mit ihren Plädoyers. Me Roland Michel zeigte sich erstaunt, dass die vorprozessurale Ratskammer trotz dem Widerstand der Staatsanwaltschaft, die ein Strafgericht für angemessen hielt, die drei Angeklagten vor eine Kriminalkammer zitierte, was der Vorsitzende mit der Bemerkung abwies, dass er der falsche Adressat für dieses Erstaunen sei.

Trotzdem forderte der Anwalt im Respekt des juristischen Prinzips „in dubio pro reo“, also im Zweifel für den Angeklagten, den Freispruch für seinen Mandanten. Me Philippe Stroesser bewegte sich mit dem Argument der kollektiven Bewegung in einer Schlägerei vom versuchten Totschlag in Richtung einfacher Körperverletzung, doch auch er wies auf die unbestimmten Verantwortungen der vom Opfer beschuldigten Täter hin und bat um Freispruch.

Me Yves Altwies fand es seltsam, dass das Opfer erst am zweiten Prozesstag auftauchte und Prosper Klein es nicht darauf hinwies, es könne Nebenklage erheben. Dies wies der Vorsitzende mit berechtigtem Missmut als außerhalb seiner Kompetenzen zurück, was den Anwalt nicht davon abhielt, sowohl die Aussagen des Opfers wie auch der einzigen Augenzeugin als interessegeleitet zu bezweifeln. Und das mit Argumenten, die bei den Richtern ein diskretes Lächeln bewirkten. Auch er plädierte auf Freispruch.

Kollektive Verantwortung der Beschuldigten

Die Vertreterin der Anklage, Nicole Marques, sah das etwas anders und hielt erst mal den versuchten Totschlag zurück. Sie ging dann auf die kollektive Verantwortung der Beschuldigten bei der Schlägerei ein, die ein Vorspiel hatte, das auf einen Rachefeldzug hinweist, was sich strafrechtlich erschwerend auf die Fakten auswirken würde.

Laut dem Opfer wollte Christopher N. ihm mit dem Messer die Gurgel durchschneiden. Auch der Schlag von Francis O. mit der gebrochenen Flasche gegen den Hals des Opfers hatte tödliche Potenz. Außerdem hätten die drei Beschuldigten gemeinsam und vorsätzlich gehandelt.

Die öffentliche Anklägerin forderte wegen versuchten Totschlags für den Haupttäter Christopher N. und seine Mittäter Innocent A. sowie Francis O. jeweils 12 Jahre feste Haft. Zusätzlich wurden auf strafrechtlicher Ebene für Christopher N. und Innocent A. wegen Passfälschung jeweils zwei Jahre Haft gefordert.

Das Urteil wird am 29. April ergehen.