Morgens hin, abends zurück

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Verkäufer wollen überzeugt werden vom Produkt, dass sie an Mann, Frau und Familie bringen sollen. Zumal dann, wenn es sich um etwas Kostbares, um Urlaub handelt.

LuxairTours hatte Reisebürokaufleute zu einer Werbereise nach Tunesien eingeladen. Tageblatt.lu sammelte Eindrücke von einem Dienstflug nach Djerba: morgens hin, abends zurück.

Luxairtours ist ein typisches Unternehmen aus der Großregion mit Kunden aus Frankreich, Belgien, Deutschland und Luxemburg. In Deutschland kümmert sich die Reisefirma um das Saarland; aber auch um die Region Trier/Eifel. Kaufleute aus 40 Reisebüros aus Saarbrücken, Wittlich, Bitburg und anderen Orten sind an Bord. Die Deutschen, weiß Kunkel, sind nicht einfache Kunden. Als 2002 zum Beispiel der Anschlag auf die Synagoge in Djerba verübt wurde, riss das Geschäft mit ihnen schlagartig ab. Nicht anders geht es mit Frankreich zu. Aus 44 Reisebüros im Elsaß, in Lothringen und aus der Champagne kommen sie. Alberto Kunkel; Vizepräsident der Luxair und zuständig für LuxairTours: „Es vergeht derzeit kein Tag in Frankreich ohne eine negative Schlagzeile über Tunesien.“ Die Reisebüros in Luxemburg und in Belgien, die mit 37 und 21 Reisekaufleuten vertreten sind, scheinen da problemlos zu sein.

Warum aber Djerba? Die Verkaufsstatistiken der LuxairTours nach Tunesien weisen gegenüber Mai 2012 einen Rückgang von 30 Prozent auf. Djerba stellt 70 Prozent der Urlaubsverkäufe nach Tunesien dar. Bei allen negativen Nachrichten aus Tunesien gilt die Insel als ein Hort der Sicherheit, der nicht von sich reden macht.

Fast drei Stunden

Der Flug nach Djerba dauert 2:48 Stunden. Die Fluggesellschaft hat mit der Boeing 737-800 ihre neueste Maschine eingesetzt und damit auch gleich die Verführung der Reisekaufleute gestartet, wenn die sich überhaupt verführen lassen. Der Innenraum wirkt größer, weil die Gepäckfächer neu gestaltet wurden. Lichteffekte lassen in der Maschine einen richtigen Himmel erscheinen. In den vorderen Reihen ist der Sitzabstand leicht größer, was korpulenten Fluggästen entgegen kommt. Und: Das Frühstück und später das Abendessen werden auf Porzellan mit richtigem Besteck serviert. „Das“ versichert Kunkel, „ist immer so auf den Urlaubsflügen“. Auch die Urlaubsgäste in der Maschine, die 30 Minuten früher gestartet ist, würden so bedient. Der Einsatz der Boeing 737/800, die zukünftig auf dieser Strecke eingesetzt werden soll, ist nicht ganz unschuldig. Die Reisekaufleute sollen ihren Kunden erzählen können, wie Flug und Ankunft verlaufen.

Die eigentliche Show, die den ganzen Tag über andauern wird, beginnt mit der Landung. Die Feuerwehr tauft das Flugzeug; das zum ersten Male Djerba landet. Der Zoll, der nach US-Muster 18 Schalter quer durch die Ankunftshalle gebaut hat, der die Pässe prüft und ein Einreiseformular, das ebenfalls nach US-Muster im Flugzeug auszufüllen war, prüft, hat immerhin 14 Schalter geöffnet. Am Abend, bei der Ausreise, lernt man die Normalität. Da dauert es, bis jemand merkt, dass man möglicherweise doch mehr als eine Personenkontrolle öffnen könnte.

Luxair hat sich etwas einfallen lassen, um die Gäste auf tunesischem Boden zu begrüßen. Ein Spalier von Mitarbeitern in der gelben LuxairTours Farbe beklatscht jeden, der aus der Zollkontrolle kommt. Ein „Wesir“ verteilt Blumen an jeden Gast, Generaldirektoren von Hotels sind da, und auch die Vertreter der Tourismus Behörde. Hier wird hohe Diplomatie gemacht. Die Tunesier schätzen, dass der Vorstandsvorsitzende der Luxair, Adrian Ney, mit an Bord war, die Luxemburger schätzen das tunesische Empfangskomitee. Ney und Kunkel werden sich später zu Gesprächen zurückziehen.

Fast kein Regen

Djerba ist 514 Quadratkilometer groß. Auf der Insel regnet an 30 Tagen insgesamt im Jahr. Eigentlich ist die Insel Wüste. Und doch geht man großzügig mit Wasser um, das von Festland importiert wird. Früher, erzählen Tunesier, hat es an allen Ecken der Insel Polizisten gegeben. Seit der Revolution hat sich das geändert. Polizei gibt es noch, sie ist aber nicht mehr sichtbar. Die Insel hat zwei Gesichter. Vernachlässigt der eine Teil der Insel. Gepflegt der andere teil. Wie in einer Art Niemandsland führt die Fahrt vom Flughafen zu zwei Hotels, die besichtigt werden sollen. Rechts und links weht der Sand bis auf die Straße, neben der in regelmäßigen Abständen Müllhaufen mit Unmengen von Plastik zu sehen sind. „Wir haben eine moderne Müllverwertungsanlage“, erzählt der Führer. „Aber die Leute haben sie geschlossen. Jetzt bekommen wir das Problem nicht mehr in den Griff.“

Ganz anders ist die Situation hinter den Mauern der Hotels. Gepflegt, elegant, sauber die Anlagen, in denen trotz Wassermangels die Grünflächen berieselt werden. Aber auch im Spitzenhotel Radisson Blue werden die beiden Gesichter der Insel deutlich. Die Geländer am Strand sind angerostet, der Strand ist voll von Algen und Müll. Den Verkaufschef des Hotels lässt das kalt. Er verweist auf einen riesigen Pool und auf einen Innenpool.

Hotel macht Verlust

Nicht nur LuxairTours ist daran interessiert, mehr Touristen nach Djerba zu fliegen. Die Hoteliers teilen das Interesse. Das Radisson Blue braucht eine Auslastung von 60 Prozent, liegt derzeit bei 52 Prozent. Das Hotel macht Verlust. Das Zimmer, das man nicht anschauen darf, soll 150 Euro pro Nacht kosten. Auf Expedia im Internet wird es für 119 Euro angeboten. Der Mindestlohn für die Saisonkräfte liegt bei 200 Euro umgerechnet. Radisson muss mehr zahlen, um die besten Mitarbeiter zu bekommen. Mit 200 Euro könne man aber auf der Insel ohne Probleme leben, meint der Verkaufsdirektor, dessen Hotel sich nicht in dem Excellence Katalog von Luxairtours befindet.

Wie sehr die Hotels an den Gästen aus Europa interessiert sind, zeigt sich bei einem Seminar in einem riesigen Zelt. Um die 30 Hotels präsentieren sich den deutschen, französischen belgischen und luxemburgischen Reiseverkäufern, buhlen um deren Gunst.
Ganz anders als der kühle Luxus des Radisson Blue ist der Fiesta Beach Club. Ein Familienresort, das für LuxairTours der Star überhaupt ist. Im vergangenen Jahr wurden 4.000 Gäste hier untergebracht. Im Vergleich zum Radisson Blue ist der Strand gepflegt, das Familienhotel macht einen gediegenen Eindruck. „Wir haben, erzählt Alberto Kunkel, im Fiesta Beach Club und in drei weiteren Familienhotels „Luxi-Clubs“ eingerichtet. Wir haben dazu 30 junge Leute eingestellt, die sich um die Kinder kümmern. Und seitdem wir den Kinderservice anbieten, finden diese Hotels als Familienhotels starken Zuspruch“.

Buchungssteigerungen

Nettie Klein aus Petingen hatte am morgen noch als der Luxi Bär mit großen Augen die Gäste begrüßt, am Nachmittag kümmert sie sich zusammen mit Vanessa aus München um die Kinder. Vanessa übernimmt die deutsch-sprachigen Kinder. Masken Schminken steht am Nachmittag auf dem Programm. Und später laufen dann viele kleine Katzen durch den Club. Im laufenden Jahr geht Kunkel davon aus, den Rekord im Fiesta Beach Club zu übertreffen.

LuxairTours verzeichnet derzeit in Deutschland zweistellige Buchungssteigerungen. Im Monat Mai hatte das Unternehmen bereits 180.000 Reisen verkauft, deutlich mehr als 2012. „Griechenland ist die Überraschung“, sagt Kunkel. „Das Land wird wieder gebucht.“

Betreuung

Die Luxemburger Reisefirma hat insgesamt ihre Tätigkeit von der einfachen Vermittlung von Reisen bis in die gezielte Betreuung ausgeweitet. Das kostet allerdings. Ein Djerba Flug mit der Boeing 737 / 800 kostet 25.000 Euro. Bei einem Einstiegspreis in ein Familienrsort von 435 Euro pro Person und pro Woche bleiben weniger als 300 Euro für den Hotelier für eine Woche für einen All Inclusiv Gast. Berechnen muss man dabei auch die Provision für die Reisebüros, die je nach Umsatz zehn bis 15 Prozent Provision erhalten. „Djerba ist ein preiswerter Urlaubsort für Familien. Hinzu kommt, dass die Kinder hier betreut werden“, zieht eine Reisekauffrau aus der Eifel ein positives Résumé der Reise. Eine andere gibt dagegen offen zu, dass sie sich mit Tunesien nicht anfreunden kann.
Druckereien kommen ebenfalls um die Luxair Gruppe nicht mehr herum. Allein der Tour Operator lässt in diesem Kataloge in einem Auftragsvolumen von 1,5 Millionen Euro drucken.

Luxairtours hat im zweiten Jahr hintereinander den Einzugsbereich ausgeweitet. Der Champagne-Flughafen Vatry ist zu einem LuxairTours Flughafen geworden. Das Unternehmen wirbt in der Champagne um Reisegäste und hat in Reims eine Vertreterin eingestellt, die für die Luxemburger wirbt. „Wir haben in diesem Raum, der bis in den Pariser Bereich hinein wirkt, bisher in diesem Jahr 2.000 neue Kunden gewonnen. Darauf wollen wir nicht verzichten“, sagt Kunkel. Das Unternehmen hat überdies die Flughäfen in der Region geprüft. Metz-Nancy-Lorraine ist für Luxair nicht interessant. Aus Saarbrücken heraus kann weder eine Boeing 737/700 noch eine 737/800 voll beladen starten, weil die Landes- und Startbahn zu kurz ist. Beide Regionen dürfen sich daher keine Hoffnung machen.

Der Dienstflug endet um 22.38 Uhr in Luxemburg. Insgesamt hat der Werbeflug das Unternehmen 45.000 Euro gekostet. Und jetzt hofft LuxairTours, dass sich die Ausgaben gelohnt haben.