/ Mehr Raum für Widerstand

Am kommenden Montag, 16. April, wird mit der Renovierung und dem Ausbau des nationalen Resistenzmuseums begonnen. In zweieinhalb Jahren sollen die Arbeiten abgeschlossen sein. Während dieser Zeit wird die Kollektion vorübergehend im Erdgeschoss des ehemaligen Friedensgerichts ausgestellt. Bei der „Nuit des vernissages“ am 4. Mai soll dieses „Übergangsmuseum“ erstmals geöffnet werden.
Um Schulklassen und die „Stammkundschaft“ nicht zu enttäuschen, hätten die Verantwortlichen des Museums beschlossen, während der Bauarbeiten nicht zu „verschwinden“, sondern vorübergehend in das benachbarte einstige Friedensgericht umzuziehen, erklärt Frank Schroeder, seit 2008 Direktor des „Musée national de la résistance“. Auch sein Team, das sich in den kommenden Wochen vergrößert, wird Büros im Friedensgericht beziehen. Zwei Historiker, ein Kommunikationsbeauftragter und eine Schreibkraft werden neu eingestellt.
Der Ausbau in der Alzettestraße wird die größte Veränderung darstellen. Das Haus Nummer 136 wird voraussichtlich nach dem Kollektivurlaub im September abgerissen, durch einen Neubau ersetzt und mit dem Hauptteil verbunden. Das Untergeschoss dieses Neubaus soll für Wechselausstellungen genutzt werden, im Erdgeschoss soll ein Kontext-Raum geschaffen werden, wo die Geschichte und der Staatsapparat der Nationalsozialisten erklärt werden.
Im ersten Stockwerk des Neubaus geht es einerseits um die Resistenz und andere Widerstandsbewegungen und andererseits um die Repression und insbesondere die Konzentrationslager. Die berühmt-berüchtigte „Hinzerter Barak“, die zurzeit in einem Depot der nationalen Denkmalschutzbehörde liegt, soll auch im Museum ausgestellt werden, sagt Schroeder. In den drei oberen Stockwerken des Ausbaus sollen vor allem Büros für die Mitarbeiter geschaffen werden, denn daran fehlt es zurzeit.
An dem Hauptgebäude an der place de la Résistance werden in den kommenden Jahren lediglich kosmetische Instandsetzungen vorgenommen. Der große Raum werde leer bleiben, damit dort Konferenzen und Konzerte organisiert werden können, erläutert der Direktor. Lediglich in den Seitenteilen würden Nischen geschaffen, in denen Biografien ausgestellt werden. Im ersten Stockwerk des Hauptgebäudes sollen neben der Dauerausstellung weitere Biografien zum Thema Menschenrechte gezeigt werden. Auf diese Weise könne auch ein aktueller Bezug hergestellt werden, so Schroeder.
Universelle Resistenz
Denn das Museum soll nicht ausschließlich den Zweiten Weltkrieg thematisieren. Resistenz sei ein Begriff, der auch heute noch aktuell ist. Millionen von Menschen auf der ganzen Welt seien damit konfrontiert, auch Menschen, die in Luxemburg leben: „Wir versuchen, die Geschichte vom Zweiten Weltkrieg in Luxemburg so zu vermitteln, dass sie eine gewisse Universalität beinhaltet. Ob nun jemand von der Gestapo oder während des Ceausescu-Regimes gefoltert wurde oder ob es heute in Syrien passiert, das Prinzip ist das gleiche. Es ist wichtig, dass unsere Botschaft auch für Menschen verständlich ist, deren Eltern den Zweiten Weltkrieg in Luxemburg nicht mitgemacht haben“, erklärt Schroeder das Konzept.
In den vergangenen Jahren sei es dem Resistenzmuseum gelungen, Kontakte zu mehreren Unis und Museen aufzubauen, die künftig zu Kooperationen führen sollen. Auch mit dem Zentrum für politische Bildung werde man enger zusammenarbeiten.
Für Esch 2022 haben die Koordinatoren ein Projekt mit dem Kuratoren Hans Ulrich Obrist und dem chinesischen Künstler und Dissidenten Ai Weiwei ausgearbeitet, das auch in Zusammenarbeit mit dem nationalen Resistenzmuseum organisiert werden soll. „Das wäre natürlich eine tolle Sache, weil Ai Weiwei einer der wenigen Künstler ist, der reell Resistenz gegen ein Regime leistet“, sagt Schroeder. Doch dieses „Tissage“ genannte Projekt sei erst in der Planungsphase.
Verwaltet wird das nationale Resistenzmuseum seit November 2017 nicht mehr alleine von der Gemeinde, sondern von einer Stiftung, in der neben dem Kulturministerium und der Stadt Esch auch die „Œuvre nationale de secours Grande-Duchesse Charlotte“ vertreten ist. Die Stiftung finanziert auch den Umbau des Museums, der mit neun Millionen Euro veranschlagt wurde.
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