Morddrohungen aus dem Gefängnis

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Wohl selten hat ein Mensch eine derart kriminelle Vergangenheit wie Eugène M. Unzulänglichkeiten seitens unserer Justiz führten dazu, dass er trotz schwerwiegender Verbrechen immer wieder die Paragrafen umschiffte. Daran hat sich bis heute nichts geändert.

Romain Durlet
  
1986 wird M. zu 18 Jahren Zwangsarbeit verurteilt. Er hatte einen bekannten Luxemburger Professor, welcher am Max-Planck-Institut tätig war, mit einer Axt getötet. Bereits damals hatten die Experten erklärt, es handele sich bei dem Mörder um einen Mann von emotionaler Unfähigkeit, Gefühlshärte, Gefühlsarmut, eine verwahrloste Persönlichkeit ohne psychische Anomalien, reizbar und aggressiv, insbesondere in Belastungssituationen, da die Frustrationsschwelle niedrig angesiedelt sei. Eine Therapie würde kaum nennenswerte Erfolge bringen.

Und doch erklärt 12 Jahre später der SCAS: „A notre avis l’évolution de l’intéressé est excellente.“ Eine grobe Fehleinschätzung, die nicht ohne Folgen blieb. Schon 1991 kam M. nach Givenich; 1993 wurde ihm die Teilfreiheit gewährt und 1995 fällt er unter die Reglementierung der Freilassung auf Probe. Im Frühjahr 2000 vergewaltigt er A.: Der Prozess findet erst 2007 statt!

Ein illegales Urteil

Im Januar 2001 gesteht er eine weitere Vergewaltigung, zieht aber dann sein Geständnis zurück. Jahrelang kämpft die Frau um ihr Recht: 2004 gibt die Staatsanwaltschaft eine lakonische Antwort: „Je vous confirme que le dossier a été classé pour cause de doute.“ Weder ihr späterer Anwalt, Me Gaston Vogel, noch der Ombudsmann verstehen diese Reaktion. 2006 wird das Dossier wieder geöffnet, doch wird M. lediglich der vorsätzlichen Körperverletzung beschuldigt, nicht aber der Vergewaltigung.

Ebenfalls im Jahr 2001 fügt er W. freiwillig Schläge und Verletzungen zu, zerstört ihren Wagen und ihr Sofa. Beim Prozess schien das Gericht keine Kenntnis vom Strafregister von M. gehabt zu haben und gestand ihm Strafaufschub zu! Ein illegales Urteil („M. ne semble pas indigne de l’indulgence du Tribunal“), wogegen die Staatsanwaltschaft keine Berufung einlegte!

Hätte das Gericht seine Arbeit getan, so meint heute Me Vogel, sei Elodie noch am Leben: M. hatte 2004 die junge Frau mit einem Messer brutal getötet, ihren toten Leib in seiner Badewanne zersägt, die Leichenreste in Plastiktüten verpackt und im Leudelinger Wald versteckt!

Klage abgewiesen

Zwei Jahre später will er aus freien Stücken ein Geständnis ablegen, aber, so der Anwalt, eine Polizistin habe M. an die „Section de recherches“ verwiesen und erklärt, es sei sowieso schon nach fünf … Und am anderen Morgen habe man ihn warten lassen und ihm vorgeschlagen, zuerst ein Glas in der benachbarten Kneipe zu trinken, da die Beamten noch ein anderes Dossier abzuschließen hätten.

Es kam dann doch zur Verhaftung: Das Urteil war erwartungsgemäß eine lebenslängliche Zuchthausstrafe. Jetzt, im Gefängnis, schreibt er Briefe, welche Morddrohungen an die Adresse von Anwalt Vogel enthalten. Man scheint dies aber wieder nicht ernst zu nehmen, denn, so der Staatsanwalt, der nun zum Generalstaatsanwalt avanciert ist, es sei lächerlich, eine Klage diesbezüglich gegen M. zu erheben. „Dans ces conditions je laisserai votre plainte sans suites.“

Also: Es gibt keine strafrechtliche Verfolgung. Lediglich eine Anordnung von Seiten der Gefängnisverwaltung, eine disziplinarische Untersuchung vorzunehmen.

Frage: Wie ist es möglich, dass solche Briefe überhaupt an den Adressaten weitergeleitet werden? Gibt es keine Kontrolle?