Mittelstand – Stiefkind der Politik?

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Die Handwerker fühlen sich von der Politik verlassen. Dabei würden Maßnahmen zur Förderung des Mittelstands nicht viel kosten. Die Handwerksföderation hat Vorschläge ausgearbeitet, die sie mit den Parteien diskutieren will.

Die Finanzkrise macht sich in der Realökonomie der Handwerker vorläufig kaum bemerkbar. Man habe von einzelnen privaten oder gewerblichen Projekten gehört, die vorläufig auf Eis gelegt worden seien, so der Direktor der Handwerkerföderation, Romain Schmit, gestern. Dennoch sind auch die Tausenden Handwerksbetriebe nicht wunschlos glücklich. „Im Mittelstand läuft nicht alles, wie es soll“, so Föderationspräsident Norbert Geisen. Die Einführung des Einheitsstatuts bedeute mehr Bürokratie; der Wohnungspakt schaffe Probleme; Betriebe würden keinen Raum finden, wo sie sich niederlassen könnten. Eine Antwort auf die sie bedrückenden Fragen hat die Föderation in einem 32-seitigen Dokument mit dem Titel „Welche Zukunft für Handwerk und Mittelstand?“ formuliert.
Mittelstandspolitik koste fast nichts im Vergleich zu den Maßnahmen, die im Interesse des Finanzsektors getroffen wurden, sagte Schmit. Sie hätten vor allem einen politischen Preis. Es müssten Entscheidungen getroffen und umgesetzt werden. Doch derzeit habe man den Eindruck, immer wieder in die zweite Reihe gerückt zu werden. Die Adresse für seine Kritik lieferte Schmit gleich mit: „Wir brauchen ein stärkeres Mittelstandsministerium“. Es sei nunmal keine glückliche Lösung, wenn Landwirtschaft, Tourismus, Wohnungsbau und Mittelstand in der Hand eines Minister (Fernand Boden, CSV) liegen. Das Mittelstandsressort müsse personell und materiell besser ausgestattet werden. Der Minister sollte jährlich eine Erklärung zur Lage des Mittelstands abgeben.
Sorgen bereitet den Handwerkern die mangelnde Bereitschaft der Luxemburger, sich selbständig zu machen. Da sei es mit einer Kampagne wie „Trau dech“ nicht getan. Um die Konkurrenz von Staat und Gemeinden zu reduzieren, wünscht sich die Föderation weniger attraktive Berufslaufbahnen beim Staat.
An der Tripartite-Vereinbarung zum Index soll nicht gerüttelt werden. Schließlich sei die Einführung des Einheitsstatuts die Gegenleistung zur Indexmodulierung gewesen, so Schmit, der vor einer Rückkehr zum alten Indexsystem warnt. „Das wäre katastrophal für die Klein- und Mittelbetriebe.“ Gespräche über ein Anschlussszenario ab 2010 wünschen sich die Handwerker noch vor den Wahlen.
lmo 

DAS HANDWERK
o 4.544 Betriebe
o 68.800 Beschäftigte
o 40.000 neue Arbeitsplätze in den letzten zehn Jahren in Mittelstandsbetrieben
o 1.600 Personen suchen eine Lehrstelle
o 1.000 Lehrstellen sind unbesetzt. Eine Folge falscher Berufsorientierung, so die Handwerker.